Neuberger Berman sieht Wachstumsrisiko nach EZB-Entscheidungen
Die EZB rechnet nicht damit, dass die kommenden Zinserhöhungen das Wachstum allzu sehr beeinträchtigen. (Bild: Shutterstock.com/Nitpicker)
Die neuen Massnahmen der EZB mit der Ankündigung von Leitzinserhöhungen fielen erwartungsgemäss aus. Der Markt reagierte allerdings negativ. Gleichzeitig nimmt die EZB an, dass ihre kommenden Zinserhöhungen das Wachstum nicht allzu sehr beeinträchtigen werden. Laut Neuberger Berman besteht jedoch ein Wachstumsrisiko.
13.06.2022, 13:16 Uhr
Redaktion: rem
"Die bei der Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am letzten Donnerstag bekanntgegebene, eindeutige Änderung der EZB-Erwartungen hinsichtlich einer Leitzinserhöhung, deutet darauf hin, dass bei einer zukünftigen Sitzung mit einer noch stärkeren Reaktion der Zentralbank zu rechnen ist, falls sie mit einer weiter steigenden Inflationsrate konfrontiert wird. Ein Szenario, mit dem die EZB derzeit nicht rechnet, das aber von den meisten Ökonomen im Zuge der steigenden Energiepreise erwartet wird", sagt Patrick Barbe, Head of European Investment Grade Fixed Income bei Neuberger Berman.
Wie der Anleihenexperte weiter kommentiert, haben die EZB-Massnahmen nur geringe Auswirkungen auf den Inflationsanstieg, solange dieser auf die Importpreise zurückzuführen ist. Die EZB würde allerdings gern die Wirtschaftsakteure von ihrem Einsatz im Kampf gegen die Inflation überzeugen, um die Inflationserwartungen wieder bei 2% zu halten. Es sei äusserst wichtig, dass Privatanleger und Unternehmen ihre wirtschaftlichen Entscheidungen nicht auf der Grundlage höherer Inflationsprognosen treffen.
Wachstumsrisiko besteht
In Zeiten, in denen das deutsche Wirtschaftswachstum mit einem Plus von etwa 8% im Vergleich zum Vorjahr den höchsten Stand seit den 50er Jahren erreicht hat, hat der Kampf gegen die Inflation für die EZB Priorität. Sie lieferte gleichzeitig ihre Wirtschaftsprognosen, die ein höheres Wachstum im Jahr 2024 zeigen. "Das bedeutet, dass sie annimmt, ihre kommenden Zinserhöhungen würden das Wachstum nicht allzu sehr beeinträchtigen", folgert Barbe und fügt hinzu: "Unserer Ansicht nach besteht jetzt ein Wachstumsrisiko, falls die Lohnerhöhungen zu weit hinter der Inflationsrate zurückbleiben oder darunter liegen. Ebenso besteht ein Wachstumsrisiko, wenn die EZB die Kosten unterschätzt, die der Wirtschaft durch einen schnellen Ausstieg aus den negativen Zinsen drohen."
Die neuen Massnahmen dürften seiner Meinung nach zu mehr Unsicherheiten und dann zu Marktvolatilität führen. Da der endgültige Leitzins derzeit bereits bei über 2% prognostiziert wird, werden wir unsere vorsichtige Haltung beibehalten und nur, mit Blick auf deren attraktive Renditen, damit beginnen, mittelfristige Anleihen von Staaten und Unternehmen kaufen.
Instrumente flexibel anpassen
Die EZB hat deutlich gemacht, dass sie bereit ist, alle ihre Instrumente flexibel anzupassen, um sicherzustellen, dass sich die Inflation mittelfristig bei ihrem Ziel von 2% stabilisiert. "Das bedeutet, dass das Ausmass des Zinserhöhungszyklus nur von den Inflationsdaten abhängen dürfte. Ihre neue Inflationsprognose von 2% oder mehr in absehbarer Zukunft rechtfertigt den Anstieg der Leitzinsen bis mindestens zu einem neutralen Niveau, wobei eine grössere Anhebung im September erwartet wird. Das weitere Vorgehen wird von der Entwicklung der Inflation abhängen", kommentiert Barbe.
Reservemanager von Zentralbanken werden beim Anlegen von Devisenreserven vom aktuell schwierigen Marktumfeld genauso herausgefordert wie alle Asset Manager. Und die gleichen Hauptsorgen umtreiben sie: Inflation und...
Schwellenländer haben mehr Spielraum bei Inflationsbewältigung
29.06.2022, 16:51 Uhr
Die Inflation steigt zwar weltweit, die Reaktionen darauf unterscheiden sich allerdings stark zwischen den Industrie- und den Schwellenländern. Unter anderem dank proaktiver Zinserhöhungen seien letztere in einer...
"Die Selbstkorrektur der Zentralbanken wird kommen"
28.06.2022, 12:16 Uhr
Um der Inflation Einhalt zu gebieten und ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, stehen die Währungshüter unter erheblichem Druck, ihren markigen Worten Taten folgen zu lassen, sagt Steve Ellis von Fidelity. Aber...
Bereits seit Monaten orientieren sich sowohl die Aktien- als auch die Anleihenkurse angesichts einer unerquicklichen Kombination von Inflations-, Zins- und Konjunktursorgen gen Süden. Es ist ein ungewöhnlich...
"Die spannendste Lagebeurteilung der SNB seit langem"
16.06.2022, 17:21 Uhr
Nachdem die US-Notenbank bei ihrer gestrigen Sitzung den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte angehoben hat und die Europäische Zentralbank die Finanzmärkte in der Vorwoche auf baldige Zinsschritte vorbereitete, wagte...
Die Nationalbank strafft die Geldpolitik und erhöht den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf −0,25%. Die SNB will mit diesem Zinsschritt dem gestiegenen inflationären Druck entgegenwirken und verhindern, dass...
US-Notenbank erhöht Leitzins um 0,75 Prozentpunkte
16.06.2022, 09:32 Uhr
Die US-Notenbank beschliesst im Kampf gegen die hohe Inflation die höchste Zinsanhebung seit 1994 auf die neue Spanne von 1,5 bis 1,75 Prozent. Die US-Währungshüter signalisierten, dass sie die Zinsen in diesem...
EZB will Spread-Ausweitungen innerhalb der Eurozone bekämpfen
15.06.2022, 16:43 Uhr
Nach den massiven Spread-Ausweitungen seit der EZB-Sitzung in der vergangenen Woche hat am Mittwoch eine ausserplanmässige EZB-Sitzung stattgefunden. Die europäische Notenbank hat ein neues geldpolitisches...
Tech-Titel haben seit Jahresbeginn grosse Wertverluste verzeichnet. Trotzdem habe sich der Sektor gegenüber dem breiten Markt gut behauptet, sagt Esty Dwek von FlowBank. Lohnt sich jetzt der Einstieg?
UBS sieht Ende der Negativzinsen noch in diesem Jahr
13.06.2022, 15:56 Uhr
Eine aggressivere Geldpolitik der EZB gibt auch der SNB die Möglichkeit, die Negativzinsen früher als erwartet hinter sich zu lassen. Die SNB dürfte im September die Leitzinsen um 0,5% und im Dezember um 0,25%...