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Zinserhöhungen werden geringer sein als Märkte erwarten

Der Europa-Chefökonom von T. Rowe Price ist zuversichtlicher gestimmt als der Konsens. (Bild: Shutterstock.com/Katjen)
Der Europa-Chefökonom von T. Rowe Price ist zuversichtlicher gestimmt als der Konsens. (Bild: Shutterstock.com/Katjen)

Die Europäische Zentralbank werde ihre Zinserhöhungen trotz Rezession wahrscheinlich fortsetzen, aber der Anstieg werde geringer ausfallen, als die Märkte erwarteten. Das sagt Tomasz Wieladek, Chefvolkswirt Europa des US-Vermögensverwalters T. Rowe Price. Im Februar oder März sei der Zinsgipfel im Euroraum voraussichtlich erreicht.

21.12.2022, 11:47 Uhr

Redaktion: hf

Die Eurozone wird in diesem Winter eine tiefe Rezession erleben, die bis ins Jahr 2023 andauern wird. Daran zweifelt der Chefökonom für Europa von T. Rowe Price, Tomasz Wieladek, nicht. Gegenwärtig seien (Vergangenheits-)Daten wie das reale BIP-Wachstum und die Industrieproduktion trotz des grossen Energieschocks, den die Region zu Beginn dieses Jahres erlebte, weiterhin robust.

Die Einkaufsmanagerindizes (PMI) des verarbeitenden Gewerbes deuteten jedoch darauf hin, dass sich die wirtschaftlichen Aussichten rapide verschlechtern. "Das Verbrauchervertrauen, das sich normalerweise parallel zum PMI entwickelt, ist auf ein noch nie dagewesenes Niveau gesunken", fügt Wieladek an.

Daten hinken der Realität hinterher

Der Nachfragerückgang als Folge von niedrigeren verfügbaren Einkommen schlage sich noch nicht in den eingangs erwähnten Daten nieder. Die rasch sinkenden realen Geldsalden und die jüngste, starke Verschärfung der Kreditstandards für Haushalte und Unternehmen wiesen darauf hin, dass sich die Straffung der Geldpolitik der EZB erst Anfang nächsten Jahres in den Daten zeigen werde.

"Die EZB wird ihre Zinserhöhungen in der Rezession wahrscheinlich fortsetzen, aber ich denke, dass sie weniger stark ausfallen werden, als die Märkte erwarten", meint Wieladek. In Anbetracht der starken rückwärtsgerichteten realen BIP-Daten werden sie Anfang 2023 aufhören, die Zinsen zu erhöhen, "wenn klar wird, dass sich die Rezession im Euroraum verschärft."

Die straffe Geldpolitik mit der jüngsten Zinserhöhung vor einer Woche werde den Inflationsdruck verringern. Dies bedeute, dass die EZB ihre Zinserhöhungen wahrscheinlich im Februar oder im März 2023 beenden werde, "mit einem Spitzeneinlagensatz von 2,25% bis 2,5%, der deutlich unter den Marktpreisen und den Konsenserwartungen liegt", sagt der Europa-Chefökonom des US-Finanzdienstleisters voraus.

Zinshöhepunkt in Grossbritannien im Mai

In Grossbritannien werde die Bank of England ihre Zinserhöhungen fortsetzen, allerdings auch da weniger stark, als die Märkte erwarteten, und im Mai einen Spitzenzinssatz von 4% erreichen. Dies werde voraussichtlich zu einer steileren Gilt-Renditekurve und zu einem "Ausverkauf des britischen Pfunds" führen.

Unter den Industrieländern sieht Wieladek das grösste Risiko einer zweiten Inflationsrunde, hervorgerufen durch einen kräftigen Lohndruck aufgrund des Arbeitskräftemangels. Dieser sei sowohl auf Frühverrentung als auch auf Krankheiten infolge der Pandemie zurückzuführen und werde kaum bald behoben sein.

"Die Haushalte in Grossbritannien erleben derzeit sehr grosse Einschnitte in Bezug auf das verfügbare Einkommen durch höherer Energiepreise und Hypothekenkosten", hält Wieladek fest. Die Bank of England werde daher versuchen, einen Zinserhöhungspfad zu wählen, der die Inflation mittelfristig wieder auf Zielniveau bringe, aber die Rezession im nächsten Jahr nicht mehr als nötig verschärfe.

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