Schweizer Immobilienanlagen trotzen Corona-Krise

Schweizer Immobilienanlagen sind in der aktuellen wirtschaftlichen Lage sehr attraktiv. (Bild: Shutterstock.com/swissdrone)
Schweizer Immobilienanlagen sind in der aktuellen wirtschaftlichen Lage sehr attraktiv. (Bild: Shutterstock.com/swissdrone)

Als Folge der Corona-Krise haben sich die wirtschaftlichen Aussichten in der Schweiz eingetrübt. Diese Situation begünstigt gemäss dem neuesten Real Estate Outlook der UBS ein Umfeld von weiterhin sehr niedrigen Zinsen und trägt damit zur Attraktivität von Schweizer Immobilienanlagen bei.

23.06.2020, 05:00 Uhr
Immobilien

Redaktion: alm

Noch vor wenigen Monaten ging man davon aus, dass 2020 ein Jahr mit mässigem, aber positivem Wachstum für die Schweizer Wirtschaft sein würde. Der Ausbruch der globalen Corona-Pandemie führte jedoch zu einer abrupten und dramatischen Abwärtskorrektur der wirtschaftlichen Aussichten. Im Mai fiel das KOF Konjunkturbarometer auf einen Wert, wie er seit der globalen Finanzkrise nicht mehr gemeldet wurde (53,2 Punkte) und der Index für Konsumentenstimmung erreichte im April einen historischen Tiefststand von minus 39,3 Punkten. Vor diesem Hintergrund stellt sich nicht die Frage, ob die Schweizer eine Rezession erleben wird, sondern wie stark diese ausfallen wird. Gegenwärtig ist die Bandbreite der Prognosen gross, aber der Konsens deutet auf eine scharfe Korrektur des realen BIP nach unten von über 3% hin. Überdies besteht Einigkeit, dass der Erholungsprozess nur sehr langsam voranschreiten dürfte.

Verlängerung des extrem tiefen Zinsumfelds

Das hohe Mass an Ungewissheit stützt weiterhin den starken Schweizer Franken. Zusammen mit dem wirtschaftlichen Abschwung und dem jüngsten Einbruch der Ölpreise dürfte dies 2020 und 2021 ein leicht deflationäres Umfeld in der Schweiz zur Folge haben. Dieser makroökonomische Ausblick spricht für eine Fortsetzung der Negativzinspolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und somit für eine Verlängerung des extrem tiefen Zinsumfelds. Aufgrund dieses Trends erwartet Brice Hoffer, Head of Real Estate Research & Strategy – DACH bei der UBS, dass direkte Immobilieninvestitionen in der Schweiz nach wie vor sehr attraktiv bleiben dürften.

Börsenkotierter Markt: Immobilienfondspreise krisenfest

Auch am Markt für börsenkotierte Immobilienfonds bleibt das Anlegerinteresse weiterhin hoch. Der Preisindex des gesamten Schweizer Immobilienfondsmarktes (SXI RE Funds) wies in diesem Jahr bis zum 1. Juni eine leicht negative Entwicklung (-3,3%) auf, während der breite Aktienmarkt (SMI) um 7,4% nach unten korrigierte. Besonders Wohnimmobilienprodukte geniessen hohes Vertrauen. Mit Blick auf die gelisteten Schweizer Immobiliengesellschaften scheint die Anlegerstimmung bisher jedoch vorsichtiger zu sein. Gemäss Hoffer dürfte dies auf zwei Gründe zurückgeführt werden: Viele börsenkotierte konzentrieren Immobiliengesellschaften fokussieren sich eher auf gewerbliche Sektoren, die von den Folgen der Pandemie stärker betroffen sein dürften als der Mietwohnungssektor. Des Weiteren ist die Investorenbasis von börsenkotierten Immobiliengesellschaften internationaler und fokussiert sich mehr auf aktive Anlagestrategien gegenüber börsennotierten Immobilienfonds, was für eine höhere Preisvolatilität spricht. Dieser Effekt verstärkt sich weiter durch die höhere Liquidität von Immobilienaktien.

Mietwohnungen vom Lockdown nicht betroffen

Im Gegensatz zu Gewerbeimmobilien blieb der Mietwohnungsmarkt bislang ziemlich verschont von den Konsequenzen der Corona-Pandemie – die Mietzinszahlungen erfolgten in diesem Sektor auch in dieser aussergewöhnlichen Situation weitgehend normal. In naher Zukunft dürfte die globale Pandemie jedoch zu einem steigenden Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Schweizer Mietwohnungsmarkt führen. Dies aufgrund eines verringerten Einwanderungssaldos, der auf die Verschlechterung der wirtschaftlichen Aussichten sowie auch gesundheitliche Bedenken zurückgeführt werden kann. Trotzdem geht Hoffer davon aus, dass die Transaktionspreise in naher Zukunft stabil bleiben werden. Sollte sich der Trend zum Home Office fortsetzen, geht er ausserdem von höheren Kosten für die betroffenen Mieter aus, denn deren Bedarf nach Platz dürfte sich verstärken.

Stabilisierung des Büroflächenmarktes geht zu Ende

2019 entwickelte sich der Büroflächenmarkt sehr positiv. Die abrupte Verschlechterung der wirtschaftlichen Aussichten aufgrund des Corona-Ausbruchs dürfte die Stabilisierung des Büroflächenmarktes nun unterbrechen. "Die Verschlechterung der Arbeitsmarktdaten dürfte darauf hinweisen, dass Unternehmen ihre Expansionspläne verschieben und Unternehmensinsolvenzen wahrscheinlicher werden", antizipiert Hoffer. Ausserdem hat die These vermehrten Arbeitens von zu Hause aus zunehmende Beachtung erhalten. Eine solche Entwicklung würde die Nachfrage nach Büroraum weiter reduzieren und zu einem tiefgreifenden Strukturwandel in diesem Sektor führen. Angebotsmieten dürften also wieder unter Druck geraten.

Harter Stresstest für Einzelhandelssektor

Auch der Einzelhandelssektor wurde stark von der Corona-Krise getroffen. Mit Ausnahme der Geschäfte für Lebensmittel und andere lebenswichtige Güter mussten alle Einrichtungen fast zwei Monate lang geschlossen bleiben. Der zunehmende Trend zum E-Commerce, die Stagnation der Reallöhne und der Einkaufstourismus in den Grenzregionen fordern den Schweizer Einzelhandel schon seit Jahren heraus. Der Covid-19-Schock dürfte gemäss Hoffer nun zu einer Beschleunigung des Strukturwandels führen, der im Einzelhandel bereits vor Ausbruch der Pandemie stattfand. Insbesondere dürften die Marktmieten stärker unter Druck geraten, die laut MSCI / Wüest Partner 2019 bereits um 2,3% korrigierten, und die Wahrscheinlichkeit von Mietausfällen dürfte sich deutlich erhöhen.

Angesichts dieser erheblichen Herausforderungen auf dem Nutzermarkt erwartet Hoffer, dass Anleger wahrscheinlich eine höhere Risikoprämie verlangen werden, wenn sie über ein Objekt mit Einzelhandelsbezug nachdenken. Dies könnte zu einer Anpassung der Marktwerte führen, vor allem bei Immobilien an sekundären Standorten.

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