04.10.2024, 10:37 Uhr
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Gerüchte gab es schon länger, nun ist es offiziell: Der traditionsreiche Sandalen-Hersteller Birkenstock geht in den USA an die Börse. Eckdaten wie das Volumen der Aktienplatzierung blieben zunächst offen.
Das Handelsblatt hatte zuvor bereits berichtet, das Debüt an der New Yorker Börse sei in der zweiten Oktober-Woche geplant. Dabei sollen voraussichtlich zehn bis 15 Prozent der Anteile verkauft werden. Als Gesamtbewertung seien mindestens acht Milliarden Dollar angestrebt.
Die Ursprünge von Birkenstock reichen nach Unternehmensangaben bis ins Jahr 1774 zurück. Vor fast 250 Jahren habe der Schuhmacher Johannes Birkenstock das Fundament für «eine Schumacherdynastie» gelegt. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als «Erfinder des Fussbetts».
Haupteigentümer ist seit 2021 die Beteiligungsgesellschaft L Catterton, die mit dem Luxuskonzern LVMH (unter anderem Louis Vuitton, Christian Dior) und dessen milliardenschwerem Chef Bernard Arnault verbandelt ist. L Catterton wird nach dem Börsengang die Kontrolle über Birkenstock behalten. An der New Yorker Börse NYSE wird die Firma unter dem Kürzel «BIRK» notiert sein.
Vom einstigen Ökolatschen-Image haben sich die Sandalen längst gelöst, in den vergangenen Jahren entwickelten sie sich immer mehr zum Mode-Accessoire, auch durch Kooperationen mit Edel-Marken wie Dior und Manolo Blahnik. Zum Wandel trugen sowohl Promis, die sich mit den Sandalen zeigten, als auch das Marketing des Unternehmens bei. So wurde vergangenes Jahr ein Paar ausgetretener Birkenstock-Sandalen des Apple-Mitgründers Steve Jobs für mehr als 218 000 Dollar versteigert.
Zuletzt tauchten Birkenstocks in einer symbolischen Rolle im erfolgreichen «Barbie»-Film auf. Dort muss sich Barbie erst zwischen der künstlichen Barbie-Welt und der echten, menschlichen Welt entscheiden und dafür zwischen pinken Pumps und braunen Birkenstock-Sandalen wählen. Später ist sie in pinken Birkenstocks zu sehen. «Hervorragendes Product Placement», lobt Martin Fassnacht, Marketing- und Strategie-Professor an der WHU Otto Beisheim School of Management. «Grandios, besser kann man es nicht machen.»
Im Ende März abgeschlossenen ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres steigerte Birkenstock den Umsatz um 18,7 Prozent auf rund 644,2 Millionen Euro. Unterm Strich blieb ein Gewinn von 40,2 Millionen Euro in den Büchern, nach rund 73,5 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Der Rückgang ging vor allem auf ungünstige Wechselkurse zurück. Das vergangene Geschäftsjahr beendete Birkenstock mit 1,24 Milliarden Euro Umsatz und 187 Millionen Euro Gewinn.
Nord- und Südamerika sind die wichtigste Region mit einem Anteil von 54 Prozent im vergangenen Geschäftsjahr, gefolgt von Europa mit 36 Prozent. Frauen machen 72 Prozent der Kundschaft aus. Den Anteil des Direktvertriebs am Umsatz steigerte Birkenstock von 18 Prozent im Jahr 2018 auf zuletzt 38 Prozent. Das erfolgreichste Design ist das 1973 eingeführte Modell Arizona.
Erstmals aus den Händen der Familie wechselte die Leitung des Unternehmens 2013 an zwei Manager, Markus Bensberg und Oliver Reichert. Die Partnerschaft mit L Catterton 2021 habe Birkenstock bereits mehr Wachstum gebracht, betont Fassnacht. «Die verstehen, wie man Luxusmarken managt, das bringt Geld und Expertise rein.»
Die Familie blieb dabei im Unternehmen. «Damit geht natürlich immer noch einher, dass die DNA und die Seele der Marke weitergelebt werden können», urteilt Fassnacht. Laut dem Experten trägt auch der Wandel in der Modewelt zum Erfolg der Sandalen bei. «Die ganze Mode wird informeller. Die Leute wollen sich wohler fühlen», sagt er. «Mal ist es ein Lederschuh oder ein Pumps und mal ein Birkenstock, sogar bei hochkarätigen Anlässen. Dadurch wurde Birkenstock salonfähiger.»
Mittlerweile verkauft das Unternehmen nicht nur Schuhe, sondern auch Betten und Naturkosmetik. Zum Stichtag 30. Juni beschäftigte Birkenstock rund 6200 Mitarbeiter, davon etwa 4800 auf Vollzeitstellen. Frauen machen 56 Prozent der Belegschaft aus.
Fassnacht sieht Entwicklungspotenzial vor allem ausserhalb Europas. «China, Indien, Brasilien, das sind grosse Märkte.» Der Börsengang könne helfen, Geld für die Expansion dort aufzubringen. «In China und Brasilien sind die Vertriebsstrukturen anders, die Kundenpräferenz ist anders. Das ist schon alles teuer.»