"To ESG or not to ESG"? Die Beweislast nimmt zu

Die Wirksamkeit von nachhaltigen Anlagen beurteilen Investorinnen und Investoren kritischer als früher. (Bild: Shutterstock.com/mika creative)
Die Wirksamkeit von nachhaltigen Anlagen beurteilen Investorinnen und Investoren kritischer als früher. (Bild: Shutterstock.com/mika creative)

Sustainable Investing wird immer wieder hinterfragt – sei es in Bezug auf den Anlageerfolg oder auf die bewirkten Veränderungen beziehungsweise deren Ausbleiben. Diese Kriterien sollten jedoch auf den gesamten Markt und nicht nur auf ESG-Investments angewandt werden, meint Masja Zandbergen von Robeco.

19.12.2022, 17:00 Uhr

Redaktion: alm

Asset Manager aus dem Bereich Sustainable Investing sind kritische Fragen gewohnt. Die Beweislast, ob ESG funktioniert, wächst. Doch dieser Trend führe dazu, dass sich die Spreu vom Weizen trenne, ist Masja Zandbergen, Head of Sustainability Integration bei Robeco, überzeugt.

Die Antworten auf diese scheinbar einfachen Fragen seien komplizierter, als die meisten erwarten. Glücklicherweise nähmen das Wissen und die Fachkenntnisse über die verschiedenen Methoden und Instrumente zur Umsetzung von Nachhaltigkeit stetig zu.

"Viele Kunden wissen mittlerweile sehr gut, welche Möglichkeiten sie haben, sei es negatives Screening, ESG-Integration, Netto-Null-Portfolios oder eine Ausrichtung an die UN-Nachhaltigkeitsziele. Sie verstehen ausserdem, wie sich ein ESG-Ansatz auf ihren erwarteten risikoadjustierten Ertrag auswirkt oder sie haben dies von ihren Asset Managern berechnen lassen", so Zandbergen.

Verbesserte Offenlegung

Allerdings genüge es mittlerweile nicht mehr, diese Fragen zu verstehen und beantworten zu können. Die Beweislast für nachhaltige Investoren steige rapide an. "Das ist ziemlich ärgerlich, da viele Investitionen erforderlich sind, um die Transparenz zu erhöhen, insbesondere um die Anforderungen der EU-Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzierungen, die Sustainable Finance Discolosure Regulation (SFDR) zu erfüllen", erklärt sie.

Um dies zu erreichen, müssten Nachhaltigkeits-, Ausschluss- und Stewardship-Richtlinien verbessert werden. Dazu zählen auch Dokumente mit detaillierten Angaben zum Nachhaltigkeitsansatz, die regemlässig aktualisiert und gepflegt werden müssen. "Und ich habe noch nicht einmal begonnen, all die lokalen Gütesiegel zu erwähnen, die wir auf Wunsch unserer Kunden ausweisen sollen, die alle ihre eigenen Anforderungen haben. Das gleiche gilt für die Netto-Null-Zielsetzung", sagt Zandbergen.

Verstärkte Ergebnisorientierung

Es erfordere einige Anstrengungen, um einen Netto-Null-Fahrplan zu erarbeiten und sicherzustellen, dass die Messungen auf hochwertigen Daten basieren, um den jährlichen Fortschritt dokumentieren zu können. Der Fokus verlagere sich immer mehr auf Ergebnisse. Das zeige sich auch in der Entwicklung derPrinciples for Responsible Investment (PRI).

Ebenso müssten mit Blick auf die PAI-Indikatoren der SFDR nicht nur die Treibhausgasemissionen und den Prozentanteil fossiler Brennstoffe in einem Portfolio veröffentlicht werden, sondern auch Angaben zum Gender Pay Gap und zur Relation weiblicher zu männlichen Board-Mitgliedern machen.

Über gewisse Vorschrift lässt sich streiten

Man könne sich fragen, wie die Kunden diese Informationen interpretieren und vergleichen sollen, und auch die Datenqualität sei fraglich. "Aber das bringt das nachhaltige Investieren wirklich auf die nächste Stufe, da wir zeigen müssen, wie unsere Anlageportfolios in Bezug auf die wichtigsten Kennzahlen aussehen", ist Zandbergen überzeugt.

Sie beobachtet, dass sich bei diesen Entwicklungen die Spreu vom Weizen allmählich trenne. Dazu komme es, weil mitunter Manager nicht die Überzeugung teilen, dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten tatsächlich zu fundierteren Entscheidungen, niedrigerem Risiko oder besseren Ergebnissen in der Welt führe.

Politische Einflussfaktoren

Bisweilen werde die Entwicklung auch stark von politischen Faktoren beeinflusst, wie das derzeit in den USA zu beobachten sei. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Einhaltung von Nachhaltigkeitsversprechen und der Notwendigkeit, den Kunden klar erklären zu können, was Sustainable Investing ist, änderten einige Marktteilnehmer ihr Verhalten entweder positiv oder sie ziehen sich wieder von SI zurück.

Ein Beispiel für eine Verhaltensänderung sei, dass einige US-Asset Manager, welche die für ihren Anti-ESG-Lobbyismus bekannte State Financials Officers Foundation unterstützt haben, ihre Mitgliedschaft dort nicht verlängert haben. Andererseits habe der Austritt von Vangaurd aus der Net Zero Asset Managers Initiative gezeigt, dass gewisse Marktteilnehmer sich auch zurückziehe. Das Unternehmen behauptete, dass das gemeinsame Engagement des Bündnisses für den Kampf gegen den Klimawandel "zu Verwirrung über die Ansichten der einzelnen Investmentfirmen" geführt habe.

Einfache Schritte wurden unternommen

ESG oder nicht ESG – das ist aktuell die grosse Frage, so Zandbergen: "Die einfachen Schritte sind bereits getan. Nun führt ein verstärkter Fokus auf Greenwashing und reale Ergebnisse sowie eine zunehmende Belastung durch die Berichterstattung dazu, dass die Asset Manager ihre Positionen überdenken. Bei Robeco bleiben wir unserem Ansatz in Bezug auf ESG, Stewardship und nachhaltigen Investitionen treu. Wir verfolgen eine langfristige Perspektive."

Sie würde es begrüssen, wenn die Beweislast auf den gesamten Markt ausgeweitet würde. Ein gutes Beispiel sei der VICE-Investmentfonds. Als Gegenstück zum nachhaltigen Investieren handelt es sich ebenfalls um eine wertebasierte Anlagestrategie. Gemäss den Performance-Zahlen auf der Website des Fonds könnten ähnlich kritische Fragen gestellt werden.

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