04.10.2024, 15:09 Uhr
Während aktive ETFs in den USA weiterhin ein Riesenerfolg sind, ist ihr Anteil in Europa mit etwas mehr als 2% des gesamten ETF-Volumens von knapp zwei Billionen Euro noch überschaubar. Doch das Segment wächst...
«Obwohl das Thema Nachhaltigkeit vermehrt auf Skepsis stösst, sind Berichte über das Ende von ESG stark übertrieben. Tatsächlich wird die Bedeutung von verantwortungsvollem Investieren immer grösser, nicht zuletzt wegen der fortlaufenden regulatorischen Entwicklung», schreibt Eric Pedersen, Head of Responsible Investments bei Nordea Asset Management.
Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl könnte sich laut Pedersen die politische Diskussion über ESG intensivieren. Dennoch werde dies das Momentum, welches Nachhaltigkeitsaspekte in der Finanzwelt haben, nicht bremsen. Der Fokus verlagere sich zunehmend auf Vermögensverwalter, die mehr denn je gefordert seien, die Substanz und Glaubwürdigkeit ihrer Nachhaltigkeitsversprechen zu beweisen.
Berichte über einen vermeintlichen Rückgang von ESG-Investitionen im letzten Jahr vermitteln gemäss Nordea «oft nur ein unvollständiges Bild». Zwar gab es im vierten Quartal 2023 erste Abflüsse aus SFDR-Artikel-9-Fonds, jedoch erreichten die Fonds in den Kategorien Artikel 8 und 9 gleichzeitig einen Rekordanteil von fast 60 Prozent der europäischen Fondsvermögen. Global wuchsen laut Morningstar die in als nachhaltig geltenden Fonds angelegten Vermögen von 2,5 Billionen US-Dollar Ende 2022 auf fast 3 Billionen US-Dollar bis Ende letzten Jahres.
Eine genauere Betrachtung der europäischen Daten zeige, dass die grössten Abflüsse aus Artikel-8-Fonds stammen, die keine verbindlichen Nachhaltigkeitsziele verfolgen. Diese Entwicklung könnte gemäss Pedersen auf Greenwashing-Bedenken hindeuten, da Investoren kritischer auf ESG-Strategien schauten, die kaum von traditionellen, nicht nachhaltigen Anlagen zu unterscheiden seien. Dies zeige, dass viele Investoren noch immer Zweifel an der Authentizität von ESG-bezogenen Aussagen haben.
Trotz dieser Unsicherheiten bestätigten Umfragen weiterhin, dass sowohl institutionelle als auch private Investoren nicht nur finanzielle Renditen erwarten, sondern auch positive ökologische und soziale Effekte. Dies bedeute zwar nicht, dass sie finanzielle Gewinne opfern wollen, aber es unterstreiche die Notwendigkeit, dass Manager Renditen im Einklang mit sich verändernden persönlichen und institutionellen Werten erzielten.
Diese Präferenz für ESG-Standards zeige sich besonders deutlich, wenn es um das Verhalten von Unternehmen geht. «Eine überwältigende Mehrheit ist der Meinung, dass Unternehmen alles tun sollten, um ihre negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zu minimieren. Auch wenn der Name einer Anlagestrategie für Investoren nicht entscheidend ist, zählt am Ende, was tatsächlich geliefert wird», erläutert Pedersen.
In der EU werden Anpassungen und Präzisierungen zur aktuellen Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) vorgenommen, während neue Regeln für die Bezeichnung und Inhalte von ESG-Fonds bevorstehen.
In Grossbritannien führt die Einführung der Sustainability Disclosure Requirements zu spezifischen ESG-Kategorien, die zusätzliche Klarheit bringen und Bedenken sowie Zögern bei der Umsetzung nachhaltiger Investitionsvorlieben abbauen sollen. Die nächste Version der SFDR dürfte sich diesem Ansatz annähern. Darüber hinaus werden in Ländern wie den USA, Japan, Singapur und anderen Staaten weitere Vorschriften zur Förderung nachhaltiger Investitionen erlassen.
«Aus unseren Gesprächen mit Investoren geht klar hervor: ESG-Faktoren gewinnen zunehmend an Bedeutung. Der Fokus verschiebt sich von einfachen Lösungen hin zu Ansätzen, die die Erzielung von Rendite mit einem hohen Mass an Verantwortung verbinden», schreibt der Experte. Es reiche nicht mehr aus, dass Vermögensverwalter behaupten, dass sie sich an den ESG-Grundsätzen orientierten. Es brauche auch eine solide ESG-Basis, starke und effektive Stewardship-Massnahmen über alle Portfolios hinweg sowie spezielle Instrumente und Ansätze in Bereichen wie Klima und Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion.
Die externe Zertifizierung von ESG-Prozessen werde ebenfalls immer wichtiger. Selbst Mandate und Strategien, die nicht explizit auf ESG ausgerichtet seien, beinhalten zunehmend Anforderungen an Stewardship-Aktivitäten wie die Stimmrechtsausübung auf Generalversammlungen. «Ähnliche Anforderungen treten auch im Bereich Klimaschutz in den Vordergrund. Denn der Druck wächst, echte Fortschritte bei der Dekarbonisierung zu erzielen», so das Fazit.