«Ohne Wasser gibt es keine Wirtschaft – ohne Abfallmanagement keine nachhaltige Wirtschaft»

Anlagen in Wasser und Abfall sind unterbewertet, sagt J O Hambro-Experte (Bild: Shutterstock)
Anlagen in Wasser und Abfall sind unterbewertet, sagt J O Hambro-Experte (Bild: Shutterstock)

Wasser- und Abfallunternehmen haben den breiten Markt seit fast zwei Jahrzehnten übertroffen. Saurabh Sharma von J O Hambro erklärt, warum der Sektor gerade jetzt für Investoren interessant wird – und weshalb diese Unternehmen selbst in unsicheren Zeiten stabile Erträge liefern.

21.12.2025, 07:00 Uhr
Anlagefonds | Anlagestrategie | Interviews | Nachhaltigkeit | Rohstoffe

Redaktion: asc

Herr Sharma, Wasser und Abfall gelten als «unsichtbare Infrastruktur» – essenziell, aber oft übersehen. Warum ist jetzt der Moment, in dem dieser Sektor stärker ins Bewusstsein der Investoren rückt?

Wasser ist für das Leben auf der Erde essenziell und eine kostbare Ressource, wird jedoch nach wie vor unterschätzt und unterbewertet. Es wird in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft eingesetzt, unter anderem in der Lebensmittelproduktion, der Fertigung und der Energieerzeugung. Einfach ausgedrückt: Ohne Wasser gibt es keine Wirtschaft, doch ohne Abfallmanagement gibt es keine nachhaltige Wirtschaft. Der Abfallsektor bietet eine Vielzahl langfristiger, struktureller Wachstumschancen, da das Abfallaufkommen bis 2050 voraussichtlich doppelt so schnell wachsen wird wie die Weltbevölkerung. Wasser und Abfall haben die gleichen langfristigen strukturellen Treiber, bieten die gleichen Lösungen und lassen sich aus Investitionssicht gut miteinander kombinieren.

Wir sind der Ansicht, dass Aktien in diesem Bereich äusserst transparente und stabile Erträge bieten und durch ein positives regulatorisches und unternehmerisches Umfeld gestützt werden. Begünstigt durch diese langfristigen strukturellen Treiber haben Wasser- und Abfallunternehmen den breiten Markt seit nahezu zwei Jahrzehnten übertroffen. Diese Unternehmen haben in der Vergangenheit eine solide Aufwärts- zu Abwärtsentwicklung gezeigt, indem sie sich in schwachen Marktphasen widerstandsfähig erwiesen und in Aufschwungphasen mit dem Markt gestiegen sind. Angesichts des dauerhaften Charakters und des Renditeprofils dieses Themas sehen Investoren Wasser und Abfall zunehmend als langfristige Anlagechance.

Das investierbare Universum ist seit den 1990er Jahren enorm gewachsen. Wie ist diese enorme Ausweitung zu erklären und was bedeutet sie für die Diversifikationsmöglichkeiten eines Portfolios?

Das Anlageuniversum erstreckt sich über die gesamte Wertschöpfungskette: im Wassersektor von Pumpen und Ventilen über Aufbereitungsunternehmen, Versorger, Abwasserrecycling bis hin zu Messung und Abrechnung; im Abfallsektor von integrierter Abfallwirtschaft über Industrie- und Sonderabfälle, Recycling bis hin zu Waste-to-Energy-Lösungen.

Strukturelle Treiber wie alternde Infrastruktur, Urbanisierung, wachsender Konsum und strengere Regulierung haben die Nachfrage nach erweiterten Dienstleistungen angekurbelt und neue Marktteilnehmer angezogen. Das investierbare Universum ist von 30–40 Unternehmen in den 1990er Jahren auf heute rund 360 gewachsen, angetrieben durch neue Börsengänge, den Börsengang privater Unternehmen sowie neue Unternehmen, die zu börsennotierten Unternehmen herangewachsen sind.

Aus Sicht der Vermögensallokation betrachtet sind globale diversifizierte Fonds stark im Technologie- und Kommunikationssektor engagiert. Die Regnan Sustainable Water and Waste Strategy eignet sich sehr gut zur Diversifizierung innerhalb globaler Strategien, da unser strukturelles Engagement eher auf Industrie- und Versorgungsunternehmen ausgerichtet ist. Da es in unserem Universum keine Mega-Caps gibt, dienen wir auch aus Sicht der Marktkapitalisierung als Diversifikator. Die Ausrichtung auf Mega-Cap-Technologiewerte hat sich in den letzten zehn Jahren bewährt, als Technologiewerte, angeführt von den «Mag-7»-Aktien, die Märkte antrieben. Da die Inflation möglicherweise anhält und die Zinsen nicht so niedrig bleiben wie in den letzten zehn Jahren, besteht die Möglichkeit, dass sich die Führungsrolle in den kommenden zehn Jahren verschiebt.

Besonders dynamisch wächst der industrielle Wassermarkt, etwa durch die Halbleiter- und Rechenzentrumsindustrie. Welche Rolle spielen Ultra-Pure-Water-Systeme und industrielle Aufbereitungstechnologien im Portfolio – und wie gross ist deren Wachstumspotenzial?

Saurabh Sharma, Portfoliomanager bei J O Hambro (Bild J O Hambro)
Saurabh Sharma, Portfoliomanager bei J O Hambro (Bild J O Hambro)

Der Markt für Industriewasser entwickelt sich besonders dynamisch, beispielsweise im Bereich der Halbleiterproduktion. Die rasch wachsende Nachfrage nach Rechenzentren, angetrieben durch KI-Modelle und Cloud-Infrastruktur, führt zu einem steigenden Bedarf an Wasseraufbereitungssystemen. Anlagen zur Herstellung von Reinstwasser sind für die Elektronikindustrie unverzichtbar, insbesondere in der Halbleiterfertigung, wo sie zur Reinigung und Verarbeitung von Wafern eingesetzt werden. Anbieter wie Organo und Kurita Water Industries positionieren sich als wichtige Lieferanten für die nächste Technologiewelle. Organo hat in den letzten drei Jahren eine Umsatz-CAGR von über 13 Prozent erzielt und wird voraussichtlich in den nächsten drei Jahren weiter im hohen einstelligen Bereich wachsen.

Auch die industrielle Wasseraufbereitung und -wiederverwendung verzeichnet weltweit ein deutliches Wachstum, das durch technologische Fortschritte, Nachhaltigkeitsinitiativen und eine steigende Nachfrage in verschiedenen Sektoren angetrieben wird. Der Fokus auf Wasserwiederverwendung und -recycling ist zu einem Eckpfeiler der industriellen Wassermanagementstrategien geworden. Innovative Lösungen werden implementiert, um durch die Optimierung von Aufbereitungsprozessen und die Reduzierung von Verunreinigungen Milliarden Kubikmeter Wasser einzusparen. Der Schwerpunkt liegt zunehmend auf Ultrafiltration und Membranbioreaktoren, um den Wasserverbrauch in Fertigungsprozessen zu reduzieren und die Möglichkeiten der Wiederverwendung zu verbessern.

Viele Unternehmen im Fonds verfügen über starke Preisgestaltungsmacht – sowohl im Abfallsektor (Müllpreise + mid-single-digit) als auch im Wassersegment. Wie gelingt es diesen Firmen, Inflation, Zölle und volatile Rohstoffmärkte zu managen?

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sowohl Wasser- als auch Abfallwirtschaftsunternehmen inflationäre Phasen erfolgreich gemeistert haben und über Preissetzungsmacht verfügen. Regulierte Versorgungsunternehmen geben Kosten über automatische inflationsgebundene Anpassungen und regelmässige Preisüberprüfungen weiter, während integrierte Abfallentsorger ihre Gebühren in der Regel an CPI-plus koppeln und jährliche Preisanpassungen absichern. Darüber hinaus handelt es sich bei industriellen Wasseraufbereitungsanlagen um essenzielle Investitionsgüter mit vergleichsweise robusten Preismechanismen gegenüber konsumzyklischen Ausgaben. Fragmentierte Märkte begünstigen marktführende Anbieter und ermöglichen opportunistische Preissetzung bei gleichbleibendem Volumen. Eine moderate Inflation unterstützt sogar die Cash-Konvertierung und die Renditen, da die Preise schneller steigen als die Kosten. So konnten beispielsweise Abfallentsorgungsunternehmen in den USA in den letzten Jahren ihre EBITDA-Margen ausbauen.

Während politische und makroökonomische Unsicherheiten weiterhin Gegenwind für verschiedene Sektoren bedeuten, bleiben die Wasser- und Abfallwirtschaft weitgehend von diesen Belastungen verschont. Insbesondere geniesst ein Grossteil der Infrastruktur, die diesen Branchen zugrunde liegt, aufgrund der wesentlichen Bedeutung ihrer Tätigkeiten parteiübergreifende politische Unterstützung. Bemerkenswert ist, dass viele Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, sich auf den heimischen Markt konzentrieren und dadurch weniger anfällig für globale Handelsstreitigkeiten und sich ändernde Zollpolitiken sind.

Schliesslich hat ein kleiner Teil der Strategie, wie beispielsweise die Energiegewinnung aus Abfall, Recyclingunternehmen und Chemieunternehmen, eine direkte Verbindung zu Rohstoffen, während die meisten Versorgungsunternehmen, Dienstleister, Technologieanbieter und Gerätehersteller nur indirekt über Inputkosten oder Weitergaben davon betroffen sind.

Waste-to-Energy, Biogas aus Deponien und Kreislaufwirtschaft gelten als Schlüsseltechnologien. Welche dieser Innovationsfelder sehen Sie derzeit als grösste wirtschaftliche Hebel – und wo sind Investoren möglicherweise noch zu vorsichtig?

Wir sind der festen Überzeugung, dass Abfall als wertvolle Ressource für langfristige Nachhaltigkeit betrachtet werden sollte. Das Bevölkerungswachstum, die Urbanisierung und der steigende Konsum machen eine nachhaltige Abfallwirtschaft zu einer entscheidenden globalen Herausforderung, selbst bei vollständiger Kreislaufwirtschaft.

Da in einigen Ländern der Platz für Deponien knapp wird, wird die energetische Verwertung von Abfällen voraussichtlich eine immer wichtigere Rolle spielen. Die Verbesserung der Deponierungsprozesse und -technologien bietet die grössten Hebel zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, wobei modernste Verfahren die Emissionen um bis zu 90 Prozent reduzieren können. Wiederverwendung und Recycling zählen zweifellos zu den nachhaltigsten langfristigen Lösungen, da sie Primärrohstoffe einsparen und den Energiebedarf in der Produktion deutlich senken.

Kurzfristig sind diese ressourcenorientierten Segmente jedoch anfällig für vorübergehende Schwankungen der Rohstoffpreise, was ein bekanntes Abwärtsrisiko für entsprechende Bereiche der Abfallwirtschaft darstellt. Positiv zu bewerten ist hingegen, dass die langfristige strukturelle Nachfrage nach nachhaltiger Materialrückgewinnung ein starkes Gegenargument und eine überzeugende Investmentthese liefert.

Der Fonds investiert sowohl in Kernmarktführer wie Waste Management, Republic Services oder Veolia als auch in spezialisierte Regionalplayer wie japanische Abfallunternehmen. Welche Rolle spielen regionale Unterschiede in Marktstruktur, Regulierung und Konsolidierung?

Alle Märkte befinden sich in unterschiedlichen Reifephasen – von konsolidierten Giganten in Nordamerika wie Waste Management und Republic Services über grosse Akteure in Europa wie Veolia bis hin zu fragmentierten Strukturen in Asien. Das genaue Verständnis der lokalen Vorschriften, Konsolidierungsdynamiken und Wachstumshebel jeder einzelnen Aktie ist entscheidend, um in unserem Anlageuniversum Alpha zu generieren.

Ein Beispiel hierfür ist der weniger bekannte Favorit Daiei Kankyo, ein führender japanischer Abfallentsorgungs- und Recyclingkonzern. Das Unternehmen ist in einem stark fragmentierten japanischen Abfallmarkt tätig, in dem die vier grössten Anbieter zusammen weniger als 4 Prozent Marktanteil halten. Das Unternehmen plant Akquisitionen im Wert von mindestens 10 Milliarden Yen über einen Zeitraum von drei Jahren. Daiei Kankyo hat kürzlich seine mittelfristige Strategie vorgestellt, die uns aufgrund des kurzfristigen Plans überzeugt, eine EBITDA-Marge von 35 Prozent aufrechtzuerhalten und gleichzeitig weiter in Wachstumsbereiche wie Public-Private-Partnerships zu investieren. Auch die Aktionärsrenditen bleiben ein Schwerpunkt, mit einer konsolidierten Dividenden-Ausschüttungsquote von über 33 Prozent.

Wasser- und Abfallunternehmen gelten als politisch weitgehend unkontrovers. Wie stabil ist dieser Sektor tatsächlich gegenüber geopolitischen Risiken, Wahlzyklen oder protektionistischen Massnahmen?

Unserer Ansicht nach zeichnen sich sowohl Wasser- als auch Abfallunternehmen durch ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber geopolitischen Risiken, Wahlzyklen und protektionistischen Massnahmen aus. Diese Versorgungsleistungen sind unverzichtbar und ohne Alternative – jeder Mensch braucht sauberes Wasser und eine effektive Abfallentsorgung, was den Sektor überparteilich und politisch unumstritten macht. Regierungen aller politischen Ausrichtungen legen Wert auf die Zuverlässigkeit der Infrastruktur und gewährleisten eine stetige Unterstützung unabhängig von Wahlzyklen.

Darüber hinaus ist die Mehrheit der Unternehmen in unserem Portfolio lokal tätig und nur in begrenztem Umfang internationalen Zöllen ausgesetzt. Das Portfolio ist hauptsächlich in Dienstleistungsunternehmen investiert. Wasserversorger und integrierte Abfallentsorgungsunternehmen erzielen rund 100 Prozent ihrer Einnahmen im Inland. Ihre operativen Aktivitäten sind somit vor direkten Zolleffekten geschützt.

Zwar werden einige Ausrüstungsgüter weltweit beschafft, doch spiegelt dieses indirekte Risiko eher den allgemeinen Inflationsdruck wider als spezifische Risiken. Einige wenige global aufgestellte Beteiligungen könnten davon betroffen sein, haben jedoch in der Vergangenheit ihre Preisgestaltungsmacht unter Beweis gestellt. Moderate Inflation wirkt sich durch Kostenweitergabe sogar positiv auf den Fonds aus. Wasser- und Abfallwirtschaft sind parteiübergreifende Grundbedürfnisse und damit weitgehend gegen politische Volatilität abgeschirmt, da Regierungen verlässliche Dienstleistungen priorisieren.

Der Regnan-Fonds verfolgt eine strenge thematische Purity-Logik (≥ 70 bis 80 Prozent themenbezogene Umsätze). Welche Vorteile bietet dieser Ansatz – und welche Unternehmen fallen dadurch bewusst aus dem Investmentuniversum heraus?

Thematisches Investieren erfordert, dass die Portfoliounternehmen eine signifikante Exposition gegenüber dem zugrunde liegenden Thema aufweisen und nicht nur zufällig damit in Verbindung stehen. In einer Wasser- und Abfallstrategie trägt eine hoch angesetzte Umsatzschwelle dazu bei, dass das Portfolio von tatsächlichen Wasser- und Abfallaktivitäten bestimmt wird und Risiko sowie Rendite klar in dieser Wertschöpfungskette verankert sind.

Für Investoren unterstützt dies ein klar definiertes Nachhaltigkeitsmandat, indem Kapital an Lösungsanbieter in den Bereichen Wasser- und Abfallbehandlung, Recycling und Infrastruktur kanalisiert wird. Dies trägt auch dazu bei, die Ausrichtung der Investoren auf langfristige strukturelle Treiber wie globale Nachfrage, Regulierung, Knappheit und Innovation zu verbessern. Schliesslich hilft es auch dabei, Beteiligungen zu vermeiden, deren Aktienkurse von nicht verwandten Geschäftsbereichen beeinflusst werden, beispielsweise Unternehmen für Gesundheitsdiagnostik, die nur zu 10 bis 20 Prozent ihres Umsatzes mit Wassertests erzielen, deren Schwerpunkt jedoch im klassischen Gesundheitsmarkt liegt.

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