22.06.2020, 16:08 Uhr
Die Mehrheit der CFA-Mitglieder befürchtet, dass die Weltwirtschaft etliche Jahre benötigen wird, um sich von der Corona-Krise zu erholen. Längerfristig dürfte sich aber die Beschäftigungslage im Finanzsektor...
Eine neue Studie des CFA Institute analysiert die Auswirkungen des Hochfrequenzhandels auf die Marktqualität und Adverse Selection.
Eine neue Studie des CFA Institute (Liquidity in Equity Markets: Characteristics, Dynamics, and Implications for Market Quality) zeigt, dass die Marktqualität hoch, die Handelskosten historisch tief und die Liquiditätsversorgung generell robust ist. Dies dürfte einige weit verbreitete Bedenken hinsichtlich der aktuellen Marktsituation zerstreuen. Ein genauerer Blick auf die Marktstruktur zeigt aber, dass die mangelnde Vielfalt der Liquiditätsversorgung langfristig ein Problem werden könnte. Die Studie legt zudem nahe, dass eine Ausweitung des sogenannten Ticks des minimal möglichen Preisschritts eines Wertpapierkurses die Bemühungen der USA untergraben dürfte, die Liquidität auf offenen Handelsplätzen zu erhöhen.
Liquidity in Equity Markets untersucht zwei wiederkehrende Klagen aus der Investoren-Praxis. Zum einen den Eindruck, dass die gegenwärtige Marktstruktur das Problem der Negativauslese verschärft hat. Demnach leiten Hochfrequenzhändler ihre Handelsaktivitäten während stabiler Marktkonditionen auf sogenannte Dark Pools um, bevor sie wenn die Preise wieder ansteigen auf offene Handelsplätze wechseln. Dies führt oft dazu, dass viele Investoren mit limitierten Aufträgen auf offenen Handelsplätzen auf die falsche Seite des Marktes geraten.
Zweitens geht die Studie auf den Vorwurf ein, dass die ausgewiesene nicht der wirklichen Liquidität entspricht. Diese Situation könnte beispielsweise entstehen, wenn Hochfrequenzhändler zahlreiche limitierte Aufträge duplizieren, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass ein Auftrag ausgeführt wird. Dank ihres Geschwindigkeitsvorteils können Hochfrequenzhändler den überflüssigen Auftrag löschen, bevor dieser wirklich durchgeführt wird.
Anreize für offene Handelsplätze könnten langfristig untergraben werden
Dr. Svi Rosov, CFA, Analyst, Capital Markets Policy am CFA Institute und Autor der Studie, analysierte Daten von 50 gross- und kleinkapitalisierten Aktien aus den USA, Grossbritannien und Frankreich (insgesamt 150 Aktien). Er beobachtete hierbei den Handel und die Angebotsdaten für jede einzelne Aktie über 48 Tage zwischen 2010 und 2014. Die Studie findet Hinweise darauf, dass Anleger an offenen Handelsplätzen von informierten Anlegern übervorteilt werden. Insbesondere in den USA ist dieses Phänomen deutlich zu sehen, wo der Anteil des ausserbörslichen Handels bei stabilen Kursnotierungen doppelt so hoch wie in instabilen Zeiten ist. Gemäss der Studie dürfte dies langfristig die Anreize untergraben, an offenen Handelsplätzen teilzunehmen.
Dieses Fazit sollte jedoch vor dem Hintergrund der historisch niedrigen Handelskosten von Aktien mit grosser Marktkapitalisierung betrachtet werden. Aktien mit geringer Marktkapitalisierung leiden unter höheren Handelskosten, aber selbst diese sind im historischen Vergleich sehr niedrig. Die Studie findet keine Belege für systematische Liquiditäts-Duplizierung über sämtliche untersuchten Märkte hinweg. Die Verfügbarkeit der Liquidität wird unverzüglich wiederhergestellt, was nahelegt, dass der Markt an der Spitze des Orderbuches elastisch ist.
Dr. Rosov kommentiert: Trotz dieses scheinbar rosigen Bildes der modernen Marktstruktur gibt es Bedenken, dass High Frequency Market Makers so effizient sind, dass kein anderer Typus von Marktteilnehmer mit ihnen konkurrieren kann. Dies führt dazu, dass die Limit-Order-Bücher immer einheitlicher werden, mit weniger vielfältigem Liquiditätsangebot, was wiederum ein höheres Risiko bedeutet, dass in turbulenten Zeiten die Marktliquidität sich sehr schnell auflösen kann.