Unterschätzte Beschäftigungseffekte der Finanzindustrie

Die Digitalisierung zeigt im Schweizer Finanzsektor erste Konsequenzen. (Bild. Pixabay)
Die Digitalisierung zeigt im Schweizer Finanzsektor erste Konsequenzen. (Bild. Pixabay)

Der Finanzplatz Schweiz verfügt zwar über gute Aussichten, kämpft aber mit einem anhaltenden Margendruck. Diesem wird mit steigender Automatisierung sowie Outsourcing begegnet, was sich in tendenziell sinkenden Beschäftigtenzahlen spiegelt. Dafür wächst das Jobangebot in Zulieferbranchen.

13.06.2019, 10:00 Uhr
Finanzplätze

Redaktion: ras

Laut Bundesamt für Statistik (BfS) sank die Zahl der Beschäftigten im Bereich Banken und Finanzdienstleistungen seit Ende 1991 von 125'000 Vollzeitäquivalenten auf weniger als 105'000. Ein Minus von 16% innert weniger als 30 Jahren! Im Versicherungsbereich reduzierte sich diese Ziffer sogar um 18%, von gut 50'000 auf mittlerweile noch 41'000 Vollzeitstellen. Doch dieser Verlust um rund 30'000 Stellen trügt. Denn die mit Finanz- und Versicherungstätigkeiten verbundenen Unternehmen erhöhten die Zahl ihrer Beschäftigten in diesem Zeitraum um mehr als 45'000 Jobs, nämlich von 12'600 auf über 58'000 Mitarbeitende. Das Total erreichte 2011 mit fast 220'000 Beschäftigen den Zenit. Seither tendiert diese Zahl leicht abwärts und fiel mittlerweile unter 205'000.

Outsourcing sorgt für neue Jobs

Gemäss der jährlich vom Banken- und Versicherungsverband in Auftrag gegebenen Studie zu seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung beschäftigt der Finanzsektor dank seiner Verflechtung mit Zulieferbranchen indirekt sogar zusätzliche 250'000 Personen. Gut 170'000 davon entfallen auf Banken und über 80'000 auf Versicherungen. Insgesamt spricht die Studie von mehr als 460'000 Stellen, zu denen der Finanzsektor in der Schweiz beiträgt. Auch diese Daten spiegeln eine zunehmende Verlagerung aus den Kerngebieten Banken bzw. Versicherungen zu Vorleistungsbranchen hin, was die genaue statistische Erfassung erschwert. Dieser Trend wird durch die Digitalisierung bzw. Automatisierung akzentuiert. Die Studie geht von einem weiteren Beschäftigungswachstum in den Vorleistungsstufen aus. Im Versicherungsbereich selbst wird in den nächsten Jahren noch ein abgeschwächtes Beschäftigungswachstum von 0,9% pro Jahr erwartet und im Bankensegment ein Arbeitsplatzabbau um 0,6% per annum.

Einen interessanten Hinweis zur Arbeitsmarktsituation auf dem Finanzplatz Schweiz liefert ausserdem eine gerade publizierte Studie von Professor Rudolf Minsch, Chefökonom von economisuisse. Er weist darauf hin, dass der liberale Arbeitsplatz der Schweiz für eine sehr gesunde Dynamik sorgt. Diese werde oft unterschätzt, weil Entlassungen besser wahrgenommen würden als die Schaffung neuer Stellen. Deshalb nehme auch die Angst vor Arbeitsplatzverlust zu, obwohl der technologische Wandel und Strukturumbrüche stets auch neue Arbeitsplätze generiert haben. Allerdings steige vor allem die Nachfrage nach höher qualifizierten Arbeitskräften.

Strukturwandel bringt Stellenwachstum

Minsch betont, dass in der Vergangenheit Stellenabbau stets durch die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen mehr als ausgeglichen worden sei. 2016 z.B. seien in der Schweiz fast 440'000 Stellen abgebaut worden seien, 35% davon wegen Betriebsschliessungen. Dem standen 490'000 neuen Jobs gegenüber, wovon 33% durch Firmengründungen geschaffen wurden. Die höchste Dynamik mit dem grössten Nettowachstum verzeichneten die Bereiche Pharma, Personalvermittler, IT sowie freiberufliche wissenschaftliche und technische Tätigkeiten. Aber auch die Finanz- und Versicherungsdienstleister gehörten 2016 zu den Nettogewinnern: Die 7'020 abgebauten Stellen wurden durch 7'156 mehr als kompensiert. Dazu kommen, wie oben erwähnt, die von der Finanzindustrie geschaffenen Jobs in Zulieferbetrieben, die hier nicht quantifiziert werden.

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