Die chinesische Zentralbank hilft mit den Rettungskrediten vor allem auch den eigenen Banken. (Bild Shutterstock/humphery)
Laut einer Studie sind mittlerweile 60 Prozent aller chinesischen Auslandskredite von einem Zahlungsausfall bedroht. Um die Ausfälle zu verhindern, vergibt Peking Rettungskredite im Umfang von 240 Milliarden Dollar.
28.03.2023, 10:19 Uhr
Redaktion: sw
Immer mehr Schwellen- und Entwicklungsländer, die von China für den Bau von Infrastruktur im Rahmen der Neuen Seidenstrasse Kredite aufgenommen haben, können diese nicht mehr planmässig bedienen. In der Folge hat Peking die Vergabe von Rettungskrediten in den letzten Jahren drastisch ausgeweitet. Eine Analyse von Forscherinnen und Forschern von AidData, der Harvard Kennedy School, dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) und der Weltbank macht die Dimension nun erstmals öffentlich. Allein bis Ende 2021 zählen die Autoren 128 Rettungsdarlehen an 22 Schuldnerländer im Gesamtwert von 240 Milliarden US-Dollar. Ein Grossteil davon – 170 Milliarden US-Dollar – wird über Zentralbankkredite vergeben, die für internationale Organisationen und Ratingagenturen besonders schwer nachzuvollziehen sind.
Dabei handelt es sich zumeist um Refinanzierungskredite. Der Erlass von Schulden findet laut der Studie nur äusserst selten statt. Die reguläre Kreditvergabe für neue Infrastruktur- und Energieprojekte haben chinesische Banken als Folge der umfangreichen Rettungskredite drastisch reduziert, was laut Analyse Fragen zur Zukunft der Neuen Seidenstrasse aufwirft.
Zahlungsausfall von Schuldnerländern mit mittleren Einkommen verhindern
Den Autoren zufolge behandelt Peking Schuldnerländer mit Zahlungsschwierigkeiten sehr unterschiedlich. Länder mit mittlerem Einkommen stellen grosse Bilanzrisiken für die chinesischen Banken dar, weil auf sie 80 Prozent respektive mehr als 500 Milliarden US-Dollar der gesamten chinesischen Auslandskredite entfallen. Chinas Führung habe daher grosse Anreize, einen Zahlungsausfall dieser Länder auf jeden Fall zu verhindern. Sie bietet ihnen im Fall von Zahlungsschwierigkeiten in der Regel neue Kredite an, um damit die alten Schulden zu tilgen. Da viele dieser Länder eine schwache Bonität und geringe Devisenreserven haben, ist das Ausfallrisiko für die neuen Kredite also entsprechend hoch.
Auf Länder mit niedrigem Einkommen entfallen nur 20 Prozent der chinesischen Auslandskredite. Diese Kredite sind für die Stabilität des chinesischen Bankensektors daher weniger wichtig. Niedrigeinkommensländer erhalten deswegen selten neue Gelder. Bei Zahlungsschwierigkeiten steht ihnen in der Regel nur die Option eines Staatsbankrotts oder einer Umschuldung, etwa durch eine Streckung der Fälligkeiten, zur Verfügung.
Parallelen zu Rettungskrediten an Griechenland
«Chinesische Banken haben ein Interesse daran sicherzustellen, dass ihre grössten ausländischen Kreditnehmer ausreichend liquide sind, um die ausstehenden Schulden für Infrastrukturprojekte der Neuen Seidenstrasse weiter zu bedienen. Peking versucht letztlich, seine eigenen Banken zu retten. Deshalb hat es sich auf das riskante Geschäft der internationalen Rettungskredite eingelassen», sagt Carmen Reinhart, ehemalige Chefvolkswirtin der Weltbank und Mitautorin der Studie. «Aber wenn man einen Schuldner retten will, der in Verzug ist oder kurz davor steht, muss man sich im Klaren darüber sein, ob man versucht, ein kurzfristiges Liquiditätsproblem oder ein langfristiges Solvenzproblem zu lösen.»
Die Autoren der Studie sehen Parallelen zu den europäischen Rettungskrediten an Griechenland und andere südeuropäische Länder während der Eurozonenkrise. Auch damals spielte die Rettung von einheimischen Banken eine wesentliche Rolle bei der Vergabe von Rettungskrediten.
Rettungskredite an 22 Länder
Bislang hat China Rettungskredite an 22 Länder vergeben, darunter Ägypten, Argentinien, Ecuador, Laos, die Mongolei, Pakistan, Surinam, Sri Lanka, die Türkei, die Ukraine, Venezuela und Weissrussland. Dabei liegt der durchschnittliche Kreditzins mit 5 Prozent sehr hoch. Ein typischer Rettungskredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird mit nur 2 Prozent verzinst.
«Dank unserer Daten können wir Chinas wachsenden Einfluss auf die internationale Finanzordnung verstehen. Bisher war nicht bekannt, dass China ein System zur Rettung von Krisenstaaten aufgebaut hat, geschweige denn das grosse Ausmass und die Empfänger der Rettungskredite», heisst es dazu. Laut offiziellen Zahlen sind Länder wie Kambodscha, Äthiopien und Laos inzwischen mit mehr als 15 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts bei China verschuldet.
«Chinas entschlossenes Handeln in Finanzkrisen des globalen Südens könnte ein Vorbote eines neuen, fragmentierten globalen Finanzsystems sein, in dem Rettungspakete nicht mehr allein aus Washington vergeben werden. Ehemalige Schwellenländer wie China oder Indien, die früher vom Westen abhängig waren und Notkredite erhielten, werden heute immer häufiger selbst zu aktiven Gläubigern.»
Die Studie «China as an International Lender of Last Resort» wurde von Sebastian Horn (Weltbank), Brad Parks (AidData, William & Mary University), Carmen Reinhart (Harvard Kennedy School, ehemalige Chefvolkswirtin der Weltbank) und Christoph Trebesch (Kiel Institut für Weltwirtschaft) verfasst. Für den zugrundeliegenden Datensatz zu Rettungskrediten, der frei zugänglich ist, haben die Autoren unter anderem systematisch die Bilanzen von Zentralbanken ausgewertet.
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