08.11.2024, 09:12 Uhr
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In immer mehr Ländern zeichnet sich ab, dass die Stromerzeugung mit neu installierten Solar- und Windkraftparks günstiger ist als mit bestehenden, vollständig abgeschriebenen Kohle- und Erdgaskraftwerken. Aktien aus der Branche der erneuerbaren Energien können so aus einem neuen Blickwinkel betrachtet werden, meinen Experten der Zürcher Kantonalbank.
Die Energiesicherheit Europas steht auf dem Spiel. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat sich die Lage an den internationalen Energiemärkten– insbesondere in Deutschland und Italien – deutlich verschärft. Deutschland hat aufgrund der angespannten Situation bereits seinen Notfallplan für die Gasversorgung aus der Schublade geholt und bereits die ersten beiden von drei Eskalationsstufen ausgerufen (Frühwarn- und Alarmstufe). Sollte die dritte und letzte Eskalationsstufe des Plans zur Anwendung kommen, müsste mit Rationierungen von Gas für einzelne Industrien gerechnet werden.
Wie die beiden ESG-Experten Daniel Fauser und Gerhard Wagner von der Zürcher Kantonalbank (ZKB) erläutern, gehen Ökonomen in einer gemeinsamen Analyse der fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute Deutschlands davon aus, dass ein Gasunterbruch in den Jahren 2022 und 2023 zu massiven Verlusten für die deutsche Wirtschaft führen würde. Rund 220 Milliarden Euro oder 6.5% der deutschen Wirtschaftsleistung stünden dann im Feuer. Schon heute sind die Auswirkungen der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus Russland beträchtlich. Für die Verbraucher werden die immer weiter steigenden Strom- und Erdgasrechnungen zunehmend zur Belastung.
Zugleich ist die Inflation jetzt allgegenwärtig. Konsumentinnen und Konsumenten in der Europäischen Union zahlten im Mai 2022 40% mehr für Elektrizität, Gas und andere Treibstoffe als im Vorjahresmonat. Mit den Sanktionen gegen Russland und der damit einhergehenden Verknappung von fossiler Energie haben die Preise von Erdgas, Kohle und Öl deutlich angezogen. "Die Preise für Investitionsgüter haben in der Europäischen Union hingegen nur um vergleichsweise bescheidene 8% zugelegt. Diese grossen Unterschiede bei der Preisentwicklung von fossilen Energieträgern und Investitionsgütern – zu letzteren zählen auch Windturbinen, Solaranlagen und Wärmepumpen – haben unmittelbare Folgen für die Stromerzeugung", so die ZKB-Experten.
Der massive Anstieg der Brennstoffpreise hat laut Bloomberg New Energy Finance dazu geführt, dass die Stromerzeugung mit neu installierten Solar- und Windkraftparks nun deutlich günstiger ist als mit bestehenden Kohle- und Erdgaskraftwerken. Erneuerbare Energien senkten einerseits die Energiekosten beim Endverbraucher, andererseits geselle sich zum wirtschaftlichen Vorteil der geopolitische Vorteil in puncto Versorgungssicherheit.
"Der Kostenvorteil der Erneuerbaren ist aktuell besonders ausgeprägt, aber nicht neu. Bereits seit 2018 sind Solar- und Windenergie bei Neuinvestitionen in der Regel die günstigste Art der Stromerzeugung", sagen Fauser und Wagner. Laut neuesten Zahlen von BNEF sei dies bereits in Ländern, die 90% der globalen Stromerzeugung ausmachen, der Fall. Der aktuelle Inflationsschub verstärke den Preisvorteil. "Verschont von höheren Inputpreisen werden die Erzeuger der Erneuerbaren zwar auch nicht. Doch ist der Anstieg bei ihren Stromgestehungskosten vergleichsweise moderat. Während die Preise bei der Photovoltaik dieses Jahr global durchschnittlich 3,7% gestiegen sind, fällt der Preisanstieg bei Gaskraftwerken global mit 9,2% deutlich stärker aus. In Europa beträgt das Plus bei Gaskraftwerken gar 20%", so die Experten weiter.
Laut Fauser und Wagner sprechen vor diesem Hintergrund folgende Gründe für erneuerbare Energien:
"Als Fondsanbieterin setzen wir mit unseren nachhaltigen Swisscanto-Anlagefonds im Bereich der erneuerbaren Energieträger auf Unternehmen mit dezidiertem CO2-Reduktionsziel. Diese Unternehmen werden gemäss Analysen ein überdurchschnittlich hohes und profitables Wachstum aufweisen. Bei der Aktienauswahl achten wir vor allem auf Qualität, sprich solide Kapitalrenditen, tiefe Verschuldung, tiefe ESG-Risiken und einen überzeugenden Leistungsausweis des Managements. Besonders wichtig: Technologie-Führerschaft", sagen die beiden Experten. Gute Beispiele für Unternehmen, die diese Kriterien erfüllen, seien der dänische Weltmarktführer im Bereich der Offshore-Windenergie Orsted, die israelische SolarEdge, die Energie-Monitoring-Systeme optimiert, oder die chinesische Contemporary Amperex Technology (CATL), die grösste Herstellerin von Lithium-Ionen-Batterien. CATL kündigte am 14. August 2022 ein ambitioniertes Projekt an. In Ungarn soll eine Batterie-Fabrik mit einer Kapazität von 100 Gigawattstunden jährlich entstehen – mit Mercedes als grösstem Kunden, so Fauser und Wagner.