07.10.2024, 10:19 Uhr
Angesichts der vielen Marktunsicherheiten stehen zurzeit Anlagemöglichkeiten mit möglichst geringen Schwankungen im Fokus vieler Investoren. Die Candriam-Experten Servaas Michielssens, Head of Healthcare, Thematic...
Während Private Equity historisch nur Grossinvestoren zugänglich war, ist die Nachfrage mittlerweile bei Privatinvestoren stark gestiegen. Rendite liefern gemäss Nils Rode von Schroders Capital zunehmend die Fondsmanager, die die Komplexitätsprämie abschöpfen können.
Professionelle Investoren wie Pensionskassen und Versicherungen haben in den vergangenen Jahrzehnten nach Beobachtungen von Nils Rode, CIO Schroders Capital Management (Switzerland), bedeutende Summen in private Beteiligungen an Unternehmen investiert. Die Gründe dafür seien vor allem: Die Diversifikation zu traditionellen Anlageklassen, die tiefere Volatilität der Ertragsentwicklung als bei kotierten Finanzprodukten und die hohen, historischen Renditen. Mittlerweile gebe es weltweit rund 5'900 Private Equity Manager, die im vergangenen Jahr mehr als 30'000 Transaktionen abgewickelt haben.
Der Erfolg von Private Equity habe auch das Interesse von Privatanlegern geweckt. Doch bislang sei ihnen der Zugang zur Anlageklasse mehrheitlich verwehrt geblieben. "Zwar konnten sie Private-Equity-Fonds und die Aktien von Anbietern kaufen, doch durch die Kotierung ähneln diese Gefässe bezüglich ihres Charakters eher klassischen Finanzmarktanlagen. So weisen etwa die Aktien von Private-Equity-Häusern eine signifikant höhere Korrelation zur Entwicklung an den Finanzmärkten auf als typische Private-Equity-Anlagen, und Private-Equity-Fonds handeln in der Regel zu einem Abschlag des Nettoinventarwerts", so der Experte von Schroders Capital. Der Zugang zu traditionellen Private-Equity-Strukturen, vor allem über "Limited partnerships", sei Privatanlegern wegen der sehr hohen Eintrittshürden grundsätzlich verwehrt geblieben, denn der Anlagehorizont betrage dort mindestens 10, eher jedoch 15 Jahre und die Mindestanlagesumme mehrere Millionen Franken.
Einen Mittelweg bieten nach Nils Rode semi-liquide Fonds mit deutlich niedrigeren Mindestanlagesummen – teils ab 50'000 CHF - und einem kürzeren Anlagehorizont von drei bis fünf Jahren, die qualifizierten Anlegern offenstehen. Vermögende Privatpersonen seien in der Schweiz professionelle Kunden und somit qualifizierte Anleger, wenn sie schriftlich bestätigen, dass sie entweder durch die persönliche Ausbildung und berufliche Erfahrung die Risiken der Anlagen verstünden und über ein frei verfügbares Vermögen von mindestens 500‘000 CHF verfügen oder anderseits – ohne entsprechendes Finanzfachwissen – ein Vermögen von 2 Mio. CHF ihr Eigen nennen.
In der Regel können Gelder gemäss dem CIO aus semi-liquiden Fonds quartalsweise zurückgezogen werden, sofern ein bestimmter Prozentsatz des Nettoinventarwerts nicht überschritten wird. Zusätzlich bedingen sich Anbieter meist eine bestimmte Zeitdauer aus, in der sie die Auszahlung aufschieben können. Das diene dem Schutz der Anleger, denn so solle verhindert werden, dass Anlagen zu einem ungünstigen Zeitpunkt zwangsveräussert werden müssen.
"Nach der erfreulichen Entwicklung an den Finanzmärkten im vergangenen Jahrzehnt, und vor allem 2021, dürften sich viele Privatanleger allerdings die Frage stellen, ob der Einstiegszeitpunkt in Private Equity aktuell der richtige sei", meint Rode. Ebenso viele dürften sich fragen, ob die Bewertungsniveaus angemessen seien oder ob die Renditeerwartungen nach unten korrigiert werden müssten.
Die sogenannte "Illiquiditätsprämie" habe lange Zeit die Diskussion über die Renditeerwartungen von Private Equity dominiert. Vereinfacht formuliert würden die Anleger dafür entschädigt, dass sie in Kauf nehmen, Gelder nur an bestimmten Zeitpunkten zurückziehen zu können. Doch der Markt wachse und entwickle sich weiter und als Folge ändere sich auch die Art und Weise, wie Renditen erzielt werden. Da die Mittelbeschaffung bei einigen Private-Equity-Strategien weit über dem langfristigen Trend liege und entsprechend viel "Dry Powder" im Markt sei, gerate die Illiquiditätsprämie zunehmend unter Druck. Das sei einer der Gründe, warum derzeit im Markt die Komplexitätsprämie von grösserer Bedeutung sei als die Illiquiditätsprämie.
Die Komplexitätsprämie bezeichne die Überschussrendite, die bei Private Equity erzielt werden könne, wenn zwei Faktoren zusammentreffen: Erstens – und nicht besonders erstaunlich – handle es sich dabei um Opportunitäten, die in Bezug auf Zugang, Risiken und Chancen besonders komplex seien. Typischerweise würden sich diese in den Small- und Midsize-Segmenten des Marktes befinden. Und zweitens müssen die Private Equity Manager nach Aussage von Rode über hochspezialisierte Fähigkeiten verfügen und diese einzusetzen wissen, um geeignete Anlagen zu finden, auszuwählen und letztlich abzuschliessen. Beide Faktoren seien erforderlich, damit die Komplexitätsprämie zum Tragen komme. Auch wenn der Wettbewerb um Transaktionen im Gesundheitsbereich, dem Technologiesektor und in der Konsumgüterindustrie als Folge der Pandemie zugenommen habe, seien hier unverändert viele attraktive Investitionsgelegenheiten zu finden.
"Dank semi-liquiden Strukturen erhalten nun auch qualifizierte Anleger Zugang zu Private-Equity-Anlagen, die bis vor Kurzem nur Institutionellen Anlegern, Family Offices und sehr vermögenden Privatpersonen offenstanden", so der Schroders-Experte. Aber auch letztgenannte Investoren böten semi-liquide Anlagen Vorteile wie etwa eine grössere Flexibilität im Portfoliokontext. Diese Erweiterung der Angebotspalette dürfte der Anlageklasse zu zusätzlicher Reife, mehr Transparenz und Akzeptanz verhelfen, sagt Nils Rode.