Nachhaltiges Wirtschaften – ein unumkehrbarer Zukunftsprozess
Der globale Finanz- und Vermögenssektor nimmt eine Schlüsselrolle im Umgang mit klimabedingten Risiken und Chancen ein. (Bild: ZVG)
Alle reden über Nachhaltigkeit. Der Begriff beherrscht die öffentliche Debatte und spielt auch auf den Finanzmärkten eine immer grössere Rolle. Den Menschen sei zunehmend bewusst, dass der Klimawandel tatsächlich stattfinde und die Menschheit vor grosse Herausforderungen stellt, kommentiert Natasa Stajic von der Zurich Invest AG.
14.07.2020, 10:47 Uhr
Redaktion: rem
In der heutigen dynamischen Welt mit ständigen Veränderungen sind Staaten, Ökonomien und Unternehmen stetigem Druck und Unsicherheiten ausgesetzt. Diese Unsicherheiten erstrecken sich von heutzutage üblichen und bekannten bis hin zu neuartigen und nicht einschätzbaren Risiken. Geopolitische und wirtschaftliche Spannungen könnten die Bemühungen beeinträchtigen, solche Unsicherheiten in zahlreichen Bereichen zu bändigen. "Dies gilt auch und gerade in einem Bereich, in dem ein Scheitern nicht tragbar ist, dem Klimawandel", sagt Natasa Stajic, Betriebsökonomin in Risk & Insurance bei der Zurich Invest AG. Der Klimawandel schreitet schneller und stärker voran, als viele erwartet haben. Zum ersten Mal in der Geschichte des "Global Risks Report" dominieren dieses Jahr, bezogen auf die Eintrittswahrscheinlichkeit klimabezogene Faktoren, alle fünf langfristigen Risiken.
The Global Shapers Risikolandschaft 2020 Umwelt
Quelle: World Economic Forum Global Risks Perception Survey 2019-2020
Doch Nachhaltigkeit bedeutet mehr als Umwelt- und Klimaschutz: Staaten und Wirtschaftsakteuren wird zunehmend bewusst, dass auch soziale Werte wie Sicherheit und Gesundheit der Menschen, sowie gute Unternehmensführung ohne Korruption und Bereicherung ebenfalls notwendig sind für ein nachhaltiges Wirtschaften. Gerade institutionelle Investoren seien als einflussreiche Akteure aufgerufen, Nachhaltigkeitsaspekte in einem umfassenden Sinn bei ihren Investmentprozessen zu berücksichtigen. Sonst müssten sie sich allenfalls in Zukunft dem Vorwurf aussetzen, zu wenig Verantwortung übernommen zu haben, so Stajic.
Traditionell nicht Teil der fundamentalen Finanzanalyse, Zeit für ein Umdenken?
Verantwortungsbewusstes Investieren wird weithin als die Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) in die Investitionsprozesse verstanden. Auf dieser Basis lassen sich Nachhaltigkeit sowie ethische Auswirkungen einer Investition messen. ESG-Faktoren decken ein breites Spektrum von Themen ab. Zwar sind diese bei den meisten Analysten und Portfolio-Managern noch nicht Teil des Investmentprozesses, aber dennoch haben sie oft einen messbaren finanziellen Einfluss auf das Rendite-/Risikoprofil einer Unternehmung.
Wie Stajic weiter ausführt, wird die Frage nach Umwelt- und Klimaverträglichkeit immer bedeutsamer. Doch zusätzlich rücken sowohl soziale als auch unternehmensführende Faktoren immer weiter in den Vordergrund. So müssen Unternehmen verstärkt kommunizieren, wie wirksam sie ihre Mitarbeitenden vor Unfällen schützen, wie sie ihre Lieferketten managen, wie sie ihre Arbeitnehmer behandeln und ob sie eine Unternehmenskultur haben, die Vertrauen schafft und Innovationen fördert.
Warum Handeln gefragt ist
Der globale Finanz- und Vermögenssektor nimmt eine Schlüsselrolle im Umgang mit klimabedingten Risiken und Chancen ein – denn er ist Risikomanager, Risikoträger und Investor zugleich und hat somit Einfluss auf die Entscheidungen von Einzelpersonen, Haushalten, Unternehmen, anderen Finanzinstitutionen und öffentlichen Behörden. "Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, ist es bedeutsam, Massnahmen zu ergreifen und frühzeitig mit dem Adaptionsprozess zu beginnen, um auch künftigen Generationen Chancengleichheit und eine nachhaltige Zukunft bieten zu können", betont Stajic.
Welche nachhaltigen Investitionsansätze gibt es?
Gemäss der "Investment Market Study 2020" von Swiss Sustainable Finance können nachhaltige Investitionsansätze kategorisiert werden (Abbildung 2), und zwar entweder nach ihrem Nachhaltigkeitsfokus oder nach ihrer beabsichtigten Wirkung. Nachhaltiges Investment befindet sich zwischen dem traditionellen Investieren auf der einen und der Philanthropie auf der anderen Seite. Die nachhaltigen Investitionsansätze haben auch eine zeitliche Komponente – sie greifen entweder in der Vorinvestitions- oder in der Nachinvestitionsphase. Wenn man die Investitionsansätze von links nach rechts betrachtet, fällt auf, dass der Anspruch immer höher wird und immer stärker Nachhaltigkeit mit aktivem Handeln verknüpft wird.
Dies lässt sich anhand zweier Beispiele illustrieren: Ausschlüsse sollen lediglich ESG-Risiken mindern und sicherstellen, dass sich Investitionen an persönlichen Werten oder etablierten Normen ausrichten. Impact Investing hingegen hat zusätzlich das Ziel, ESG-Chancen aktiv zu verfolgen und positive Auswirkungen zu erzielen. Dafür werden Beteiligte ausgewählt, die ein soziales/ökologisches Problem lösen können. So möchte man messbare Ergebnisse im Sinne der Nachhaltigkeit erzielen.
Oft werden die verschiedenen Ansätze auch kombiniert. Beispielsweise wird das normbasierte Screening in der Regel in Kombination mit ESG-Engagement und Ausschluss/Exclusion angewandt. In vielen Fällen engagiert sich der Investor bei Unternehmen, die den definierten internationalen Normen noch nicht ganz entsprechen, in der Hoffnung, einen positiven Einfluss auszuüben. Gelingt dies nicht, kann er in einem zweiten Schritt solche Unternehmen aus seinem Portfolio ausschliessen.
Kategorisierung von nachhaltigen Investitionsansätzen
Quelle: Swiss Sustainable Finance, Swiss Sustainable Investment Market Study 2019
Zeit zum Handeln
Der Klimawandel ist eine wissenschaftliche Tatsache. Das erkennen und adressieren zahlreiche Forschungsinstitute, Organisationen und Initiativen. Sie alle rufen zum Handeln auf. "Dieser Verantwortung muss sich auch jeder Finanzdienstleister und Vermögensverwalter stellen und entsprechend Nachhaltigkeitskriterien innerhalb des Investmentprozesses berücksichtigen. So kann er seinen persönlichen Einfluss geltend machen, um für einen grüneren Finanzplatz zu sorgen, die Finanzmärkte positiv zu beeinflussen, das Umweltbewusstsein im Investmentprozess zu steigern und die Politik mit Erfahrungswerten und Hinweisen zu unterstützen", sagt Natasa Stajic.
Besonders in Sektoren mit hoher Emissionstätigkeit verpflichten sich immer mehr Firmen zu Treibhausgasreduktionen im Rahmen der Science-Based-Targets Initiative (SBTi). Dadurch werden mehr Betriebsemissionen gesenkt...
Mehr Risiko für höhere Renditen in den nächsten 30 Jahren
26.02.2021, 05:00 Uhr
Schroders erörtert die 30-Jahres-Renditeprognosen für verschiedene Anlageklassen unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels. Die jüngste Untersuchung unterstreicht laut Expertinnen die Notwendigkeit,...
Schweizer Hypothekargeschäft klar eine Domäne der Banken
25.02.2021, 05:00 Uhr
Der Markt für Immobilienfinanzierungen hat für die Schweizer Banken eine zentrale Bedeutung. Die Experten des IFZ der Hochschule Luzern haben den hiesigen Hypothekarmarkt beleuchtet und kommen zum Schluss, dass die...
Schluss mit drei Mythen über Erträge und ESG-Anlagen
23.02.2021, 10:12 Uhr
Immer mehr Anleger möchten Positives bewirken, während regulatorische Veränderungen zunehmend verlangen, äusserst dynamische ESG-Standards zu erfüllen. Wie also nachhaltige Produkte in das Portfolio integrieren?...
Zentralbanken: Zeit kaufen könnte nach hinten losgehen
22.02.2021, 11:20 Uhr
Die Experten von Invesco rechnen 2021 mit einer zusätzlichen Ausweitung der riesigen Assetkaufprogramme der Notenbanken. Für den diesjährigen Ausblick für Risikoanlagen könne das zwar eine gute Nachricht sein....
UNO-Agenda 2030: Bundesrat sieht Finanzplatz in zentraler Rolle
21.02.2021, 07:00 Uhr
Der Bundesrat hat eine Strategie erarbeitet, wie die Schweiz zur Erreichung der UNO-Agenda 2030 beitragen kann. Dabei hat er dem Finanzplatz eine zentrale Rolle zugeschrieben. Die Bankiervereinigung begrüsst diese...
Im Verhältnis von Kupfer zu Gold spiegelt sich Konjunktureuphorie. Davon sei bei Realrenditen wenig zu spüren. Das liegt nach Meinung der DWS an den Anleihekäufen der Zentralbanken.
60/40-Regel für den Portfolio-Mix: Macht das noch Sinn?
18.02.2021, 15:05 Uhr
Eine Anlagestrategie mit 60% US-Aktien und 40% US-Anleihen galt für amerikanische Anleger seit den 50er Jahren als goldene Regel für den Portfoliomix. Im turbulenten Börsenjahr 2020 konnten US-Anleihen ihrer...
Privatmarktanlagen erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit. Peter Bezak von der Zurich Invest beleuchtet die verschiedenen Formen von Investitionen im Privatmarktsegment und ist überzeugt, dass sie sich bestens...
Nach einem turbulenten Jahr hoffen die asiatischen Märkte zum chinesischen Neujahr auf eine ruhigere Zeit. Die Anlageexperten von BNY Mellon Investment Management und Ninety One sehen grosses Potenzial bei den Trends...