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US-Aktienmarkt von der Realwirtschaft abgekoppelt

Eine Erholung der US-Konjunktur könnte länger dauern, als von manchen erwartet wird. (Bild: Shutterstock.com/pogonici)
Eine Erholung der US-Konjunktur könnte länger dauern, als von manchen erwartet wird. (Bild: Shutterstock.com/pogonici)

US-Aktien haben sich von den im März erreichten Tiefstständen kräftig erholt, während gleichzeitig die Wirtschaft deutlich zurückgegangen ist. Anleger preisen einen optimistischen Ausblick für US-Aktien ein und rechnen offenbar mit einer raschen Erholung der US-Konjunktur. Doch das könnte länger dauern, als derzeit angenommen wird, beobachten die Experten von T. Rowe Price.

23.07.2020, 05:00 Uhr

Redaktion: rem

Die deutliche Diskrepanz zwischen der Kursentwicklung am Aktienmarkt und der Entwicklung der Wirtschaft in den Vereinigten Staaten dürfte nicht von Dauer sein. "Betrachtet man die Börse als vorausschauenden Mechanismus, so wird gegenwärtig offensichtlich viel Optimismus eingepreist", beobachtet Eric Papesh, Portfolio Spezialist, U.S. Equity bei T. Rowe Price. "Dennoch rechnen wir längerfristig nicht mit einer anhaltenden Abkopplung des US-Aktienmarktes von der Realwirtschaft. Die US-Finanzmärkte dürften in den kommenden Monaten und Quartalen ein höheres Mass an Volatilität erfahren, als wir es in den vergangenen Jahren gewohnt waren."

Die Schlüsselfrage sei derzeit weniger, wann wir zu einem normalen Umfeld zurückkehren, sondern wann wir zu einem normalen rezessiven Umfeld zurückkehren werden, gibt U.S. Equity Portfolio Spezialist Julian Cook zu bedenken. "Angesichts der Tatsache, dass derzeit mehr als 13% der US-Bevölkerung arbeitslos sind und viele Unternehmen noch immer im Lockdown sind, sind dies Schlüsselsignale, die nicht ignoriert werden sollten."

"Swoosh-förmiger Verlauf"

Die jüngste Belebung der Wirtschaft wirft die Frage auf: Ist diese auf eine reale Konjunkturverbesserung und der Unternehmenstätigkeit zurückzuführen oder ist sie einfach ein Ergebnis der beträchtlichen fiskalischen Anreize? "Kürzlich sprachen wir mit einem führenden globalen Zahlungsverarbeitungsunternehmen über die Trends bei den Verbraucherausgaben", sagt Julian Cook, "und dieses stellte eine Belebung fest – aber bestätigte zudem, dass die Verbesserung weniger auf das sich verbessernde Konsumklima als vielmehr auf die kurzfristigen Konjunkturmassnahmen zurückzuführen ist." Cook geht davon aus, dass das Ertragsniveau von 2019 erst im Jahr 2022 wieder erreicht wird: "Eine Erholung könnte länger dauern, als von manchen erwartet wird. Statt einer möglichen "V"- oder "W"-förmigen Erholung gehen wir davon aus, dass sie möglicherweise graduell und "Swoosh"-förmig verlaufen wird – in Anlehnung an das Logo des Sportartikelherstellers Nike, das zunächst kräftig nach unten schwingt und dann sehr langsam wieder nach oben strebt."

Hinsichtlich einer möglichen Rotation von Growth zu Value gibt es nach Ansicht von Papesh für einige der gewichtigeren Value-Bereiche Grund zum Optimismus, beispielsweise im Finanzsektor sowie bei Energie und Materialien: "Viele der Probleme, mit denen Unternehmen in diesen Sektoren konfrontiert sind, spiegeln sich grösstenteils in den aktuellen Bewertungen wider. Im Finanzwesen beispielsweise handeln viele Versicherer zu einem Bruchteil ihres Buchwertes – obwohl sie über ein attraktives längerfristiges Ertragspotenzial verfügen."

Diversifizierung von Währungsrisiken erscheint geboten

Was die weitere Entwicklung an den Devisenmärkten anbelangt, könnte der US-Dollar bald auf einen langfristigen Abwärtstrend zusteuern. Ken Orchard, Co-Portfolio Manager, International Bond Strategies bei T. Rowe Price, sieht vier Anzeichen dafür: "Der Weg der USA in die wirtschaftliche Erholung scheint ungewiss und der Beginn eines neuen Zyklus könnte eine Trendumkehrung bewirken. Zugleich macht die Verringerung der Zinsdifferenz zwischen dem US-Dollar und anderen Währungen die US-Währung aus der Investorensicht deutlich weniger attraktiv. Und schliesslich deutet die veränderte Zusammensetzung der Währungsreserven der Zentralbanken darauf hin, dass sich der US-Dollar in einem Abwärtstrend befindet."

Seine Schlussfolgerung lautet daher: "Während wir uns dem zehnten Jahr der Dollar-Hausse nähern und das globale Wachstum nach der Coronakrise Signale eines Comebacks sendet, sollten Anleger überlegen, ob eine diversifizierende Umschichtung von auf US-Dollar lautenden Vermögenswerten hin zu internationalen Anleihen in der zweiten Jahreshälfte sinnvoll sein könnte."

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