Eindrückliche wirtschaftliche Erholung im Jahr 2021

Marc Brütsch, Chefökonom, Swiss Life
Marc Brütsch, Chefökonom, Swiss Life

Marc Brütsch, der Chefökonom von Swiss Life, kommentiert das Wirtschaftsjahr 2021 und blickt auf 2022. Brütsch erwartet, dass ein grosser Teil des aktuellen Teuerungsschubs temporär bleiben wird, die Anstrengungen zur Dekarbonisierung der Wirtschaft aber ihren Preis haben werden.

16.12.2021, 10:28 Uhr

Autor: Marc Brütsch, Chefökonom,
Swiss Life

Auch das Wirtschaftsjahr 2021 stand unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Gerade in den reichen Ländern Europas und Nordamerikas erlaubte die Impfung weiter Teile der Bevölkerung in Kombination mit grosszügiger Geld- und Fiskalpolitik eine rasche Erholung der Wirtschaft. In der Schweiz kehrte das Bruttoinlandsprodukt zur Jahresmitte wieder auf das Vorkrisenniveau zurück. Erneut ansteigende Fallzahlen sorgten im Jahresverlauf wiederholt für temporäre Eindämmungsmassnahmen. Deren gesamtwirtschaftliche Konsequenzen waren jedoch deutlich geringer als noch im Frühjahr 2020.

«Zero-Covid» Strategien in vielen asiatischen Ländern bremsten dort den Aufschwung. Zudem fiel die Geldpolitik in den Schwellenländern weltweit weniger expansiv aus als in Europa und den USA. Diese asynchrone Entwicklung in den Industrie- und Schwellenländern ist auch an der Kursentwicklung der Aktienmärkte im Jahresverlauf 2021 abzulesen.

Inflationsängste wurden im Frühjahr zum vorherrschenden Thema an den Finanzmärkten. In den USA und Deutschland kletterte die Jahresteuerung im Schlussquartal 2021 auf 6%. Die Notenbanken reagierten auf diese Entwicklung mit der Ankündigung eines graduellen Ausstiegs aus ihrer expansiven Geldpolitik.

Inflation als Marktthema

Vier Faktoren sorgten für die Rückkehr der Inflation als Marktthema: Erstens sorgte der Stillstand der Weltwirtschaft im Vorjahr für einen Einbruch der Energiepreise. Die Rückkehr zu normalen Preisniveaus am Rohwarenmarkt erklärt mehr als die Hälfte des Anstiegs der Verbraucherpreise in Europa. Dieser Basiseffekt wird 2022 aus der Rechnung verschwinden. Zur gleichen Zeit sorgte die Unterstützung von Geld- und Fiskalpolitik für einen Nachfrageschock, welchem nur verzögert mit einer Ausweitung des Angebots begegnet werden kann. Es ist aber absehbar, dass sich die Knappheitssituation allmählich entspannt. Die Preise für Bauholz sind bereits deutlich gefallen, die Reedereien erhöhen ihre Transportkapazitäten massiv und auch aus der Halbleiterindustrie wird von Rekordausstossmengen und einer Ausweitung der Kapazitäten berichtet.

Ein vierter Grund für die höhere Inflation dürfte uns allerdings noch länger begleiten: Die Anstrengungen zur Dekarbonisierung der Wirtschaft haben ihren Preis. Eine Angebotsausweitung seitens der Produzenten fossiler Energie ist nicht mehr erwünscht. Alles in allem ist deshalb zwar zu erwarten, dass ein grosser Teil des aktuellen Teuerungsschubs temporär bleiben wird. Die Inflationsraten werden sich aber in den kommenden Jahren in der Nähe der Zielwerte der Notenbanken und damit auf einem höheren Niveau als vor der Pandemie einpendeln.

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