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Schweiz tut sich schwer bei Rekrutierung ausländischer Spitzenkräfte

Um ausländische Uni- und ETH-Abgänger in der Schweiz zu halten, sollen die Rahmenbedingungen verbessert werden. (Shutterstock.com/N.M.Bear)
Um ausländische Uni- und ETH-Abgänger in der Schweiz zu halten, sollen die Rahmenbedingungen verbessert werden. (Shutterstock.com/N.M.Bear)

In einem Vergleich von Deloitte zwischen acht relevanten Wirtschaftsstandorten ist die Schweiz das Schlusslicht: Die Bewilligungsprozesse, internationale Spitzenkräfte ins Land zu holen, sind kompliziert und aufwendig. Unternehmen scheuen den Papierkrieg mit verschiedenen Ämtern und erfolgreiche ausländische Uni-Abgänger verlassen das Land in grosser Zahl.

13.03.2020, 13:38 Uhr

Redaktion: lek

Der Wirtschaftsstandort Schweiz gehört zwar nach wie vor zu den attraktivsten der Welt, verliert aber kontinuierlich an Boden. Die Kunden des Beratungsunternehmens Deloitte sowie die Mitglieder der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer (Swiss AmCham) beobachten dies in vielen Bereichen. Besonders häufig sind demnach aber Klagen über Hürden, die Anstellungen von internationalen Spitzenkräften im Weg stehen. Die aktuellen Prozesse sind zu kompliziert, gleichzeitig scheiden die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben aus, was den Fachkräftemangel weiter verschärft. Die beiden Organisationen haben sich deshalb zusammengetan und die Rahmenbedingungen von führenden Unternehmensstandorten für den Fachkräfteaustausch verglichen.

Im Ausland tätige Firmen sind wertvoll

Nur 4% aller in der Schweiz ansässigen Firmen sind laut der Untersuchung von Deloitte und Swiss AmCham international tätig. Sie schaffen aber einen Viertel aller Arbeitsplätze, erwirtschaften etwa einen Drittel des Schweizer Bruttoinlandprodukts und bezahlen fast die Hälfte aller Unternehmenssteuern in der Schweiz. Unter diese Kategorie fallen nicht nur Grosskonzerne, sondern auch viele innovative und auf den Weltmarkt ausgerichtete KMU. Alle diese Firmen tragen mit ihrer Innovationskraft entscheidend zur Wettbewerbsstärke und zum Wohlstand unseres Landes bei. Und sie sind in einem grossen Ausmass auf die internationale Mobilität von Arbeitskräften angewiesen – auch von solchen von ausserhalb der EU und der EFTA.

Prozesse in der Schweiz zu kompliziert

Der nicht abschliessende Vergleich von sechs Kriterien bei acht verschiedenen international attraktiven Standorten, den Deloitte durchgeführt hat, zeigt auf: Die Bewilligungsprozesse gerade für junge hochtalentierte Arbeitskräfte und für firmeninterne Mobilität in der Schweiz sind zu aufwendig. Alle Unternehmen müssen die gleichen komplexen Prozesse durchlaufen, egal wie häufig sie um Bewilligungen nachsuchen. Anträge können in den wenigsten Kantonen vollständig online eingereicht, geschweige denn deren Bearbeitung durch den ganzen Bearbeitungsprozess verfolgt werden. Es ist besonders schwierig, Arbeitsbewilligungen für Junge ohne lange Arbeitserfahrung zu bekommen.

"Die Schweiz kann bei den Rahmenbedingungen für die Mobilität von internationalen Spitzenkräften nicht mit Standorten wie Irland, Singapur, Deutschland oder Luxemburg mithalten. In unserem Ranking von acht Ländern landet sie auf dem letzten Platz. Mit verbesserten Rahmenbedingungen liesse sich daher die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Schweiz wirksam steigern und so unseren Wohlstand mehren und Arbeitsplätze schaffen", sagt Reto Savoia, CEO von Deloitte Schweiz. Swiss AmCham-CEO Martin Naville ergänzt: "Es braucht weder eine grundlegende Veränderung des bestehenden Einwanderungssystems noch eine Abschaffung der Kontingente für Arbeitskräfte von ausserhalb der EU und der EFTA. Wir schlagen vielmehr minimalinvasive Anpassungen vor, welche die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz spürbar verbessern – und dies ganz ohne Nebenwirkungen wie Lohndumping, Dichtestress oder grösseren Wettbewerb um Arbeitsplätze."

Vorschläge zur Entschärfung des Fachkräftemangels

Deloitte und Swiss AmCham schlagen verschiedene Massnahmen vor, die das Problem eindämmen sollen: Unter anderem, dass Studierende aus Nicht-EU- oder EFTA-Staaten, die an einer Schweizer Universität mindestens einen Master abgeschlossen haben, während dreier Jahre eine Aufenthaltsbewilligung erhalten und eine Arbeit aufnehmen könnten, ohne dass sie dabei dem Inländervorrang unterlägen.

Weiter sollen Absolventen von Masterstudiengängen in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik von ausgewählten Top-Universitäten weltweit in der Schweiz eine Arbeit suchen dürfen. Sofern sie ausreichende finanzielle Mittel nachweisen können, würden sie eine Aufenthaltsgenehmigung von bis zu drei Jahren erhalten, auch wenn sie noch kein Jobangebot haben. Darüber hinaus sollen Behörden auf kantonaler und Bundesebene die weitgehende Digitalisierung und schrittweise schweizweite Harmonisierung der Bewilligungsprozesse vorantreiben, ohne dass dabei die kantonale Autonomie und Entscheidungsfreiheit unterlaufen wird.

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