Grossbritannien beginnt erst, sein Windenergiepotenzial zu nutzen

Grossbritannien soll gemäss jüngsten Studien über das grösste Windenergiepotenzial in Europa verfügen. Dabei bedingen die großräumigen, küstennahen Flachwasserbereiche nicht nur ein großes Offshore-Potenzial. Durch die lange Küstenlinie sind auch Onshore-Anlagen überaus rentabel. Mit einem Anteil von 7,7 Prozent an der Stromproduktion spielt die Windenergie bei der Stromerzeugung aktuell aber noch eine marginale Rolle. Ingo Ermel von Aquila Capital erklärt, wieso sich dies in den kommenden Jahren ändern wird.

12.11.2014
Alternatives

Mit dem Feed-in Tariff (FIT) hat die Regierung ein Förderinstrument geschaffen, das Anreize insbesondere für die Errichtung kleiner und mittlerer Anlagen bis 500 Kilowatt (KW) schaffen soll. Nicht zuletzt aufgrund der Kombination aus topografischen Voraussetzungen und regulatorischen Rahmenbedingungen legte die Stromerzeugung im Bereich Onshore-Windkraft im ersten Quartal 2013 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 62 Prozent zu – keine andere Energieform hat eine vergleichbare Steigerung vollzogen (1). German Trade & Invest schätzt die Marktchancen im britischen Windenergiesektor daher auch entlang aller Segmente der Wertschöpfungskette als gut bis sehr gut ein (2).

Ausbauziele der britischen Regierung
Bis zum Jahr 2020 sehen Pläne der britischen Regierung vor, die installierte Windkraftkapazität von aktuell rund 11 Gigawatt auf 31 Gigawatt nahezu zu verdreifachen (3). Die Ausbaupläne leiten sich aus der UK Renewable Energy Roadmap ab und sind Teil des Vorhabens, den Anteil der Erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch von aktuell rund 5,9 Prozent auf 15 Prozent bis 2020 zu erhöhen (4). Auf diesem Wege will das Vereinigte Königreich seinen Beitrag zu den 2020-Zielen der EU leisten, den Anteil der Erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch bis 2020 auf 20 Prozent zu erhöhen. Darüber hinaus verfolgt der Ausbau der heimischen Energieproduktion aber auch den Zweck, die Abhängigkeit Großbritanniens von Energieimporten sukzessive zu verringern. Im Jahr 2013 musste das Vereinigte Königreich noch rund die Hälfte der Energierohstoffe zur Deckung des Primärenergieverbrauchs aus dem Ausland importieren (4).

Großbritannien verfügt über die topografischen Voraussetzungen, um den Anteil der Windenergie an der Stromproduktion signifikant auszuweiten. Für die Wirtschaftlichkeit einer Windenergieanlage auf Nabenhöhe von ca. 80 Meter ist laut Deutsche WindGuard eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 5,7 bis 6,0 Meter pro Sekunde (m/s) nötig. Bereits im Landesinneren Großbritanniens (Yorkshire) liegt der entsprechende Wert auf einer Nabenhöhe von 78 Metern bei 8,17 m/s. Dies entspricht einem durchschnittlichen Jahresertrag von 6.825 Megawattstunden (MWh) bei einer Windenergieanlage mit einer Leistung von zwei Megawatt (5). Zum Vergleich: Deutschland kommt in Küstennähe bei einer ähnlichen Nabenhöhe auf eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 6,77 m/s und damit auf einen Jahresertrag von rund 4.880 MWh. Auf See und in direkter Küstennähe lassen sich im Vereinigten Königreich sogar noch weitaus höhere Erträge erzielen. Die Anlagen in Cumbria weisen bereits in 50 bzw. 55 Metern Nabenhöhe Windgeschwindigkeiten von 7,03 – 8,14 m/s auf und erfüllen somit sehr gut das Kriterium der Wirtschaftlichkeit. Vor dem Hintergrund dieses Potenzials sehen die Pläne der britischen Regierung daher auch vor, den Anteil der Windenergie an der Stromproduktion bis 2020 von aktuell rund 8 Prozent auf 21 Prozent zu erhöhen (6).

Einspeisevergütung für kleine und mittlere Anlagen
Abgesehen von den guten topografischen Voraussetzungen gilt der britische Windenergiemarkt im internationalen Vergleich auch im Hinblick auf die regulatorischen Rahmenbedingungen als attraktiv für Investoren (7). Da die fixe Einspeisevergütung nach FIT in Großbritannien mit der zunehmenden Leistungsfähigkeit einer Anlage schrittweise abnimmt, ist vor allem die Errichtung kleinerer und mittlerer Anlagen lukrativ. Eine entsprechende Reform des Einspeisevergütungssystems Anfang 2012 hat daher auch eine regelrechte Investitionswelle ausgelöst. Im Bereich der für Investoren besonders interessanten Windenergieanlagen-Größenordnung von 100 bis 500 KW stieg der Zubau der installierten Kapazität von kumuliert 495 KW im Januar 2011 auf kumuliert 54.460 KW im März 2014 an (8). Der FIT ist analog zum deutschen Fördersystem gestaltet und für einen Zeitraum von 20 Jahren garantiert, aber – im Unterschied zum deutschen Pendant – zu 100 Prozent an die Verbraucherpreisinflation angepasst.

Abgesehen vom möglichen Windertrag und der Vergütungsstruktur hängt die Wirtschaftlichkeit eines Windprojekts aber auch von weiteren Faktoren wie beispielsweise dem Kaufpreisfaktor und dem Windkraftanlagentyp ab. Für den Erfolg eines Windkraftinvestments sind darüber hinaus valide Windgutachten zum entsprechenden Standort sowie ein entsprechendes Risikomanagement ausschlaggebend.


1) UK energy statistics – statistical press release June 2014. Quelle: http://bit.ly/1unMtll
2) German Trade & Invest: Vereinigtes Königreich – Windenergie, 2014. Quelle: http://goo.gl/uR7cVf
3) German Trade & Invest: Branche kompakt – Windenergie Vereinigtes Königreich 2013
4) German Trade & Invest: Vereinigtes Königreich – Windenergie, 2014. Quelle: http://goo.gl/uR7cVf
5) Deutsche WindGuard: Kostensituation der Windenergie an Land Internationaler Vergleich, April 2014. Quelle: http://goo.gl/KExkig
6) EU Energy Policy to 2050, The European Wind Energy Association
7) German Trade & Invest: Vereinigtes Königreich – Windenergie, 2013
8) https://www.gov.uk/government/statistical-data-sets/monthly-central-feed-in-tariff-register-statistics

Quelle: Webseite Aquila Capital

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