Corona-Krise: Staatsinvestoren nutzen einzigartige Kaufgelegenheiten

Staatliche Investoren versprechen sich besonders bei Infrastrukturanlagen attraktive Renditen. (Quelle: Shutterstock.com/Hellorf Zcool)
Staatliche Investoren versprechen sich besonders bei Infrastrukturanlagen attraktive Renditen. (Quelle: Shutterstock.com/Hellorf Zcool)

Staatliche Investoren nutzen freies Kapital, um aus der aktuellen Situation Profit zu schlagen. Besonders gefragt sind Zins- und Infrastrukturanlagen, aber auch Gold. Vor Aktien hingegen scheuen die Investoren zurück. Dies das Fazit einer von Invesco publizierten Studie.

21.07.2020, 05:00 Uhr
Alternatives | ETF | Nachhaltigkeit | Notenbanken

Redaktion: alm

Viele staatliche Investoren seien gut auf die Covid-19-Krise vorbereitet gewesen und würden aufgrund der tiefen Bewertungen und des brachliegenden Kapitalseinzigartige Kaufgelegenheiten in dieser Krise sehen. Als Treuhänder langfristig angelegten Kapitals profitierten die meisten von ihnen zudem davon, dass sie auch in der Krise nicht unter Druck stehen, Anlagen zu verkaufen, um Rücknahmen zu bedienen. Dies geht aus der jährlich erscheinenden Global Sovereign Asset Management Study von Invesco hervor, welche die Einschätzungen von 139 Chief Investment Officers, Anlageklassen-Verantwortlichen und Senior-Portfoliostrategen von 83 Staatsfonds und 56 Zentralbanken analysiert hat, die zusammen ein Vermögen von 19 Bio. US-Dollar verwalten.

Bevor Covid-19 die Märkte auf Talfahrt schickte, waren die durchschnittlichen Aktienallokationen (26%) der staatlichen Investoren Ende 2019 so niedrig wie zuletzt 2013, sowohl im Verhältnis zu ihren Anleiheallokation (34%) als auch gemessen an der gesamten Vermögensaufteilung. Die stärkere Abkehr von Aktien war zum Teil in spätzyklischen Sorgen begründet, die zu einer geringeren strategischen Allokation in diese Anlageklasse führten. 37% der Staatsinvestoren wollen ihre Aktienquoten senken, die Hälfte von ihnen sogar um mehr als 5%. Nur 22% der staatlichen Investoren wollen ihre Aktienallokationen in den nächsten zwölf Monaten ausweiten – und auch dann nur vorsichtig.

Stattdessen setzen sie auf Anleihen und illiquide alternative Anlagen, insbesondere Infrastruktur. In den nächsten zwölf Monaten wollen die Staatsinvestoren weiter in Zinsanlagen investieren, welche traditionell als defensiver Anker gelten. 43% wollen ihre Anleihenquote erhöhen, 43% legen den Fokus vermehrt auf Private Equity und Infrastrukturanlagen und 38% planen, ihr Immobilienengagement auszubauen.

Infrastrukturanlagen und Gold im Trend

Covid-19 hat auch den Trend zu Anlagen in Infrastrukturprojekte beschleunigt, da die Krise zu potenziellen Zwangsverkäufen führt. Aufgrund der hohen Kapitalsummen, die relativ wenigen Deals nachjagen, hielten viele Investoren Infrastrukturanlagen bislang für teuer. Einige betrachten die aktuelle Situation jetzt aber als Chance, um von Verkäufen in Teilsektoren wie etwa Flughäfen zu profitieren. Innerhalb der Anlageklasse Infrastruktur zeigen die staatlichen Investoren das grösste Interesse an den Bereichen Stromerzeugung und -übertragung (54%), wo sie mit den Anlagen ESG-Ziele erreichen wollen. Ausserdem steht der Bereich Kommunikation im Fokus (52%).

In der diesjährigen Untersuchung gaben sowohl die Zentralbanken als auch eine kleine, aber bedeutende Gruppe von Staatsfonds an, ihre Allokationen in Gold erhöht zu haben. Im Schnitt beträgt der Gold-Anteil an den Zentralbankreserven jetzt 4,8% – verglichen mit 4,2% im Jahr 2019. Hauptgrund für diese Umschichtung war das Ersetzen von Anlagen in negativ verzinste Anleihen. Andere, normalerweise häufig genannte Beweggründe wie die Diversifikation, das Ertragspotenzial und die Inflationsabsicherung waren demgegenüber zweitrangig. Anders als viele Zentralbanken hatten die meisten Staatsfonds noch keine bestehende Gold-Allokation. Sie schätzen aber Goldanlagen als gute Möglichkeit zur Absicherung von Inflations- und Extremrisiken mit positiven Korrelationen zu anderen Anlageklassen in "Risk-on"-Szenarien, aber keiner oder nur einer geringen Korrelation in "Risk-off"-Szenarien.

Vier von fünf Zentralbanken, die ihre Gold-Allokationen ausbauen wollen, finanzieren diese Umschichtung mit dem Verkauf bestehender USD-Anlagen – ein deutlich höherer Anteil als für EUR- und GBP-Anlagen. Das verdeutliche das Bestreben der Zentralbanken, ohne Einbussen bei der Liquidität und Konvertierbarkeit eine bessere Diversifikation weg von USD-Anlagen zu erreichen. Besonders auffällig sei dieser Trend unter Banken aus Schwellenländern gewesen, von denen fast 90% ihre Goldreserven auf Kosten ihrer USD-Allokationen aufgestockt haben.

Immer mehr werden inzwischen auch flexiblere Ansätze in Erwägung gezogen. So nutzen 40% Futures, um von deren Flexibilität und potenziellen Erträgen zu profitieren. Gleich viele setzen auf physisch besicherte Gold-ETFs, welche liquider sind als physische Goldanlagen. Diese Vehikel haben in den vergangenen Jahren ein bedeutendes Wachstum verzeichnet – um 80% allein im zurückliegenden Jahr.

Klare ESG-Leitlinien gefordert

Wie die Studie zeigt, sind 83% der Notenbanken und Staatsfonds überzeugt, dass sofortige Massnahmen erforderlich sind, um den Klimawandel zu bekämpfen. Dies kommt auch in den Anlagestrategien sowie der zunehmenden Integration klimabezogener Risiken in den Investmentprozess zum Ausdruck. Am meisten fürchten die globalen Staatsinvestoren eine Zunahme von Naturkatastrophen. Je nach Region unterscheiden sich deren Ansichten jedoch stark.

Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft steht vor allem in westlichen Industrieländern im Fokus. 88% der asiatischen Investoren und 75% jener aus Schwellenmärkten sehen sich überproportional vom Klimawandel betroffen. Das ist ein deutlich höherer Anteil als unter den westlichen Investoren, von denen 33% dieser Ansicht sind.

Nach Ansicht der Befragten gibt es in Bezug auf die ESG-Integration zwar klare regulatorische Vorgaben für Unternehmen, häufig aber keine umsetzbaren aufsichtsrechtlichen Leitlinien für Investoren. Einige Zentralbanken adressieren diese Problematik bereits. Viele argumentieren aber, dass ein grösseres Engagement eine Neuorganisation von Mandaten und Richtlinien zur Berücksichtigung klimabezogener Risiken erfordere, da dies mehreren Banken verfassungsrechtlich untersagt sei. Auch Staatsfonds wünschen sich klarere Vorgaben. So äusserten die Befragten die Ansicht, dass von staatlicher Seite klarere Definitionen bereitgestellt, Anwendungsmethoden skizziert und Parameter für die CO2-Emissionsziele von Portfolios festgelegt werden müssten.

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