Der Lackmustest erfolgt Anfang 2023 mit den Zahlen für 2022 und dem Ausblick der Unternehmen fürs neue Jahr. (Bild: Shutterstock.com/vintage tone)
Die Straffung der Geldpolitik bleibt für die Anlagemärkte eine Belastung. Allerdings ist mit Blick auf die nächsten Zinsschritte wohl nicht mehr mit drastischen Abweichungen zu den Markterwartungen zu rechnen, meint Ann-Katrin Petersen, Senior Investment Strategist von BlackRock. Ins Zentrum rückten Konjunktur und Unternehmensgewinne.
27.10.2022, 12:19 Uhr
Redaktion: hf
Eine Reihe von EZB-Ratsmitgliedern hat die Märkte schon im Vorfeld auf den für heute Donnerstag erwarteten kräftigen Zinsschritt der Europäischen Zentralbank vorbereitet. Der Handlungsdruck aus Sorge vor sich verselbständigenden Inflationserwartungen bleibt aus Sicht der EZB virulent. Gut möglich, dass der Rat bis Jahresende so viele Straffungsschritte wie möglich unterzubringen versucht angesichts einer vorangehenden US-Notenbank und eines fortgesetzt schwachen Euros, der die (importierte) Inflation anheizt.
Auge in Auge mit einer schrumpfenden Wirtschaft dürfte die EZB jedoch zunehmend "auf Sicht fahren", sagt Ann-Katrin Petersen. Negatives Überraschungspotenzial würde vor diesem Hintergrund vielmehr ein frühzeitiges und entschlossenes Abtragen der Bilanzsumme des Eurosystems (QT, quantitative tightening) bergen.
Nur vermeintlich billig
Nachdem sich die Märkte auf die Straffung der Geldpolitik weitgehend eingestellt haben, werde sich das Augenmerk verstärkt auf das fundamentale Rückgrat der Börsen einstellen, fährt die Strategin fort: die Umsatz- und Gewinnzahlen der Unternehmen sowie deren Ausblicke. Können die Aktienmärkte auf einigermassen widerstandsfähige Gewinne bauen? Oder bahnen sich Enttäuschungen an, verbunden mit weiteren Kursabschlägen?
Das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis für die kommenden zwölf Monate im US-Aktienindex S&P 500 beträgt aktuell 15, was sowohl unter dem Fünfjahres- (18.5) als auch unter dem Zehnjahresdurchschnitt (17) liegt. "Kennzahlenvergleiche sind in rezessiven Phasen allerdings mit Vorsicht zu geniessen", mahnt Petersen.
"Wir erwarten bei den Unternehmensgewinnen weiteres Abwärtsrevisionspotenzial", fährt sie fort. "Die sich abzeichnende schrumpfende Wirtschaftsleistung in Europa und in den USA dämpft das Umsatzwachstum, und der anhaltende Kostendruck setzt die Gewinnmargen zusätzlich unter Druck." Es scheine allerdings noch mit einem Fragezeichen behaftet, inwiefern bereits der Berichtszyklus für das dritte Quartal 2022 die antizipierte Abschwächung des Gewinnwachstums spiegeln werde.
Warten auf Anfang 2023
Ein Blick auf die laufende Berichtssaison in den USA zeige, dass bisher vor allem konsumnahe Unternehmen in der Lage waren, die höheren Kosten auf die Verbraucher zu überwälzen. Andere Berichte signalisierten dagegen, dass man sich einer Situation nähere, ab der Preiserhöhungen kaum mehr möglich seien. Zudem macht sich der starke US-Dollar in den Gewinnschätzungen negativ bemerkbar.
Der Lackmustest stehe Anfang 2023 mit den Unternehmensgewinnen fürs vierte Quartal 2022 und den Unternehmensausblicken bevor. Das konjunkturelle Bild könnte dann etwas klarer sein und den Firmen die "Guidance" erleichtern.
Wie nicht nur die BlackRock-Strategin festhält, haben sich die kurzfristigen Aussichten für die Weltwirtschaft eingetrübt. Das Thema Inflation werde nicht verschwinden, selbst wenn die Teuerungsraten auf absehbare Zeit den Gipfel erreicht haben dürften. "Für die kommenden Monate stellt das restriktivere Liquiditätsumfeld unverändert eine Belastung für die Börsen dar", so Petersen.
Unattraktive Staatsanleihen
Weil man bei den Unternehmensgewinnen weiteres Korrekturpotenzial nach unten erwartet, gehe man von einem Szenario fortgesetzt hoher Volatilität und Rückschlagsgefahr an den Aktienmärkten aus. Man schätze Aktien der Industrieländer taktisch, das heisst mit Blick auf die kommenden sechs bis zwölf Monate, nach wie vor weniger konstruktiv ein als Unternehmensobligationen hoher Bonität (Investment Grade) mit relativ attraktiverer Bewertung.
Das klassische "Rezessions-Handbuch" bei der Anlageallokation gelte im aktuellen Umfeld nur bedingt, sprich: Unter anderem sich in Staatsobligationen «zu verstecken bleibt wenig ratsam." Vielmehr dürften Staatsanleihen in einem Umfeld erhöhter Inflationsrisiken und Staatsschuldenberge an Diversifikationseigenschaften weiter einbüssen. Attraktivere Chancen würden sich bei kürzeren Laufzeiten und inflationsgeschützten Staatsobligationen ergeben, sagt Petersen.
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