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Der Druck auf die Preise steigt

Bürogebäude sind aktuell deutlich weniger gefragt, zweitklassige Lagen sind stark unter Druck. (Bild Shutterstock/nitpicker)
Bürogebäude sind aktuell deutlich weniger gefragt, zweitklassige Lagen sind stark unter Druck. (Bild Shutterstock/nitpicker)

Die Sorgen vor Refinanzierungsproblemen bei den europäischen Gewerbe-Immobilien werden grösser. Nach dem ersten Zahlungsausfall in Finnland droht weiteres Ungemach.

09.03.2023, 10:30 Uhr
Immobilien

Redaktion: sw

Ausgerechnet Blackstone sah sich kürzlich gezwungen, einen Gewerbeimmobilienkredit in den Default laufen zu lassen. Der Kredit ist Grundlage einer 531 Millionen Euro grossen, mit Gewerbeimmobilien besicherten Anleihe, auch verbrieftes Gewerbeimmobiliendarlehen genannt. Die besicherten Immobilien in diesem Papier waren zu zwei Dritteln finnische Bürogebäude aus den 1980er-Jahren, gelegen in Vororten der grossen Städte. Genau diese Immobilienkategorie leidet derzeit besonders unter starken Preisabschlägen, weil sie sowohl wegen der Lage als auch wegen des energetischen Zustands deutlich weniger gefragt sind. Nicht weniger als 40 Prozent der Fläche der Blackstone-Gebäude standen zuletzt leer.

Es ist laut dem Handelsblatt der erste Ausfall auf dem Markt für verbriefte Gewerbeimmobiliendarlehen in Europa seit der abrupten Trendwende am Immobilienmarkt und ein Vorbote für die Probleme, die in nächster Zeit auf die Branche zukommen werden.

Denn die hohen Finanzierungszinsen und deren Folgewirkungen setzten den Markt zunehmend unter Druck. Von mehreren Seiten würden die Warnungen für den Gewerbeimmobilienmarkt mittlerweile lauter.

Schwierige Umschuldung

Behörden in der EU sowie in den Ländern müssten ihre Überwachung der systemischen Gefahren verbessern, die vom Gewerbeimmobilienmarkt ausgingen, warnte der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB).

Nach Einschätzung der Risikowächter ist der Sektor momentan wegen der hohen Baukosten und Lieferengpässen, vor allem aber im Zuge der steigenden Zinsen und der sich damit verschärfenden Finanzierungsbedingungen in Gefahr. Dies erschwere die Umschuldung bestehender Verbindlichkeiten und die Aufnahme neuer Kredite.

Einige Investoren könnten gezwungen sein, Immobilien zu verkaufen, um fällige Schulden zu bedienen. Die Folge wäre noch mehr Abwärtsdruck auf die Preise mit negativen Auswirkungen für die Finanzstabilität, warnen die Risikowächter.

Bislang sind die Preise auf dem Gewerbeimmobilienmarkt zumindest in Deutschland noch moderat gefallen. Laut dem Verband der Pfandbriefbanken gingen die Preise hier im vierten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,4 Prozent zurück. Grössere Abschläge gab bei Einzelhandelsobjekten mit einem Minus von 9,1 Prozent auf Jahressicht.

Im restlichen Europa sind die Abschläge teils grösser, unter anderem weil in manchen Ländern zu einem höheren Anteil mit variablen Zinsen finanziert wird, die stark gestiegenen Zinsen also schneller auf den Markt durchschlagen.

Tiefe Bewertungen

Aufgeschreckt hat die Branche unter anderem der Fall des Rock Shopping Centers in Bury, einer britischen Stadt in der Nähe von Manchester. Die Shopping-Mall wurde kürzlich nur noch mit 39,5 Millionen Pfund bewertet, ein Rückgang von 54 Prozent im Vergleich zu Juli 2019.

Ein Drittel dieser sogenannten Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS), die in diesem oder im kommenden Jahr auslaufen, hätten grosse Refinanzierungsrisiken. Hauptgrund für die Risiken ist laut Scope die Gefahr, dass die erwarteten Cashflows, die vor allem aus Mieteinnahmen bestehen, zu niedrig sind, um die Anforderungen der Kreditgeber an die neuen Finanzierungskonditionen zu erfüllen.

Mathias Pleissner, bei Scope für die Studie mitverantwortlich, macht deutlich: «Der CMBS-Markt ist in Europa mit derzeit knapp acht Milliarden Euro zwar überschaubar, die Herausforderungen für deren Refinanzierungen gelten aber für den gesamten Immobilienmarkt in Europa.»

Sei eine Refinanzierung nicht mehr möglich, stehe im schlimmsten Fall die Veräusserung der Immobilie in einem ungünstigen Marktumfeld an, was sowohl für den Kreditnehmer als auch -geber Verluste bedeuten könne, sagte Pleissner.

Notverkäufe nötig

Genau dieser Fall tritt jetzt für Blackstone in Finnland ein, also jene Situation, vor der auch die EU-Risikowächter warnen. Eine Blackstone-Sprecherin sagte der Nachrichtenagentur Bloomberg: «Wir sind enttäuscht, dass unser Refinanzierungsvorschlag nicht angenommen wurde. Wir haben alles versucht und sind überzeugt davon, dass er die beste Lösung für die Anteilseigner gebracht hätte.»

Blackstone wollte die Kreditlaufzeit um ein Jahr verlängern, um einen Teil der Objekte zu verkaufen und einen weiteren Teil für einen Verkauf vorzubereiten. Florent Albert, Co-Autor der Scope-Studie, vermutet, dass «die Anteilseigner nicht davon überzeugt waren, dass zwölf Monate ausreichen, um einen Plan umzusetzen».

Johannes Haecker, Vorstandschef von Empira Financial Services, einem Investmentmanager, der auch als Kreditgeber auf dem Immobilienmarkt aktiv ist, sagt: «Im gewerblichen Markt sind die Herausforderungen bei Finanzierungen deutlich höher als im Wohnimmobiliensektor. Unsere Einschätzung ist, dass einige, vor allem ältere Objekte in schwächeren Lagen schlichtweg nicht mehr finanzierbar sein werden.»

Non-Performing Loans

Während klassische Immobilientransaktionen deutlich zurückgegangen sind, boomt das Geschäft mit notleidenden Immobilienkrediten, den Non-Performing Loans (NPL). Alexandre Grellier, CEO von Drooms, berichtet: «Non-Performing Loans werden gehandelt wie selten zuvor. In den letzten neun Monaten konnten wir in den Drooms-Transaktionsdatenräumen einen Zuwachs von NPL-Transaktionen um 20 bis 25 Prozent beobachten.»

«Restrukturierer und NPL-Experten können sich nach langer Durststrecke auf ein lebhaftes Geschäft einstellen», ist sich Grellier sicher.

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