02.12.2024, 10:49 Uhr
«Europa steht wirtschaftlich unter Druck und muss seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen globalen Wirtschaftsmächten – insbesondere den USA – verbessern», heisst es im neuesten Marktausblick des...
Ist Erdöl eine gute Diversifikation? Ja, sagt Thibaut Dorlet, Senior Multi-Asset Fund Manager von Candriam: im Sinne eines antizyklischen Investments und zur Absicherung gegen geopolitische Spannungen.
Donald Trump und sein politisches Programm dürften den globalen Ölmarkt beeinflussen. Hinzu kommen komplexe geopolitische und wirtschaftliche Faktoren, die die Energielandschaft neu definieren könnten, erläutert Senior Multi-Asset-Fondsmanager Thibaut Dorlet vom globalen Vermögensverwalter Candriam.
Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) wird die weltweite Ölnachfrage 2025 voraussichtlich nur um etwa 1 Mio. Barrel pro Tag (mbpd) auf 103,8 mbpd steigen. Diese Verlangsamung sei Ausdruck der der weniger günstigen wirtschaftlichen Bedingungen, des Abflauens der Post-Covid-Erholung und der Entwicklung hin zu saubereren Energien. Auch China, ein historischer Treiber der Nachfrage, verzeichne eine Stabilisierung seines Verbrauchs, so Dorlet.
Eine sorgfältige Koordination zwischen den Mitgliedern der Opec werde notwendig sein, um das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage aufrechtzuerhalten, da diese Gruppe Marktanteile verliert und die meisten der Mitgliedsländer zusätzliche Einnahmen anstrebten oder benötigten. Nicht ausgeschlossen sei, dass die Opec ihre Produktion 2025 erhöhe, während die weltweite Ölnachfrage bis 2030 ihren Höhepunkt erreichen und dann bis 2035 allmählich zurückgehen dürfte.
2025 dürften viele geopolitische, wirtschaftliche und politische Faktoren den Prei beeinflussen. «Wir erwarten einen durchschnittlichen Brentpreis von etwa 70 Dollar pro Barrel, was leicht über den aktuellen Markterwartungen liegt, aber unter den Kosten vieler neuer Ölprojekte», schätzt der Candriam-Mann.
Auch eine Preisspanne von 50 bis 80 Dollar sei plausibel, je nachdem, wie sich die internationalen Spannungen entwickeln würden (aktuell kostet ein Fass der Sorte Brent rund 79 Dollar).
Das Paradoxon der US-Politik ergebe sich aus den Versprechen des neuen Präsidenten, die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Die Erhöhung der Zölle und die Verschärfung der Einwanderungspolitik, die Eckpfeiler seiner Politik, «sind inflationstreibend», kommentiert Dorlet.
Um die durch diese beiden Politiken angeheizte Inflation auszugleichen, wäre ein Ölpreis von rund 40 Dollar erforderlich. Trumps Versprechen, die US-Ölindustrie zu fördern ("Drill, baby, drill!"), erfordere jedoch einen Ölpreis von 70 Dollar oder mehr, um die US-Unternehmen zu schützen, die im Schieferölgeschäft tätig sind.
Die Spannungen im Nahen Osten bleiben eine potenzielle Quelle für steigende Ölpreise, insbesondere, wenn sich die Konflikte zwischen Israel und dem Iran verschärfen sollten.
«Der Öl- und Gassektor passt sich eine sich verändernde Landschaft an, indem er operativ effizienter wird und die Finanzdisziplin stärkt», betont der Fondsmanager . Candriam sei bei Energieaktien neutral positioniert, fasst er zusammen.
Die Aussichten für Aktien und Anleihen im Ölsektor blieben verhalten, aber das Marktumfeld unterstreiche die Bedeutung von Rohstoffen als Diversifikationsfaktor in einem Portfolio. Selbst, wenn die Prognosen für den Ölpreis rückläufig sind, könne eine Long-Position auf Öl als Absicherung gegen geopolitische Risiken dienen und Investoren eine Form von Schutz bieten, schliesst Candriam-Experte Dorlet seine Betrachtung.