20.12.2024, 10:54 Uhr
Aus der Krise der Credit Suisse und der von den Behörden erzwungenen Notfusion der Grossbank mit der UBS sollen Lehren gezogen werden. Dieser Ansicht ist die parlamentarische Untersuchungskommission. Sie hat ihren...
Die seit Sommer auf den Finanzmärkten anhaltenden Turbulenzen sind noch nicht ausgestanden. Bisher wurden die Schwellenländer kaum in Mitleidenschaft gezogen, da sie generell auch weiterhin von den hohen Rohstoffpreisen profitieren. Dagegen befinden sich die Eurozone, vor allem aber die USA, im eisernen Griff der Krise. Welche Folgen sind zu erwarten? Ist eine Rezession jenseits des Atlantiks noch vermeidbar? Ist der Aufschwung in Europa in Gefahr?
In den USA hat sich das Wirtschaftswachstum hauptsächlich aufgrund der rückläufigen Investitionen in Wohnimmobilien abgeschwächt. Nachdem eine erste Schockwelle die Marktteilnehmer infolge der sich verschlechternden Bonität der an äusserst finanzschwache Schuldner vergebenen Hypothekenkredite zum Jahresanfang verunsichert hatte, wurde das US-amerikanische Finanzsystem im Sommer von einem zweiten Beben mit erheblich gravierenderen Folgen erschüttert: Alle Segmente des Kreditmarktes wurden schliesslich von der Krise erfasst. Auch wenn die finanzielle Solidität der Banken insgesamt gesichert zu sein scheint, spüren die Banken die Folgen dieser Störfeuer. Angesichts der gegenwärtigen Turbulenzen haben sie jedoch mit der Verschärfung ihrer Kreditvergabekonditionen begonnen.
Es besteht somit die Gefahr, dass sich diese Tendenz fortsetzt und die US-Wirtschaft in eine Rezession abgleitet. In den kommenden Monaten kann die Federal Reserve aber noch mit einem hohen Einkommenswachstum der privaten Haushalte und einem Anstieg der Unternehmensinvestitionen rechnen. Auch dürfte der sinkende Dollarkurs die Abschwächung der Inlandsnachfrage teilweise abfangen. Die Normalisierung des Geldmarktes und die Vermeidung einer weiteren Verschärfung der Kreditbedingungen haben somit oberste Priorität.
Die Federal Reserve hat zusätzliche Liquiditäten zur Verfügung gestellt und ihre Leitzinsen gesenkt, um der Krise entgegenzusteuern. Sie weiss, dass eine schnelle Intervention erforderlich ist, um die Stabilität des Finanzsystems zu sichern. In den nächsten Monaten muss die Federal Reserve aber ihre Geldpolitik so abstimmen, dass die langfristigen Zinsen der US-Schatzanleihen niedrig bleiben und die Zinssätze für Kredite an Unternehmen und private Haushalte sinken. Obwohl die Rezessionsrisiken mittlerweile hoch sind, zeigt sich die US-Wirtschaft widerstandsfähig, so dass eine sanfte Landung das wahrscheinlichste Szenario bleibt.
In der Eurozone sind Anzeichen für eine Verlangsamung der Konjunktur erkennbar. Die in den letzten Monaten zwar rückläufigen Ergebnisse der Geschäftsklimaumfragen bei den Unternehmenschefs verharren jedoch nach wie vor auf hohen Niveaus, und die Unternehmen dürften aufgrund der angespannten Produktionskapazitäten weiter investieren. Auch dürfte die rückläufige Arbeitslosenquote den Konsum stützen. Hauptrisiko für das europäische Wachstum ist der Anstieg des Euro-Wechselkurses, der die Perspektiven für die Exportwirtschaft allmählich eintrübt.
Wie in den USA haben auch die europäischen Banken mit einer Verschärfung ihrer Kreditvergabebedingungen begonnen. Das Aufflackern der Inflation setzt die EZB jedoch unter Druck: Bei einer Inflationsrate von nahezu 3% kann sie ihre Geldpolitik kaum lockern; gleichzeitig würde eine Zinssenkung dem Euro aber den Weg für eine Abwertung insbesondere gegenüber dem US-Dollar und dem Pfund Sterling ebnen. Da die Beschleunigung der Inflation in erster Linie auf volatilen Komponenten beruht und die Lohnstückkosten gedämpft bleiben, dürfte die EZB allmählich von ihrem geldpolitischen Kurs abweichen und 2008 möglicherweise sogar eine Zinssenkung um 25 Basispunkte ins Auge fassen.