Einheimische Anleger als Stütze des Schweizer Finanzplatzes

Die Flucht ausländischer Privatanleger aus der Schweiz hält an. Die Schweizer bilden schon seit mehr als einem Jahr die wichtigste Kundschaft der hiesigen Privatbanken und Vermögensverwalter. Aber auch die ausländischen Institutionellen halten sich zurück. Sie dürften demnächst von ihren Schweizer Kollegen überholt werden. Damit avancieren die Schweizer zur wichtigsten Klientel des hiesigen Finanzplatzes. Ein Markstein in der Schweizer Finanzgeschichte.

22.09.2016, 15:39 Uhr
Notenbanken

Autor: Ralph Spillmann

Gemäss neuesten Daten der Schweizerischen Nationalbank verwalteten die in der Schweiz domizilierten Banken in ihren Wertpapierdepots per Ende Juli 2016 Vermögen im Wert von 5‘444 Mrd. Fr. Damit befinden sie sich auf dem Niveau vom Oktober 2007, aber unter dem Allzeithöchst, welches im November 2015 mit 5‘661 Mrd. Fr. markiert wurde. Ende Oktober 2007 erreichten die Depots mit 5‘420 Mrd. Franken ihr damaliges Höchst, bevor sie im Soge der globalen Finanzkrise auf ein Tief von 3‘675 Mrd. Franken sanken (im Februar 2009).

Allerdings hat sich die Eigentümerschaft der Vermögen seit der Finanzkrise markant verändert. So betrug der Anteil der Privatkunden am Gesamtvermögen im Oktober 2007 noch gut 30%, derjenige der Institutionellen knapp 60%. Heute machen die privaten Vermögen nur noch 18% aus, sind sie doch von 1‘670 Mrd. Franken auf 992 Mrd. Franken geschrumpft. Der Anteil der Institutionellen hat sich demgegenüber auf fast 77% erhöht; ihre Vermögen schnellten von 3‘203 Mrd. auf 4‘184 Mrd. Franken empor.

Grafik: fondstrends (Datenquelle: SNB)

Auffallend ist vor allem die Flucht der ausländischen Privatkunden aus der Schweiz. Deren Depotvermögen hat sich seit Oktober 2007 bis Juli 2016 von 1‘070 Mrd. auf nur noch 471 Mrd. Franken mehr als halbiert (-56%). Auch die ausländischen Institutionellen halten sich zurück. Immerhin sind ihre Vermögen von 1‘925 Mrd. auf 2‘195 Mrd. Franken gestiegen, ein Plus von 14% bzw. 270 Mrd. Franken. Dies genügte allerdings nicht, um das Minus der ausländischen Privatkunden von rund 600 Mrd. Franken auszugleichen. Der Anteil der ausländischen Anleger am Gesamtvermögen ist in der Betrachtungsperiode von 60% (3‘233 Mrd. Franken) auf 50% (2‘747 Mrd. Franken) gefallen.

Markstein in der Schweizer Bankengeschichte
Dass die Wertpapierdepots der in der Schweiz domizilierten Banken also wieder das Vorkrisenniveau erreichten, ist – neben der Marktperformance – vor allem den anhaltenden Nettomittelzuflüssen inländischer Investoren zu verdanken. Deren Anteil hat sich von 40% (2‘187 Mrd. Franken) auf fast 50% (2‘697 Mrd. Franken) erhöht. Die Differenz zwischen den inländischen und den ausländischen Depots ist damit von mehr als 1'000 Milliarde Franken auf marginale 50 Mrd. Franken gefallen. Sehr bald dürften die Inländer die wichtigsten Kunden der Schweizer Banken sein: ein wichtiger Markstein in der Schweizer Bankengeschichte.

Bei den Privatkunden ist dies schon passiert. Die inländischen Privatkunden dominieren die ausländischen schon seit Januar 2015. Seit damals erhöhten sich ihre Depotbestände leicht von 513 Mrd. auf 522 Mrd. Franken. Vor der Finanzkrise, im Oktober 2007, lagen sie noch bei 600 Mrd. Franken. Die in der Schweiz verwalteten Depotvermögen der Ausländer erreichten damals Rekordwerte von bis zu 1‘070 Mrd. Franken. Im Januar 2015 waren es 509 Mrd. Franken. Heute sind es noch 471 Mrd. Franken. Die Vertreibung aus dem (Steuer)Paradies zeigt sich deutlich.

Wachablösung nur noch eine Frage der Zeit
Der Schweizer Vermögensverwaltungsplatz stützt sich also immer mehr auf die einheimischen Institutionellen. Deren Depotwerte kletterten seit Oktober 2007 von 1‘278 Mrd. Franken auf das bisherige Allzeithöchst von 1‘989 Mrd. Franken – ein Plus von 56%. Damit dürften auch sie über kurz oder lang die ausländischen Institutionellen schlagen. Diese verzeichneten vor einem Jahr im Juli 2015 ein Höchst von fast 2‘500 Mrd. Franken und liegen per Ende Juli 2016: mit 2‘195 Mrd. Fr. nur noch knapp vor den Schweizern.

Bei den einheimischen Institutionellen verzeichnen die Finanzierungs- und Vermögensverwaltungsinstitutionen das höchste Wachstum. Ihre Depots erhöhten sich in der Betrachtungsperiode um 79% auf 983 Mrd. Franken. Davon entfallen 722 Mrd. auf Kollektivanlagen, deren Assets sich seit Oktober 2007 fast verdoppelten. Die Depots der Versicherungen und Pensionskassen stiegen um 41% auf 956 Mrd. Franken. Das Zwangssparen der Berufsvorsorge sorgt hier auch bei geringer Kapitalmarktperformance für stetige Mittelzuflüsse.

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