Megacaps verzerren den Markt

Die gute Performance der Megacaps lässt die Investoren sorglos werden (Foto gguy/Shutterstock)
Die gute Performance der Megacaps lässt die Investoren sorglos werden (Foto gguy/Shutterstock)

Warum sind Aktien – und vor allem der S&P 500 – dieses Jahr bislang so stabil? Sicherlich spielen die Fundamentaldaten eine Rolle. Vielleicht haben wir es aber auch mit einer optischen Täuschung zu tun, schreibt Joseph V. Amato, CIO Equities bei Neuberger Berman.

23.05.2023, 12:52 Uhr

Redaktion: cwe

Der Konjunkturabschwung ist weder zu leugnen noch ist er vorbei, doch hält er sich bislang in Grenzen. Das Nominalwachstum ist nur leicht gefallen, und auch real wächst das BIP weiter, beides vor allem wegen des stabilen US-Arbeitsmarktes und des allmählichen Inflationsrückgangs. Solange die Bankenprobleme überschaubar erscheinen und die USA allen Zahlungsverpflichtungen nachkommen, könnten die nächsten Quartale dank fallender Inflation und ausbleibender Zinserhöhungen recht gut werden, schriebt Joseph V. Amato CIO Equites bei Neuberger Berman.

Kaum Marktbreite

Das scheint plausibel, wäre da nicht die optische Täuschung: "War der S&P 500 Index dieses Jahr wirklich so stabil? Oder haben wir es eher mit zwei Indizes zu tun, einem performancestarken und einem schwächeren?" fragt Amato. Der erste Index besteht aus gerade einmal sieben Mega Caps, die in ihren Branchen zu Weltmarktführern geworden sind: Meta, Apple, Amazon, Alphabet, NVIDIA, Microsoft und Tesla. Nennen wir ihn FAANG+ Index. Jedes dieser Unternehmen hat eine Marktkapitalisierung von über einer halben Billion US-Dollar.

Ein Viertel der Marktkapitalisierung des S&P 500 entfällt auf diese sieben Firmen, ebenso wie 90% des 8-prozentigen Wertzuwachses seit Jahresbeginn. "Eine so geringe Marktbreite gab es seit Jahrzehnten nicht mehr", sagt Amato. Damit ist der amerikanische Large-Cap-Markt eine echte Ausnahme. Und dann sind da die anderen Unternehmen.

FAANG+ verzerren den Markt

Wichtig ist das, weil sich Investoren meist an den Gewinnen und Bewertungen des Gesamtindex orientieren. Die Konsens-Gewinnerwartungen für den S&P 500 Index betragen dieses Jahr 220 US-Dollar je Aktie. Demnach wäre das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis 19.

Im Vergleich zum 20-Jahres-Median von 16 scheint das viel. Wenn die Gewinnerwartungen auf 200 US-Dollar je Aktie und das KGV auf 16 fielen, würde der Index um mehr als 20% nachgeben.

Tatsächlich aber werden die meisten S&P-500-Titel nicht zum 19-Fachen, sondern nur zum 17-Fachen der Gewinnerwartungen gehandelt, was wesentlich näher am Langfristdurchschnitt liegt. Der Durchschnitt wird dadurch verzerrt, dass das KGV der FAANG+ fast 30 beträgt.

Zweiteilung

Nach der guten Berichtssaison für das 1. Quartal kann man laut Amato durchaus vermuten, dass die Gewinne dieser weniger konjunktursensitiven Mega Caps im Abschwung nicht so stark fallen wie die der übrigen Aktien.

Würden die Indexgewinne auf 200 US-Dollar je Aktie zurückgehen und die meisten Titel weiterhin zu einem KGV von 16 – dem Langfristdurchschnitt – notieren, liesse ein KGV-Rückgang der FAANG+ um etwa 3 Prozentpunkte den S&P 500 nur um gut 10% statt um mehr als 20% fallen.

Amato bleibt aber vorsichtig und rechnet mit einer hartnäckigeren Inflation als der Marktkonsens und weiterhin hohen Zinsen. "Ausserdem erwarten wir einen stärkeren Gewinnrückgang, wenn die hohen Zinsen und die straffen Finanzbedingungen Wirkung zeigen." Eine mangelnde Marktbreite war in der Vergangenheit oft ein negativer Frühindikator – und die Tatsache, dass zurzeit einige wenige Qualitätsaktien den Markt bestimmen, macht es laut Amato nicht besser.

Die Zweiteilung des Marktes zeige, dass die Dinge anders sind, als sie auf den ersten Blick scheinen. Vielleicht erklärt diese optische Täuschung, weshalb Aktieninvestoren zurzeit so sorglos sind.

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