Reifeprozess geht weiter, aber externe Risiken drohen

20.07.2007, 14:33 Uhr

Die Besitzer von Anleihen der aufstrebenden Länder Lateinamerikas, Osteuropas und Asiens waren in den vergangenen Jahren vom Erfolg verwöhnt. Im laufenden Jahr war das Umfeld schwieriger. Morningstar analysiert die Schwellenländeranleihen.

Die Krise am amerikanischen Hypothekenmarkt hat den Anleihenmärkten einige Turbulenzen beschert. Die Renditen von US-Staatsanleihen stiegen, wovon auch Schwellenländeranleihen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Sie hielten sich zwar insgesamt wacker, kamen jedoch angesichts zunehmender Risikoscheu der Investoren um Kursverluste nicht herum. Insgesamt liegen Schwellenländeranleihenfonds damit im laufenden Jahr leicht im Minus (Durchschnittswert). Auf Sicht der letzten 5 Jahre steht dagegen immer noch eine Performance von jährlich knapp 8% zu Buche.

Bei den Fundamentaldaten der Schuldnerländer zeichnen sich keine wesentlichen Verschlechterungen ab. Die Emerging Markets sind weiter auf Kurs. Gute Wirtschaftsdaten, getragen durch rege Exportaktivität und hohe Rohstoffpreise, und hohe Devisenreserven verhalfen vielen Ländern zu einer verbesserten Bonität, was in sinkenden Risikoaufschlägen und steigenden Anleihenkursen Ausdruck fand. Hilfreich war auch das niedrige globale Zinsumfeld, höher rentierliche Anlageformen wie Emerging Markets Anleihen waren gefragt.

Auch das Bild auf der Nachfrageseite ändert sich. Viele Schwellenländer sind immer weniger darauf angewiesen, sich an den internationalen Rentenmärkten zu refinanzieren. Im Gegenteil, es häufen sich sogar Rückkäufe, die das Angebot an Emissionen in Hartwährungen (US-Dollar oder Euro) weiter einschränken. Solche Schuldtitel spielen bisher die Hauptrolle in traditionellen Fonds für Schwellenländeranleihen.

Lokalwährungsanleihen dominieren

Stattdessen gewinnen die lokalen Märkte, auf denen Emerging Markets Schuldner in ihrer heimischen Währung Geld aufnehmen können, immer mehr an Bedeutung (so genannte Local Currency Bonds). Darauf entfallen bereits 80% des ausstehenden Anleihenvolumens in der gesamten Anlageklasse. Ihr Anteil dürfte in Zukunft noch steigen. Lokale Anleihen sind für die Schwellenländer eine vergleichsweise dankbare Art der Finanzierung, sind sie doch von einer Währungsabwertung nicht direkt betroffen. Anders bei Hartwährungspapieren. Verliert die heimische Währung gegenüber dem US-Dollar an Wert, kann die Rückzahlungsfähigkeit schnell auf eine harte Probe gestellt werden - die Schuldenkrisen der 90er Jahre lassen grüßen.

Hinzukommt, dass Anleihen in lokaler Währung zunehmend von heimischen Investoren nachgefragt werden. Insbesondere der Ausbau der Altervorsorgesysteme schafft Bedarf für langlaufende Papiere, mit denen zukünftige Rentenzahlungen gedeckt werden können.

Die Verzinsung lokaler Anleihen liegt generell etwas über der vergleichbarer Hartwährungstitel. Die Schuldner nehmen die höheren Finanzierungskosten aber aufgrund der oben genannten Vorteile in Kauf. Investoren sind auf der Suche nach zusätzlichen Diversifizierungsmöglichkeiten und spekulieren darauf, dass die Währung eines Schwellenlandes gegenüber der eigenen Währung aufwertet. Wo Währungsgewinne winken, lauert allerdings auch die Gefahr von Währungsverlusten. Daran dürften sich Anleger in türkischen Lokalwährungspapieren im vergangenen Jahr noch gut erinnern.

Unternehmensanleihen gewinnen an Bedeutung

Während sich Staatsschuldner also an den Hartwährungsmärkten zunehmend rar machen bzw. auf lokale Anleihen ausweichen, nutzen Unternehmen aus den Emerging Markets die Kapitalmärkte verstärkt zur Refinanzierung. Neuemissionen werden mittlerweile mehrheitlich von Unternehmen getätigt. Darunter finden sich natürlich auch staatsnahe bzw. staatlich kontrollierte Gesellschaften wie die russische Gazprom oder der brasilianische Ölkonzern Petrobras. Die Anleihenbedingungen können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Allerdings ist die Branchenvielfalt noch begrenzt. Etwa die Hälfte der Neuemissionen kam im laufenden Jahr aus dem Bankensektor, knapp 20% entfielen auf die Energiebranche.

Gegenwind

So wie das globale Umfeld der Anlageklasse lange Zeit viel Rückenwind lieferte, kann der Wind von externer Seite aber auch drehen. Mehrere kleine Korrekturen gab es schon. Die Risikoneigung der Anleger spielt für Emerging Markets Anleihen eine wichtige Rolle. Für die Anlage in Emerging Markets Schuldtiteln verlangen Anleger aufgrund der höheren Ausfallmöglichkeit eine Risikoprämie. Die Risikoaufschläge gegenüber US-Staatsanleihen sind angesichts der Erfolgsgeschichte der letzten Jahre nur noch sehr niedrig – manche meinen, zu niedrig. Dies störte die Investoren lange nicht, ein Stimmungsumschwung ist aber möglich. Steigen die Renditen an den etablierten Märkten, verlieren risikoreichere Anlagesegmente zusätzlich an Anziehungskraft. Dies sollten Anleger bedenken, bevor sie sich von den Wertentwicklungszahlen der vergangenen Jahre zu sehr blenden lassen.

Fondsverpackung

Die meisten Mitglieder der Morningstar Kategorie „Anleihen Schwellenländer“ investieren (überwiegend) in klassischen Hartwährungsanleihen. In letzter Zeit kamen allerdings auch zunehmend Fonds mit Ausrichtung auf lokale Anleihen auf den Markt. Diese sind meistens am Namenszusatz „Local (Currency)“ zu erkennen.

Mit ersteren setzt der Anleger zum einem auf die höhere Verzinsung einer Emerging Markets Anleihen und zum anderen auf Kursgewinne durch die sich verbessernde Kreditwürdigkeit der Emittenten. Dies drückt sich in abnehmenden Risikoaufschlägen (credit spreads) gegenüber US-Staatsanleihen aus. Fremdwährungsrisiken bestehen für Euro-Anleger gegenüber dem US-Dollar und werden in vielen Fällen durch Absicherungsinstrumente ausgeschaltet.

Lokalwährungsfonds erwerben Anleihen und Devisenterminkontrakte, die auf Emerging Market Währungen basieren. Sie locken durch eine Verzinsung, die nicht nur über der der etablierten Anleihenmärkte liegt, sondern auch die Verzinsung von Hartwährungspapieren übersteigt. Daneben spekulieren Anleger hier auf Kursgewinne, die sich aus positiven Währungsbewegungen sowie der Zins- und Kreditkonvergenz (Angleichung von Inflation und Bonität an das Niveau der etablierten Anleihenmärkte) ergeben.

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