Innovation in der Krebsforschung eröffnet Anlagechancen
Eine hohe Anzahl von Arzneimittelkandidaten könnten schon in naher Zukunft die Behandlungsstandard verbessern. (Bild: Shutterstock.com/angellodeco)
Die Krebssterblichkeit geht zurück. Grund dafür sind Fortschritte auf breiter Basis, bei der Behandlung und der Diagnostik ebenso wie bei der Prävention. Die vielen neuen Diagnose- und Therapieverfahren machen Mut, erklärt Rudi Van den Eynde, Head of Thematic Global Equity des US-Vermögensverwalters Candriam. Auf einige der Methoden geht er gezielt ein.
09.02.2023, 15:38 Uhr
Redaktion: hf
Ausgehend von der Chemotherapie, die sowohl gesunde als auch Krebszellen unspezifisch abtötet, hat sich die Onkologie hin zu gezielten Therapien entwickelt. Sie zielen heute darauf ab, die Krebszellen zu erreichen und gleichzeitig die gesunden Zellen zu schonen, wodurch die Erfolgsquote sich erhöht und die Nebenwirkungen minimiert werden. Im Laufe der Jahre sind viele zielgerichtete Therapeutika in das Behandlungsspektrum der Krebsbehandlung aufgenommen worden.
Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI), molekularer Modellierung und weiterer Instrumente soll die Arzneimittelentwicklung beschleunigen und dafür sorgen, dass neue Medikamente schneller auf den Markt kommen. Präzisionsonkologie und fokussierte transnationale Forschung können dazu beitragen, bessere Wirkstoffe zu entwickeln sowie so Leben zu retten und zu verlängern, betont Rudi Van den Eynde.
Präzisionsonkologie ist die Zukunft
Angesichts der ständig wachsenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Funktion von Krebszellen gibt es eine enorme Anzahl von Arzneimittelkandidaten, die möglicherweise in naher Zukunft die Behandlungsstandards verbessern. Die Anzahl klinischer Studien im Bereich Onkologie hat sich in den letzten zehn Jahren schätzungsweise verdoppelt. "Die Fortschritte bei den klinischen Studien führen dazu, dass jedes Jahr Dutzende von neuen Behandlungen zugelassen werden. Auf diese Weise verfügen wir im Kampf gegen den Krebs bereits über viele wirksame Medikamente, die den Patienten eindeutig mehr Nutzen bringen", hält Van den Eynde fest.
Beispielsweise beim Multiplen Myelom, der zweithäufigsten hämatologischen Krebserkrankung nach dem Lymphom, habe die Entwicklung von Arzneimitteln zu bedeutenden klinischen Ergebnissen geführt. Jahrzehntelang gab es zur Behandlung nur die Chemotherapie. Zur Jahrhundertwende waren bereits drei moderne Medikamente zugelassen. Derzeit sind 15 Therapien verfügbar, 12 davon wurden allein in den letzten 10 Jahren eingeführt.
Die neuen Behandlungen, die nacheinander oder in Kombination eingesetzt werden, führten zu einer höheren Überlebensrate, sagt der Candriam-Manager: Die durchschnittliche Fünfjahres-Überlebensrate habe sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt und liegt jetzt bei über 60%. Man gehe davon aus, dass die Patienten ca. drei Lebensjahre im Vergleich zu vor zehn Jahren gewonnen haben.
Mehr als 30 neue Medikamente gegen Lungenkrebs
Gegen Lungenkrebs wurden im letzten Jahrzehnt mehr als 30 neue Medikamente auf den Markt gebracht. Bei diesen Medikamenten handelt es sich meist um gezielte Therapien für eine ganze Reihe von Krebsarten oder um Mittel, die das Immunsystem anregen, Krebszellen besser zu erkennen und abzutöten. In den letzten drei Jahren war die nichtselektive Chemotherapie die am schnellsten schrumpfende Behandlungsoption. Sie wurde durch zielgerichtete Therapien und Kombinationen von Immuntherapien ersetzt, was zu einer höheren Überlebensrate führte. In Zukunft erwarten wir diesen positiven Trend auch bei anderen Krebsarten.
Dies sind nur zwei Beispiele unter vielen, fügt Van den Eynde an: +In den vergangenen zwei Jahrzehnten konnte die Onkologie immer mehr Erfolge verzeichnen."
Innovation stellt Weichen in der Arzneimittelforschung
Die folgende Darstellung veranschaulicht verschiedene wesentliche Aspekte der Arzneimittelentwicklung, etwa, mit welcher Präzision die Zielstrukturen erreicht werden, die molekulare Selektivität und neue Technologien. Nach Meinung des US-Vermögensverwalters umfasst die nächste Welle der Therapeutika folgende Elemente:
Proteinabbauer, deren Ziel es ist, den vollständigen Abbau onkogener Proteine (Proteine, die Krebs verursachen können) auszulösen,
synthetische Letalität, ein interessantes Therapiekonzept, in dem zwei oder mehr Proteine zusammenwirken, um die Onkogenese (Entwicklung bösartiger Tumoren) voranzutreiben,
Chemoimmunkonjugate (ADC)4 und
Niedermolekulare Inhibitoren. Chemoimmunkonjugate (ADC) sind in der Entwicklung weit fortgeschritten, mit derzeit 13 von der US-Nahrungs- und Arzneimittelbehörde (FDA) zugelassenen Medikamenten, darunter einige Blockbuster, die 2021 mehr als 4 Mrd. US-Dollar Umsatz erzielten und Gegenstand von 17 Business Development Deals waren
Im Jahr 2022 wurden 100 ADC in klinischen Studien mit 51 Zielstrukturen erprobt. Ein Erfolgsbeispiel ist Enhertu von Daiichi-Sankyo, eine bahnbrechende Therapie, welche bestätigt, dass der Ansatz des Unternehmens funktioniert. Die Umwandlung des Medikaments Herceptin in ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat hat zu einer noch nie dagewesenen Aktivität bei verschiedenen Krebsarten geführt. In klinischen Studien sind bei fast 90% der behandelten Patienten die Tumore geschrumpft
Der Wirkstoff wurde bereits für Brust-, Magen- und Lungenkrebs zugelassen und erzielte 2021, knapp ein Jahr nach der Erstzulassung, weltweit einen Umsatz von 426 Mio. US-Dollar
In der gesamten Branche ist ein deutlicher Zuwachs mit neuen Zielen zu erwarten.
Dynamisches Marktsegment
Laut Van den Eynde macht die Notwendigkeit, neue Medikamente zu entdecken, zu finanzieren und zu entwickeln, den Gesundheitssektor zu einem äusserst widerstandsfähigen Sektor in einem wechselnden makroökonomischen Umfeld. Hohe Medikamentenpreise, ansehnliche Margen und grosse klinische Märkte begünstigten die Branche ebenfalls. "Die biotechnologische Revolution und die Erfolge der grossen Pharmaunternehmen werden sich fortsetzen und könnten im nächsten Jahrzehnt eine bedeutende Rolle spielen. In den letzten Jahrzehnten wurden in der Onkologie bereits bemerkenswerte Fortschritte erzielt", sagt er.
Dennoch stünden wir erst am Anfang dieser Ära. Krebs ist ein schwieriger, komplexer Feind, der viele Unterarten und die unterschiedlichsten histologischen Ergebnisse umfasst. Auch auf Therapien reagiert die Krankheit ständig anders. Heutzutage setzen Ärzte eine Vielzahl von Behandlungen ein, von der Chemotherapie bis hin zu zahlreichen, immer ausgefeilteren und hochwirksamen zielgerichteten Therapieoptionen.
Vielzahl von Medikamenten sind notwendig
Angesichts der ständig wachsenden wissenschaftlichen Erkenntnisse macht der Aktienexperte "eine enorme Anzahl" von Arzneimittelkandidaten aus die in naher Zukunft die derzeitigen Behandlungsstandards verbessern könnten. 2021 wurden 30 neuartige onkologische Substanzen (NAS) eingeführt. In den letzten zehn Jahren waren es insgesamt 159.
Da es sich bei Krebs um eine sehr heterogene und sich ständig weiterentwickelnde Krankheit handelt, ist eine Vielzahl von Medikamenten nötig, die in Kombinationen und in aufeinander folgenden Behandlungen eingesetzt werden, um den Patienten zu einem besseren und längeren Leben zu verhelfen.
Vielversprechende Unternehmen und Wirkstoffe finden
Auf die Aktienstrategie angesprochen, antwortet Van den Eynde, man wolle in Unternehmen investieren, die an Medikamenten der nächsten Generation arbeiten und damit Leben retten und verlängern können. Die Erfahrung von Candriam in der Biotechnologie und dem Finanzwesen helfe, erfolgversprechende Lösungen zu erkennen.
Da es sich bei Krebs um eine sehr heterogene und sich entwickelnde Krankheit handelt, müssen mehrere Therapeutika in Kombination und in aufeinanderfolgenden Behandlungen eingesetzt werden, um die klinischen Ergebnisse zu verbessern. "Der Markt für Krebsmedikamente ist weit davon entfernt, dass es nur einen Gewinner gibt, und er wird immer Platz für erfolgreiche Teilnehmer haben", so der Anlagespezialist. Man beobachte genau, was in der Entwicklung von Krebsbehandlungen vorgeht, und versuche, in die Unternehmen zu investieren, die mit höherer Wahrscheinlichkeit erfolgreiche Arzneimittel entwickeln.
Wachsen auch in schwierigem Wirtschaftsumfeld
Aktien aus dem Gesundheitswesen haben sich im Vergleich zum allgemeinen Markt im derzeitigen makroökonomischen und geopolitischen Umfeld relativ gut gehalten. Der Sektor ist zwar nicht immun gegen Inflation, hohe Zinsen und/oder Konjunkturabschwächung, aber er wurde weniger stark beeinträchtigt als viele andere.
Einerseits besteht die Notwendigkeit, neue Arzneimittel zu entdecken, zu finanzieren und zu entwickeln, andererseits zeichnet sich der Sektor durch hohe Medikamentenpreise, ansehnliche Margen und grosse klinische Märkte aus. "Inflation und Produktionskosten sind zwar ein Thema", gibt Van den Eynde zu. Aber die Herstellungskosten seien in der Regel nicht ausschlaggebend für die Preisgestaltung. Die Notwendigkeit, frühere Forschungs- und Entwicklungskosten wieder hereinzuholen, sei ein viel grösserer Faktor.
Anlege bevorzugten möglicherweise grosse Konzerne mit soliden Geschäfts- und Vertriebsstrukturen. "Es gibt jedoch auch junge Unternehmen, die sehr rentable Deals mit etablierten Konzernen abgeschlossen haben", äussert sich der der Candriam-Mann. "Unseres Erachtens ist dieser Trend wesentlich, um die Arzneimittelforschung zu fördern, die Nachfrage nach neuen Vermögenswerten zu steigern, sowie Fusionen und Akquisitionen bzw. die Konsolidierung der Firmen zu unterstützen", hält er abschliessend fest.
Private Equity Bewertungen trotzen der Volatilität von 2022
07.06.2023, 09:41 Uhr
Jedes Quartal analysiert Neuberger Berman die Bewertungsdaten von über 400 aktiv gemanagten Private-Equity-Fonds. «Weil sich die Bewertungen von Buyout-Fonds fünf Quartale in Folge kaum verändert haben, waren sie...
Seit jeher werden Immobilien als Wertaufbewahrungsmittel genutzt. Aussagen wie «Wohnen muss man immer» zeigen, dass sie auch als Investment interessant sind. Doch was zeichnet diese Anlageklasse aus und worauf muss...
«Das Risiko eines kurzfristigen Zahlungsausfalls der USA besteht weiterhin – mit weitreichenden Folgen», schreibt Matthew Benkendorf, CIO, Vontobel Quality Growth Boutique. So oder so sei die Entwicklung bei den...
Goldpreis: Die Treiber könnten nicht von Dauer sein
01.06.2023, 10:37 Uhr
Abgesehen von den jüngsten Problemen im US-Bankensektor und dem US-Schuldenstreit könnten Inflation, Geopolitik und Wertverluste von Kryptowährungen erklären, warum sich Gold so gut gehalten hat. Diese Faktoren...
Fidelity: Bioakustik-Studie zeigt neue Wege zur Messung der Artenvielfalt
31.05.2023, 17:34 Uhr
«Für Unternehmen wird es immer wichtiger, über Biodiversitätsziele und -erfolge zu berichten. Eine der grössten Hürden dabei ist der Mangel an verlässlichen Daten, die in Echtzeit Aufschluss darüber geben, wie...
«Die Abschreibung der Credit-Suisse-Anleihen bedeutet nicht das Ende dieses Marktes. Dieser steht aber mit den Neuemissionen vor einem wichtigen Test», schreiben die beiden Kreditanalysten Rob Thomas und Bineesha...
So sollten sich Anleihe-Anleger jetzt positionieren
31.05.2023, 07:20 Uhr
«Während sich die Anleger zu Jahresbeginn noch fragten, ob die Massnahmen der grossen Notenbanken auch die gewünschte Wirkung entfalten, kamen durch die Bankenkrise Zweifel an der Fortsetzung der restriktiven...
«Den Tanz um den Schuldentopf scheinen die Märkte schon so oft gesehen zu haben, dass dieser als ein Ritual in Washington angesehen wird», kommentiert Volker Schmidt, Senior Portfolio Manager bei ETHENEA...
Die Edmond de Rothschild Gruppe eröffnete bereits Mitte des 19. Jahrhunderts ihr erstes Krankenhaus in Paris. Sie war Vorreiterin, als sie 1985 einen speziell auf das Thema Gesundheit ausgerichteten Aktienfonds...
Die traditionelle Diversifizierung von Anlageklassen stösst an ihre Grenzen. Asbjørn Trolle Hansen von Nordea Asset Management rät deshalb zu einem verstärkten Fokus auf alternative Risikoprämien.