Finanzmarkt hat in der Klimapolitik noch Luft nach oben

An einem früheren Test nahmen nur Pensionskassen und  Versicherungen teil, jetzt ist es die ganze Branche, auch die Grossbanken am Paradeplatz (Bild: Shutterstock.com/Pixelion)
An einem früheren Test nahmen nur Pensionskassen und Versicherungen teil, jetzt ist es die ganze Branche, auch die Grossbanken am Paradeplatz (Bild: Shutterstock.com/Pixelion)

Erstmals hat sich der gesamte Schweizer Finanzmarkt auf Klimaverträglichkeit testen lassen. Die Resultate zeigen erste Fortschritte, verfehlten aber noch das Ziel, wenn der Finanzplatz eine führende Rolle im Bereich nachhaltiger Finanzflüsse einnehmen soll, folgert das Bundesamt für Umwelt BAFU, das den Test initiiert hat.

09.11.2020, 12:30 Uhr
Finanzplätze

Redaktion: hf

Das Bundesamt für Umwelt BAFU hat zusammen mit dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF einen neuen Klimaverträglichkeitstest durchgeführt. Daran haben 179 Finanzinstitute teilgenommen, erstmals auch Banken und Vermögensverwaltungen. Das sind mehr als doppelt so viele wie beim letzten Test 2017, der nur Pensionskassen und Versicherungen offenstand. Die Ergebnisse gelten als repräsentativ für den gesamten Schweizer Finanzmarkt.

Die Resultate des Klimatests 2020 zeigen, dass der Test 2017 nachweislich zu mehr Transparenz für Finanzinstitute bezüglich klimaschädigenden und - freundlichen Investitionen geführt und konkrete Handlungen ausgelöst hat, betont der Bund. Die Hälfte aller Teilnehmenden an beiden Testrunden hätten in der Folge Klimamassnahmen ergriffen und schnitten nun im Durchschnitt klimafreundlicher ab als die Konkurrenz.

Klimastrategien im Aufwind, Umsetzung jedoch ungenügend

Insgesamt investiert der Schweizer Finanzplatz heute viermal mehr finanzielle Mittel in Unternehmen, die Strom aus fossilen Quellen wie Kohle und Gas erzeugen, als sie in Produzenten von erneuerbarem Strom investiert. 80% der Teilnehmenden halten Wertpapiere von Gesellschaften in ihren Portfolios, die Kohle abbauen. Dabei unterstütze der Schweizer Finanzplatz im Durchschnitt einen zusätzlichen Ausbau der internationalen Kohle- und Erdölförderung, hält das BAFU fest. Das laufe dem Klimaziel zuwider. Es gibt aber auch Fortschritte zu verzeichnen: Verschiedene Finanzinstitute hielten vermehrt Titel von Unternehmen in ihren Portefeuilles, die erneuerbare Energien und Elektromobilität ausbauen.

In der ergänzenden Befragung zum Test gaben über zwei Drittel der Teilnehmenden an, eine Klimastrategie zur verfolgen. Damit diese Wirkung zeigt und Kunden genügend über Klimarisiken und Auswirkungen ihrer Investitionen informiert sind, besteht aber Handlungsbedarf: Mehr als die Hälfte der Institute, die eigenen Angaben zufolge Kohle bei ihren Investitionen ausschliessen, halten noch Aktien und Obligationen von Unternehmen, die Kohle abbauen oder Kohlestrom produzieren. Obwohl ein Drittel der Institute angibt, die Klima- und Nachhaltigkeitsziele ihrer Kundinnen und Kunden zu berücksichtigen, greifen nur 5% das Thema regelmässig von sich aus auf. Die meisten befragen ihre Kundinnen und Kunden erst auf deren Nachfrage.

Weitere Anstrengungen sind nötig

Die Schweiz soll gemäss Bundesrat ein führender Standort für nachhaltige Finanzdienstleistungen werden. Damit der Finanzplatz seinen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leistet, bedürfe es noch mehr konkrete Massnahmen der Finanzbranche, heisst es in dem Bericht.

Grossen Einfluss auf die direkte Emissionsverminderung können Besitzerinnen und Besitzer von Immobilienportfolien nehmen. Pensionskassen planten heute bei 30% ihrer Gebäude eine Umstellung von fossilen auf erneuerbare Heizsysteme. Hingegen gaben die anderen Finanzbranchen lediglich für ein bis zwei Prozent ihrer Liegenschaften solche Massnahmen an.

Zusammen mit den Testergebnissen wird den Finanzinstituten ein interaktiver Leitfaden (der sog. Climate Action Guide) zur Verfügung gestellt. "Dieser hilft dabei, wirksame Klimamassnahmen zu planen und umzusetzen", kommentiert das BAFU. Mehr Transparenz und eine regelmässige Fortschrittsmessung blieben wichtig. Der nächste Klimaverträglichkeitstest ist für 2022 geplant.

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