Im Fokus des US-Finanzministeriums: Der Schweizer Franken. (Bild: Shutterstock.com/Vladimir Wrangel)
Seit dem Frühling dieses Jahres erfüllt die Schweiz die US-Kriterien für Währungsmanipulation. Sven Schubert von Vontobel Asset Management ist dennoch der Ansicht, dass eine Intervention vorerst unwahrscheinlich ist. Denn die Schweiz habe gute Verteidigungsargumente.
03.10.2020, 07:00 Uhr
Redaktion: alm
Die Schweiz, eingestuft als Währungsmanipulator? Das könnte bald Realität werden. Denn die Eidgenossenschaft erfüllt derzeit alle drei Kriterien, anhand derer das US-Finanzministerium unfaire Währungspraktiken von US-Handelspartnern beurteilt. Erstens liegt der Leistungsbilanzüberschuss der Schweiz mit 10% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) deutlich über dem von den USA definierten Schwellenwert von 2%. Zweitens ist der bilaterale Handelsbilanzüberschuss der Schweiz mit den USA um 32 Mrd. US-Dollar höher als der Wert, der von den USA als akzeptabel erachtet wird. Drittens deutet die Zunahme der Sichteinlagen von Geschäftsbanken bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in Höhe von 10% des BIP über die letzten zwölf Monate auf Deviseninterventionen in etwa gleicher Höhe hin. Diese Interventionen wurden getätigt, um den EUR/CHF-Kurs im Zuge der Coronakrise über der 1.05-Marke zu halten. Allerdings liegen sie weit über den von den USA festgelegten 2%.
Intervention vorerst unwahrscheinlich
"Dennoch ist es für eine 'Verurteilung' seitens den USA wohl noch zu früh", schätzt Sven Schubert, Senior Investment Strategist bei Vontobel Asset Management. Er basiert diese Einschätzung darauf, dass der Beobachtungszeitraum des längst überfälligen Berichts des US-Finanzministeriums sich auf das Kalenderjahr 2019 beziehen dürfte, in welchem die Schweiz die Interventionsschwelle noch nicht überschritten hatte. "Den Status des Währungsmanipulators könnte die Schweiz daher frühestens im übernächsten Bericht erlangen", folgert Schubert.
Unmittelbare Konsequenzen hätte eine solche "Verurteilung" ohnehin nicht, auch wenn sie dem US-Präsidenten Donald Trump das Recht auf Massnahmen gegen die Schweiz verleihen würde. Einerseits geht der Experte davon aus, dass Donald Trump im derzeitigen US-Wahlkampf einen anderen Fokus als die "Währungsmanipulation" der Schweiz haben dürfte. Zum anderen sei anzunehmen, dass die USA zuerst bilaterale Verhandlungen anstreben würden, wie in Zukunft die Kriterien eingehalten werden sollen. "Zumindest wurde dies in vorherigen Fällen so gehandhabt", kommentiert Schubert.
Sonderfall Schweiz
In solchen Verhandlungen hätte die Schweiz voraussichtlich einen Sonderfallstatus, glaubt der Spezialist: "Zum einen dürfte Einvernehmen darüber herrschen, dass der Franken nicht unterbewertet ist. Der faire Wert zum Euro liegt zwischen 1.17 bis 1.27 Franken. Weiterhin sprechen die meisten Modelle gegenüber dem US-Dollar für eine faire, bis leicht teure Bewertung des Frankens." Zum anderen sei der Leistungsbilanzüberschuss der Schweiz deutlich überschätzt. Dies habe damit zu tun, dass die Schweiz verhältnismässig viele Hauptsitze multinationaler Unternehmen beheimatet. Gemäss Vorgabe des Internationalen Währungsfonds werden dabei bestimmte Besitzverhältnisse dieser ausländischen Investoren der Schweizer Leistungsbilanz gutgeschrieben, was diese verzerrt und aufbläht. Weiterhin sei der Aufwertungsdruck der lockeren Geldpolitik im Ausland – insbesondere in den USA und der Eurozone – geschuldet, welche den historischen Zinsnachteil der Schweiz nahezu habe verschwinden lassen.
"Daran dürfte sich auch in absehbarer Zeit nicht viel ändern. Schliesslich hat das Fed an ihrer Jackson-Hole-Sitzung im Sommer signalisiert, dass die Zinsen für einen längeren Zeitraum tief bleiben werden. Somit gehen wir über die kommenden Jahre von einem anhaltenden Aufwertungsdruck aus, welcher den Franken in Richtung Parität gegenüber dem Euro steigen lassen dürfte", sagt Schubert. Auch gegenüber dem Dollar werde sich der Franken wahrscheinlich behaupten können, wobei davon auszugehen sei, dass der Wert des Dollars 2021 auf unter 0.90 Franken fallen könnte.
Weniger Aufwertungsdruck, stärkerer Euro
Kurzfristig sei anzunehmen, dass der Franken eine Verschnaufpause einlegen und sich eher seitwärts bewegen werde. "Zum einen haben spekulative Investoren starke Long-Positionen aufgebaut, welche im Vorfeld eines volatilen US-Wahlkampfes abgebaut werden könnten. Zum anderen könnte der Effekt globaler Lockerungsmassnahmen auf das weltweite Renditegefüge zum Stillstand kommen", erklärt Schubert. Während sich die Renditen stabilisieren dürften, sei derzeit eine etwas stärker zurückkommende Inflation in der Schweiz zu beobachten. Das reduziere den Aufwertungsdruck auf den Franken, da die reale Verzinsung – also die Rendite minus die Inflation – in der Schweiz im Fallen begriffen sei. "In den vergangenen Jahren war dies der Startschuss für eine temporäre Euroaufwertung gegenüber dem Franken. Ein solches Szenario würde sicherlich auch der SNB gefallen – über ein Zurückschrauben der Deviseninterventionen könnte sie vielleicht doch noch den Stempel des Währungsmanipulators verhindern", meint Schubert abschliessend.
Schweizer Hypothekargeschäft klar eine Domäne der Banken
25.02.2021, 05:00 Uhr
Der Markt für Immobilienfinanzierungen hat für die Schweizer Banken eine zentrale Bedeutung. Die Experten des IFZ der Hochschule Luzern haben den hiesigen Hypothekarmarkt beleuchtet und kommen zum Schluss, dass die...
Schluss mit drei Mythen über Erträge und ESG-Anlagen
23.02.2021, 10:12 Uhr
Immer mehr Anleger möchten Positives bewirken, während regulatorische Veränderungen zunehmend verlangen, äusserst dynamische ESG-Standards zu erfüllen. Wie also nachhaltige Produkte in das Portfolio integrieren?...
Zentralbanken: Zeit kaufen könnte nach hinten losgehen
22.02.2021, 11:20 Uhr
Die Experten von Invesco rechnen 2021 mit einer zusätzlichen Ausweitung der riesigen Assetkaufprogramme der Notenbanken. Für den diesjährigen Ausblick für Risikoanlagen könne das zwar eine gute Nachricht sein....
UNO-Agenda 2030: Bundesrat sieht Finanzplatz in zentraler Rolle
21.02.2021, 07:00 Uhr
Der Bundesrat hat eine Strategie erarbeitet, wie die Schweiz zur Erreichung der UNO-Agenda 2030 beitragen kann. Dabei hat er dem Finanzplatz eine zentrale Rolle zugeschrieben. Die Bankiervereinigung begrüsst diese...
Im Verhältnis von Kupfer zu Gold spiegelt sich Konjunktureuphorie. Davon sei bei Realrenditen wenig zu spüren. Das liegt nach Meinung der DWS an den Anleihekäufen der Zentralbanken.
60/40-Regel für den Portfolio-Mix: Macht das noch Sinn?
18.02.2021, 15:05 Uhr
Eine Anlagestrategie mit 60% US-Aktien und 40% US-Anleihen galt für amerikanische Anleger seit den 50er Jahren als goldene Regel für den Portfoliomix. Im turbulenten Börsenjahr 2020 konnten US-Anleihen ihrer...
Privatmarktanlagen erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit. Peter Bezak von der Zurich Invest beleuchtet die verschiedenen Formen von Investitionen im Privatmarktsegment und ist überzeugt, dass sie sich bestens...
Nach einem turbulenten Jahr hoffen die asiatischen Märkte zum chinesischen Neujahr auf eine ruhigere Zeit. Die Anlageexperten von BNY Mellon Investment Management und Ninety One sehen grosses Potenzial bei den Trends...
Zugang zu Wasser: Grosse Investitionen sind unerlässlich
15.02.2021, 17:44 Uhr
Die globale Erwärmung verursacht zunehmenden Wasserstress. Die UNO prognostiziert, dass bis 2030 mindestens jeder vierte Mensch unter wiederkehrender Wasserknappheit leiden wird. Um die sozialen Folgen zu lindern,...
"Sustainability-Linked Bonds – ethisch oder unethisch?"
14.02.2021, 06:00 Uhr
Nachhaltige, soziale und grüne Bonds sind derzeit stark nachgefragt. Weniger verbreitet sind bisher nachhaltigkeitsgebundene Anleihen, deren Verzinsung vom Erreichen oder Nicht-Erreichen bestimmter...