Ein Blick auf die Schlüsselindikatoren Japans zeigt die Schwäche in Bezug auf Bevölkerung, Gesundheitsversorgung und Vermögensverteilung.
Bei der Bewältigung globaler ökologischer und sozialer Herausforderungen spielen Staaten und Regierungen eine zentrale Rolle. Deshalb sind Nachhaltigkeitskriterien auch bei Investitionsentscheidungen in Staatsobligationen elementar, meinen die Experten von Degroof Petercam.
04.06.2019, 16:13 Uhr
Redaktion: rem
Der Klimawandel, aber auch die Verknappung der natürlichen Ressourcen, der Anstieg der Staatsverschuldung und die demographische Entwicklung sind Probleme, die sich immer mehr zuspitzen und grosse Herausforderungen für die globalisierte Wirtschaft darstellen. Um diese langfristig in den Griff zu bekommen, müssten Regierungen von Staaten weltweit stärker in die Pflicht genommen werden, fordern die Experten von Degroof Petercam Asset Management (DPAM), denn auch unter sozialen und gesellschaftlichen Aspekten spielen Staaten als wichtige Akteure eine Schlüsselrolle.
"Investoren können und müssen dazu beitragen, weltweit eine nachhaltige Staatsführung in der Breite zu fördern", sagt Ophélie Mortier, Head of Responsible Investments bei DPAM. Die voranschreitende ESG-Regulierung unterstreiche die treuhänderische Pflicht von Investoren, ökologische, soziale und Governance-Faktoren in die Anlageprozesse und das Risikomanagement zu integrieren. Wie wichtig dies sei, zeige ein Blick in die Portfolios von Pensionsfonds in Europa, wo Staatsobligationen immerhin ein Gewicht von 30 Prozent haben.
ESG-Orientierung senkt Risiken bei Obligationen
Mortier weist darauf hin, dass durch die Eurokrise viele Länder ihren Status als risikofreie Anlagen verloren haben. Eine ausufernde öffentliche Verschuldung und unsolide Haushaltsführung zeugten nicht von guter, nachhaltiger Staatsführung. Schon damals habe sich gezeigt, wie wichtig es ist, ESG-Kriterien bei Investitionen in Staatsobligationen zu berücksichtigen. Denn Staatspapiere nachhaltiger Länder würden sich in Krisenzeiten grundsätzlich widerstandsfähiger zeigen. Zum Beispiel habe sich Skandinavien, dessen Regierungen soziale und ökologische Qualität unterstützen, während der Eurokrise deutlich besser behauptet als Südeuropa.
"Staatsführung, also die Governance von Ländern, bezieht sich auf die Qualität, Stabilität und Vorhersehbarkeit der umgesetzten Politik. Das ermöglicht den staatlichen Institutionen, sich im Hinblick auf endogene und exogene Ereignisse widerstandsfähiger zu verhalten - im Gegensatz zu nicht-nachhaltigen Faktoren wie Korruption, Unfreiheit und Bürokratie, die insbesondere auch ausländischen Investoren schaden können. Forschungsergebnisse belegen zudem den Zusammenhang zwischen der Qualität der Regierungsinstitutionen eines Landes und seinem Schuldenausfallrisiko", erklärt Mortier. Sie betont zudem, dass sich die Meinung über wichtige Risikoparameter in den letzten zehn Jahren verschoben hat und Klimarisiken heute ganz oben auf der Prioritätenskala stehen. Deshalb würde eine bessere Nachhaltigkeitspositionierung südeuropäische Länder im heutigen Kontext wieder risikoärmer dastehen lassen.
ESG-Analyse offenbart Defizite in Japan und Brasilien
Wie wichtig es ist, Staaten anhand ihrer Nachhaltigkeit unter die Lupe zu nehmen, lässt sich aus der Sicht von Degroof Petercam im aktuellen Fall an den Beispielen des OECD-Staates Japan sowie des Schwellenlandes Brasilien darstellen. In den letzten 10 Jahren konnte Japan die untere Hälfte der Nachhaltigkeits-Rangliste der OECD-Mitgliedstaaten nicht verlassen. Ein Blick auf die Schlüsselindikatoren für das Land zeigt die Schwäche in Bezug auf Bevölkerung, Gesundheitsversorgung und Vermögensverteilung. Vor allem mit Blick auf die Umwelt sind die Ergebnisse enttäuschend. Als ressourcenarmes Land stellt Energie eine der grössten Herausforderungen dar. Japan begann Mitte des 20. Jahrhunderts mit dem Ausbau der Kernenergie und machte sie zu einer seiner Prioritäten in den 1970er Jahren. Bis 2010 machte diese Energiequelle über 25 Prozent der Stromerzeugung aus, mit dem Ziel, diese auf 40 Prozent zu steigern. Erneuerbare Energien wurden dementsprechend systematisch vernachlässigt. Heute entfallen auf sie nur 7 Prozent der gesamten Stromerzeugung. Dies ist im Vergleich zu Ländern wie Dänemark mit einem Anteil erneuerbarer Energien von 65 Prozent verschwindend gering.
Mit Blick auf die Demographie ergeben sich in Japan schwerwiegende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die soziale Sicherheit. Aus diesem Grund hat sich die Regierung in Tokio für erhebliche Investitionen in Bildung und Innovation entschieden, so die Beurteilung von Degroof Petercam. "Dies ist auf mehreren Ebenen unseres Nachhaltigkeitsmodells sichtbar", sagt Sam Vereecke, Portfoliomanager des DPAM L Bonds Government Sustainable. "Bereits seit 1972, als es den weltweit ersten vollwertigen intelligenten Roboter entwickelte, ist Japan führend in der Robotik. Die Mitarbeiter der Industrieroboter produzierenden Branche in Japan werden bis 2025 auf über eine Million geschätzt, und die Umsätze aus diesem Industriezweig werden dann einen Umsatz von fast 70 Milliarden US-Dollar erwirtschaften."
Im Kreis der Schwellenländer ist Brasilien ein Beispiel dafür, dass es wichtig ist, als Anleiheinvestor auf Nachhaltigkeitskriterien zu achten. In den letzten 6 Jahren hat das grösste südamerikanische Land, das immerhin knapp 10 Prozent der traditionellen Schwellenländer-Obligationenindizes repräsentiert, einen rasanten Abstieg um 33 Plätze im DPAM-Länderranking vollzogen.
"Das wichtigste Kriterium in unserem Nachhaltigkeitsmodell für Staaten sind Transparenz und demokratische Werte. Die Verschlechterung der bürgerlichen Freiheiten und politischen Rechte in Brasilien ist auffallend. Auch die Korruptionswahrnehmung ist nach wie vor hoch. Langsame Verbesserungen sind innerhalb der letzten 6 Jahre zwar sichtbar. Dennoch steht Brasilien in dieser Hinsicht immer noch am unteren Ende des Schwellenländer-Universums", kommentiert Michael Vander Elst, Portfoliomanager des DPAM L Bonds Emerging Markets Sustainable, die Entwicklung. Er verweist zudem auf den Stillstand bei den Fortschritten zur Armutsbekämpfung und Wohlstandsverteilung. Eine weitere besorgniserregende Entwicklung sei die Arbeitslosigkeit, die im Zeitraum von 2013 bis 2018 von 7 auf 12 Prozent stark angestiegen ist.
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