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CS-Bespitzelungsaffäre: COO tritt zurück, CEO Thiam nicht involviert

Credit Suisse CEO Tidjane Thiam wusste laut Untersuchungsbericht nichts von der Überwachung von Iqbal Khan.
Credit Suisse CEO Tidjane Thiam wusste laut Untersuchungsbericht nichts von der Überwachung von Iqbal Khan.

Im Zusammenhang mit der Überwachung des früheren Credit Suisse Top-Managers Iqbal Khan hat Chief Operating Officer Pierre-Olivier Bouée seinen Rücktritt erklärt. Gemäss der Untersuchung handelte der COO eigenmächtig, CEO Tidjane Thiam war nicht im Bild.

01.10.2019, 08:32 Uhr

Redaktion: rem

Der "Chief Operating Officer" (COO) Pierre-Olivier Bouée habe in der vom Verwaltungsrat der Credit Suisse (CS) in Auftrag gegebenen Untersuchung durch die Homburger Rechtsanwälte angegeben, alleine entschieden zu haben, die Überwachung von Iqbal Khan anzuordnen, teilte die Credit Suisse am Dienstag mit. Laut der Untersuchung beauftragte der COO der CS den Head of Global Security Services Remo Boccali am 29. August 2019, als die UBS die Anstellung von Iqbal Khan bekannt gab, die Überwachung von Khan einzuleiten.

Bouée sagte aus, dass er, um die Interessen der Bank zu schützen, alleine entschied, Khans Überwachung anzuordnen und dass er dies nicht mit CEO Tidjane Thiam, irgendeinem anderen Mitglied der Geschäftsleitung, dem Präsidenten des Verwaltungsrats Urs Rohner oder dem Vorsitzenden des Audit Committee besprach. Er sei besorgt gewesen, dass Khan, der am (heutigen) Dienstag zur Konkurrentin UBS wechselt, "ein Risiko für die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Credit Suisse darstelle". Denn dieser habe weiterhin mit wichtigen Mitarbeitern der CS in Kontakt gestanden.

Der COO hat die Verantwortung für diese Angelegenheit übernommen und seinen Rücktritt erklärt, den der Verwaltungsrat mit sofortiger Wirkung angenommen hat. Ebenfalls hat der Verwaltungsrat den Rücktritt des Head of Global Security Services mit sofortiger Wirkung angenommen. Weitere Mitarbeiter der Grossbank seien nicht involviert gewesen.

Auftrag zur Überwachung von Iqbal Khan war falsch und unverhältnismässig

Auch erbrachten weder die Untersuchung von Homburger noch die Überwachung von Iqbal Khan Anhaltspunkte dafür, dass Khan entgegen seinen vertraglichen Verpflichtungen versucht hätte, Mitarbeitende oder Kunden der Credit Suisse abzuwerben. Der CS-Verwaltungsrat vertritt die Ansicht, dass der Auftrag zur Überwachung von Iqbal Khan falsch und unverhältnismässig war und zu einem schwerwiegenden Reputationsschaden für die Bank geführt habe.

Khan wurde nach Angaben der Credit Suisse zwischen dem 4. September und dem 17. September 2019 während sieben Wochentagen mehrheitlich tagsüber überwacht. Am 17. September lief die Beschattung aus dem Ruder, als Khan bemerkt hatte, dass er überwacht wurde. An der Ecke Fraumünster- und Börsenstrasse in der Zürcher Innenstadt entdeckte er ein Mitglied des Überwachungsteams und stellte den Mann. Was sich zwischen Khan und dem Detektiv genau zugetragen hat, sei allerdings nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen, weil dies Gegenstand einer laufenden Strafuntersuchung sei. Die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft hatte aufgrund einer Anzeige von Kahn ein Strafverfahren wegen Nötigung und Drohung eröffnet.

Das Überwachungsunternehmen sei von einem externen Dienstleister beauftragt worden, hiess es von Credit Suisse weiter. Allerdings liege zur Auftragserteilung nichts Schriftliches vor. Wie das Onlineportal "Inside Paradeplatz" am Montagabend meldete, habe sich der Verbindungsmann, der dem Sicherheitschef der Credit Suisse die Detektivagentur Investigo vermittelt hatte, am Dienstag, 24. September, das Leben genommen.

Private Kommunikationen nur teilweise verfügbar

Homburger habe während der Untersuchung Zugang zu den der Credit Suisse zur Verfügung stehenden Informationen erhalten. Allerdings erhielt die Kanzlei keine Einsicht in die Akten der Polizei und der Staatsanwaltschaft über die strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit der Überwachung. Zudem sei private Kommunikation nur teilweise verfügbar gewesen: "Einige private Kommunikationen sind gelöscht worden". Die Untersuchung habe keine Hinweise geliefert, dass die Überwachung mit den in Medienberichten dargestellten persönlichen Differenzen zwischen Thiam und Khan im Zusammenhang stand. Das persönliche Verhältnis zwischen den beiden sei jedoch auch nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen.

An einer Pressekonferenz in Zürich stellte sich Verwaltungsratspräsident Urs Rohner vollumfänglich hinter CEO Tidjane Thiam. Dieser habe weder die Beschattung angeordnet noch davon gewusst, bevor die Geschichte ans Licht gekommen sei. Rohner führte dann aus, dass es ihm aber bewusst sei, dass die Affäre nicht nur dem Ruf der Grossbank, sondern auch dem ganzen Finanzplatz geschadet habe. Er möchte sich dafür entschuldigen, bei den Investoren, den Aktionären, aber auch bei Iqbal Khan und dessen Familie. Zudem äusserte Rohner Betroffenheit und Bedauern über den Selbstmord des involvierten Mittelsmannes.

James B. Walker zum COO der Credit Suisse ernannt

Aufgrund des Rücktritts von Pierre-Olivier Bouée als COO und seinem Ausscheiden aus der Geschäftsleitung hat der Verwaltungsrat der Credit Suisse beschlossen, James B. Walker mit sofortiger Wirkung zum Chief Operating Officer und Mitglied der Geschäftsleitung der Credit Suisse zu ernennen. Er war bisher Chief Financial Officer der wichtigsten amerikanischen Tochtergesellschaften sowie Head Product Control.

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