Deloitte: «Schweizer Banken fallen bei der Digitalisierung weiter zurück»

Während andere Märkte ihre digitalen Angebote ausgebaut haben, sind Schweizer Banken über die Jahre immer weiter zurückgefallen. (Bild Shutter z/Shutterstock)
Während andere Märkte ihre digitalen Angebote ausgebaut haben, sind Schweizer Banken über die Jahre immer weiter zurückgefallen. (Bild Shutter z/Shutterstock)

Laut einer Studie von Deloitte verlieren Schweizer Retailbanken im globalen Digitalranking weiter an Boden – von Platz 18 im Jahr 2020 fielen sie auf Platz 27 im vergangenen Jahr zurück.

06.03.2025, 10:29 Uhr
Banken

Redaktion: sw

Die aktuelle Digital Banking Maturity Studie von Deloitte analysiert mit einer Mystery-Shopping-Methode über 1’000 digitale Bankfunktionen bei 349 Banken in 44 Ländern, darunter 12 Schweizer Retailbanken mit zusammen über 80 Prozent Marktabdeckung.

Der Rückstand der Schweizer Banken hat sich laut Mitteilung in den letzten Jahren weiter verschärft: Bei der ersten Studie 2018 schaffte es die Schweiz noch in die Top 5. Während andere Märkte ihre digitalen Angebote mit Mobile-First-Strategien, KI-gestützter Kundeninteraktion und innovativen eingebetteten Finanzdienstleistungen ausgebaut haben, sind Schweizer Banken über die Jahre immer weiter zurückgefallen.

Digitales Onboarding umständlich

Immerhin gebe es Fortschritte beim digitalen Konto-Onboarding. Alle ausser einer untersuchten Schweizer Bank bieten mittlerweile eine digitale Kontoeröffnung an. Wartezeiten von mehreren Stunden oder Tagen sind in der Schweiz allerdings keine Seltenheit. Internationale Digitalbanken ermöglichen Kontoeröffnungen mit KI-gestützten Echtzeit-Prüfungen in Sekunden– ähnlich wie Apple Pay oder Google Pay. In der Schweiz hingegen bleiben oft ein Videoanruf oder gar ein Filialbesuch erforderlich.

«Schweizer Banken haben bei digitalen Kontoeröffnungen kleine Fortschritte gemacht, doch im Vergleich mit ausländischen Banken ist der Prozess nach wie vor vergleichsweise kompliziert und langsam. In Ländern wie Grossbritannien reicht ein Selfie und ein Ausweis-Scan für eine KI-Verifizierung und die Kontoeröffnung», erläutert Cyrill Kiefer, Banking Consulting Lead bei Deloitte Schweiz.

Schwache Kundeninteraktion

Das Smartphone etabliert sich als primärer Zugangskanal für Bankgeschäfte, vor allem im Ausland. Ein Beispiel hierfür sind Echtzeit-Benachrichtigungen zu Ausgaben. Doch nur rund ein Drittel der Schweizer Banken bieten diese Funktion. Noch gravierender ist der Unterschied bei intelligenten Sparfunktionen. Nur vereinzelte Schweizer Banken nutzen KI-gestützte Algorithmen, um Sparpläne an das individuelle Ausgabeverhalten anzupassen. Diese Automatisierung funktioniert wie personalisierte Musikempfehlungen von Streamingdiensten basierend auf dem Nutzungsverhalten.

Auch fehlt es Schweizer Mobile-Banking-Apps oft an Basisfunktionen, die die Interaktionen und die Kundenbindung fördern. Interaktive Dashboards, personalisierbare Budgetierungs-Tools oder Echtzeit-Finanzanalysen sind kaum vorhanden. Während digitale Vorreiter KI für automatische Kategorisierung und Spartipps nutzen, müssen Kundinnen und Kunden von Schweizer Banken ihre Ausgaben oft manuell verwalten oder auf externe Apps ausweichen. «Der wahre Wert des digitalen Bankings liegt nicht in der Anzahl der Funktionen, die in eine App gepackt werden, sondern darin, wie gut sie die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden im richtigen Moment erfüllen», ist Cyrill Kiefer überzeugt.

Mehrwertdienste ignoriert

Führende Digitalbanken bieten zweieinhalbmal häufiger Mehrwertdienste wie ÖV-Tickets, Streaming-Abos und Finanzmanagement-Tools an. Schweizer Banken nutzen dieses Potenzial nicht. Besonders auffällig ist der Rückstand bei eingebetteten Versicherungsdienstleistungen: Nur eine untersuchte Schweizer Bank integriert solche Lösungen umfassend. Auch bei der Automatisierung administrativer Aufgaben hinken Schweizer Banken hinterher: Steuerabrechnungen, In-App-Vermögensverwaltung oder One-Click-Rechnungszahlungen sind in vielen globalen Märkten längst Standard.

Während digitale Vorreiter Innovationen schnell umsetzen, bremsen Regulierungen und eine konservative Strategie die Schweizer Banken. Auch fehlt meist eine klare Mobile-First-Strategie. Zudem nutzen digitale Vorreiter Apps als zentrale Schnittstelle, wohingegen Schweizer Apps oft nur E-Banking-Erweiterungen bleiben. Statt in intuitive Oberflächen und Personalisierung zu investieren, setzen viele Banken lediglich auf weitere Features – mit unübersichtlichen und wenig nutzerfreundlichen Apps als Folge.

Banken vergeben Potenzial

Doch nicht nur die Kundenbindung ist laut Deloitte in Gefahr. Auch wichtige neue Umsatzquellen bleiben unerschlossen. Digitale Vorreiter steigern ihre Einnahmen pro Nutzerin beziehungsweise Nutzer durch intelligentes Cross-Selling oder eingebettete Finanzprodukte. Der Mangel an integrierten Versicherungen, Anlageprodukten und Lifestyle-Diensten sei ein wesentlicher Grund dafür, weshalb Schweizer Banken im Vergleich zu den ausländischen Digital Champions Wachstumspotenzial vergeben.

«Banken müssen sich von reinen Zahlungs- und Kontoführungsanbieterinnen zu digitalen Service-Plattformen entwickeln. Finanzmanagement, moderne Direktzahlungssysteme, Abo-Management, Buchungssysteme oder Mobilitätslösungen müssen nahtlos integriert werden, um zum digitalen Alltagsbegleiter zu werden. Wer diesen Wandel nicht mitgestaltet, riskiert eine ganze Kundengeneration zu verlieren», sagt Cyrill Kiefer.

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