ESG: Druck von Stakeholdern verändert Schweizer Versicherungen

Auch Mitarbeitende pochen darauf, dass vermehrt Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt werden. (Bild: Shutterstock.com/rawpixel)
Auch Mitarbeitende pochen darauf, dass vermehrt Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt werden. (Bild: Shutterstock.com/rawpixel)

Stakeholder-Management ist der Haupttreiber für die Umsetzung ökologischer, sozialer und Governance-Praktiken (ESG) unter Schweizer Versicherungen. Das ergibt eine Umfrage von Aberdeen Standard Investments (ASI) zur Lage der europäischen Versicherungsbranche in Sachen Nachhaltigkeit.

16.06.2021, 08:51 Uhr
Nachhaltigkeit

Redaktion: hf

In der Umfrage nannten 83% der befragten Schweizer Teilnehmer, besonders Lebensversicherer, den Druck von Stakeholdern (Eigentümer, Kunden, Belegschaft, Lieferanten, Staat) als entscheidendes Kriterium für ESG-Massnahmen (Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung). Druck geht aber auch von Nichtregierungsorganisationen und Mitarbeitenden aus. Die Umfrage zeigt überdies, dass zwei Drittel der Versicherungsunternehmen ESG-Erwägungen als wertvolles Risikomanagement-Tool erachten.

Die Regulierung in der Schweiz gestaltet sich in Bezug auf ESG-Aspekte derzeit nicht allzu streng. Im Rahmen der Umfrage gaben 67% der Schweizer Versicherer jedoch an, dass sie sich zukünftig auf strengere Vorschriften vorbereiten wollen.

Portfolioweite Umsetzung

ESG-Praktiken werden von zwei Dritteln der befragten Versicherungsgesellschaften berücksichtigt, am häufigsten in Form von qualitativer Ex-ante-Analysen von ESG-Faktoren. In diesen Fällen sind ESG-Kriterien ein wesentlicher Bestandteil des Anlagerahmens. Die meisten Versicherer (67%) verfolgen portfolioweite ESG-Ziele. Impact- und thematische Anlagen spielen dabei eine wichtige Rolle, wobei 83% der Befragten in diesem Bereich vor allem über Anlagen in grüne Anleihen und in erneuerbare Energieinfrastruktur sowohl in der Schweiz als auch im Ausland aktiv sind.

Über alle Umfrageteilnehmer hinweg wird deutlich, dass ESG-Aspekte je nach Art des Versicherers unterschiedlich stark zum Tragen kommen. Beispielsweise erachten Lebensversicherer, bei denen es sich um langfristige Investoren handelt, ESG eher als einen Risikofaktor statt als Wertchance, da die langfristigen ESG-Herausforderungen wesentliche Risiken für sie darstellen. Sach- und Unfallversicherer weisen dagegen kürzere Anlagehorizonte auf und legen vor allem in sehr liquide Anlageklassen an, weshalb sie die Ansicht vertreten, dass ESG-Faktoren weniger relevant sind.

Die Grossen im Vorteil

Laut Karsten-Dirk Steffens, Head of Distribution Schweiz von Aberdeen Standard Investments, treiben Schweizer Versicherungsunternehmen ESG-Praktiken derzeit stark voran, nachdem sie einige Jahre ihren europäischen Pendants hinterherhinkten. Es beobachtet jedoch eine gewisse Polarisierung: Grosse Unternehmen mit internationaler Präsenz hätten eine klare Führungsrolle. Ihnen komme ihr grösseres Know-how über regulatorische Vorschriften im Ausland zugute.

Kleinere und rein binnenwirtschaftlich orientierte Anbieter hätten aus regulatorischer Sicht bislang keinen Grund, diesen Schritt zu gehen. Sie müssten nun aber auf den zunehmenden Druck der Stakeholder reagieren. Auch zukünftige Änderungen im europäischen Regelwerk würden Anpassungen erfordern, um den von den engagiertesten Akteuren in Europa festgelegten Standards Rechnung zu tragen.

Aus der Umfrage gehen auch höhere Erwartungen an externe Vermögensverwalter hervor. Ein Grossteil der Umfrageteilnehmer (81% der europäischen Versicherer) gab an, seine nachhaltige Anlagepolitik auch auf ausgelagerte Anlagen anzuwenden. Dass ESG-Kriterien zunehmend Bestandteil von Ausschreibungen werden, bejahten 35% der Befragten.

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