04.10.2024, 15:09 Uhr
Während aktive ETFs in den USA weiterhin ein Riesenerfolg sind, ist ihr Anteil in Europa mit etwas mehr als 2% des gesamten ETF-Volumens von knapp zwei Billionen Euro noch überschaubar. Doch das Segment wächst...
Es deuten viele Zeichen darauf hin, dass die 2020er Jahre ein Value-Jahrzehnt werden könnten. Der Nullzins-Effekt auf die Aktienmärkte lasse nach. Dazu komme das unglaublich grosse Bewertungsgefälle an den Märkten, konstatiert Richard Halle von M&G Investments.
Das zu Ende gehende Jahrzehnt der langlebigen, stabilen und sicheren Vermögenswerte nährte sich in erster Linie vom 40-jährigen Abwärtstrend der Zinssätze. Diese haben nun in den meisten grossen Volkswirtschaften ihren Nullpunkt erreicht. Darüber hinaus scheint es Einigkeit darüber zu geben, dass der Flirt mit negativen Zinssätzen nicht dauerhaft ist. Auch die schwere globale Rezession hat die Zinssätze nicht weiter nach unten gebracht. "Dieser starke langjährige Einflussfaktor ist also so gut wie ausgeschöpft", sagt Richard Halle, Aktienfondsmanager bei M&G Investments.
Auf der anderen Seite sei es durchaus wahrscheinlich, dass die enorme Ausweitung der Zentralbankbilanzen, kombiniert mit den umfangreichen Konjunkturpaketen zur Bekämpfung der Covid-19-Auswirkungen, in nicht allzu ferner Zukunft zu einer Inflation führen könnte. "Das ist kein passendes Szenario für sichere, langlebige Anlagen mit hohen Ratings. Aber auch für unterkapitalisierte Unternehmen ist ein solches Umfeld ungemütlich. Das wiederum sind gute Voraussetzungen für Besitzer sogenannter Hard Assets, wie Rohstoffe oder Immobilien", meint Halle.
Zu den als sicher geltenden Vermögenswerten der letzten zehn Jahre gehören auch die neuen Monopolisten. Besonders fällt das in den USA auf: Facebook, Apple, Amazon, Netflix, Google (kurz FAANG) und ein paar andere zogen mit ihren scheinbar unaufhaltsam steigenden Aktienkursen eine breite Fangemeinde von Investoren an. So weisen die sieben führenden Unternehmen im S&P500-Index mit 25% die gleiche kombinierte Marktkapitalisierung auf wie die 383 Unternehmen am unteren Indexende zusammen. "Bedenklich ist zudem, dass diese sieben Unternehmen weniger als zwei Millionen Mitarbeiter beschäftigen, während der Rest des Index immerhin 11,7 Millionen Menschen in Arbeit bringt", betont Halle. Das werfe folgende Fragen auf: Wenn die FAANGs auch im neuen Jahrzehnt zu den Gewinnern zählen, wieviel Marktanteil haben sie dann noch? Und wie sieht eine Gesellschaft aus, in der die ganz Grossen so ein beachtliches Stück vom wirtschaftlichen Kuchen abbekommen? Welche Form von Demokratie kann in einem solchen Rahmen überleben? "Schliesslich wird sich zeigen, an welchem Punkt Politiker, Regulierungsbehörden und auch Bürger entscheiden, ob ein solcher Status unhaltbar oder unerwünscht ist", sagt der Aktienfondsmanager.
Es sei durchaus möglich, dass die oben beschriebenen Anlegerlieblinge weiterhin von einem extrem starken Kreislauf profitieren, bei dem der anhaltende Anstieg der Aktienkurse das Sicherheitsgefühl der Anleger verstärke – und umgekehrt. "Wir halten es jedoch für wahrscheinlicher, dass der Markt in der veränderten Welt der 2020er Jahre eine vergessene Lektion neu lernen wird: Die bedeutende Rolle der Bewertung eines Unternehmens", so Halle.
Aus seiner Sicht werden die Gewinner und Verlierer des nächsten Jahrzehnts andere sein als die der vergangenen Dekade. Das sei beinahe immer so, wie das Beispiel Microsoft eindrucksvoll beweise. Vor zehn Jahren gehörte die Aktie zu den Verlierern der Börse und wurde bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von nahe zehn gehandelt – heute liegt diese Kennzahl bei über 32.