Eine systemrelevante Bank könnte gerettet werden, aber nicht gratis. Banken müssten dafür zahlen. (Bild: Shutterstock.com/Simon Vandamme)
Die grösste und zweitgrösste Bank der Schweiz müssen innerhalb von nur 15 Jahren notgerettet werden. Was nun? Am Forum «Vision Bank – Vision Finanzplatzes» sprachen Führungskräfte über ihre Vorstellungen. Ein wichtiger Punkt: Eine staatliche Liquiditätssicherung (Public Liquidity Backstop) ist überfällig.
13.09.2023, 14:18 Uhr
Autor: Hanspeter Frey
An Ideen und einzelnen Massnahmen – mit dem Too-Big-To-Fail-Paket im Zentrum – hat es schon nach der Rettung der UBS nicht gemangelt. Ein zweiter Grossbankenkollaps dürfe nicht passieren, war das einhellige Credo in Politik und Wirtschaft.
Trotzdem ist es wieder geschehen, unter anderen Umständen, diesmal als Folge eines gescheiterten Geschäftsmodells und eines überforderten Managements, wie Ex-Nationalbank-Chef und heutiger Vize-Chairman von BlackRock, Philipp Hildebrand, in einem Videogespräch am Bankenforum von «Finanz und Wirtschaft» festhielt.
Die Folge dieses strategischen Fehlers – «ein Investment Banking, das dem Wealth Management zudiente und nicht umgekehrt», sagte Hildebrand – zog einen Vertrauensverlust samt riesigem Kundengeldabfluss nach sich.
Philipp Hildebrand: Die neue UBS ist kein Risiko
Heute klingen die Mahnungen und Vorschläge ähnlich wie damals nach dem Beinahetod der UBS. Sorgsam analysieren, keine Schnellschüsse und einen nächsten Fall verhindern, zumal: die um Teile der Credit Suisse erweiterte letzte grosse Universalbank der Schweiz noch grösser geworden ist und damit noch schwieriger zu retten wäre.
Zum letzten Punkt, dem Risiko eines Fallierens der neuen UBS, gab Philipp Hildebrand Entwarnung: Ein Kollaps der UBS unter der jetzigen Führung und dem nach 2008 verschlankten Geschäftsmodell mit Fokus aufs Wealth Management sei höchst unwahrscheinlich. Sowohl die Strategie als auch die Führung seien Garant für ein einwandfreies, erstklassiges und verantwortungsvolles Geschäftsgebaren.
Was ist in zehn, in fünfzehn Jahren?
Die Frage sei, was ist in zehn, in fünfzehn Jahren, wenn eine neue Management-Generation die Grossbank führen wird? Ist das Business-Modell dann noch opportun, ist die Führung so umsichtig wie heute? Die Antwort kennt niemand. Reformen müssten deshalb langfristig angelegt werden, mit Augenmass und Weitblick für eine gedeihliche und sichere Zukunft des Finanzplatz Schweiz.
Diesem Tenor stimmten die anderen Vortragenden bei. «Das Banken- und Finanzgeschäft ist kein Kuschelzoo, sondern ein Haifischbecken». Daran erinnerte Alt-Bundesrat Ueli Maurer, der davor warnte, die Politik dürfe nichts ins operative Geschäft einer Bank eingreifen, sondern müsse die Rahmenbedingungen schaffen, um die Banken zu überwachen. Diese seien schon weitgehend vorhanden. Übereifer würde der Branche schaden und die (ausländische) Konkurrenz freuen.
Ueli Maurer: Gleich lange Spiesse schaffen
Ueli Maurer plädierte dafür, was andere Länder und Regionen wie Grossbritannien, die USA, die EU, Kanada und Japan schon länger kennen: für eine staatliche Liquiditätssicherung, den sogenannten «Public Liquidity Backstop, PLB»; eine staatliche Ausfallgarantie bei der Rettung systemrelevanter Banken.
Das Instrument soll zum Zug kommen, wenn ein Institut keine ausreichenden flüssigen Mittel mehr hat und auch die Möglichkeiten der Notenbank zur Sicherung der Liquidität erschöpft sind. Nach der Verabschiedung einer entsprechenden Vorlage befasst sich aktuell das Parlament mit bundesrätlichen Forderung, den PLB im Gesetz zu verankern.
Dabei geht es nicht um eine staatliche Beteiligung an einer Bank, sondern um die Absicherung von Krediten der Notenbank, um ein vor dem Zusammenbruch stehendes, unter Geldabfluss und Liquiditätsmangel leidendes systemrelevantes Institut im Notfall zu retten. Die Liquiditätssicherung ist mit einer Rückzahlverpflichtung versehen und wird durch Bereitstellungs- und Risikoprämien sowie Zinsen vergütet.
Der Bundesrat schlägt zudem eine Abgeltungspauschale vor, die systemrelevante Banken dem Bund im Voraus zahlen müssen. Man entspreche mit dieser Ergänzung einem breit geäusserten Anliegen, schreibt er in seiner Botschaft. Ziel sei, dass das Risiko für den Bund abgegolten und das Problem möglicher Wettbewerbsverzerrungen entschärft werde.
Eine Frage des Timings
Selbstverständlich ist auch der PLB nicht ohne Tücken. Eine Liquiditätssicherung dürfte nicht zu früh einsetzen, mahnte Ueli Maurer, sonst könne erst recht Verunsicherung und Panik entstehen. Sie dürfe aber auch nicht zu spät greifen, wenn der Vertrauensverlust schon zu weit fortgeschritten sei und so die Massnahme verpuffe.
Sinnvoll sei der Public Liquidity Backstopp aber in jedem Fall. Nicht nur gehöre er international zum Standard-Instrumentarium bei Bankenkrisen. Er erhöht auch die Erfolgschancen einer allfälligen Sanierung einer systemrelevanten Bank und trage damit zur Finanzstabilität bei.
Auch die Chefs der Zürcher Kantonalbank und der Bank Julius Bär, Urs Baumann und Philipp Rickenbacher, stellten ihre Forderungen vor. «Zurück zur Arbeit, wir sind noch nicht beim Courant normal», war das Credo von Philipp Rickenbacher, und Urs Baumann forderte: «Gemeinsam müssen die Banken jetzt Verantwortung für den Finanzplatz übernehmen, der von grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung ist.»
Der von Ueli Maurer skizzierten staatlichen Liquiditätssicherung steht die Branche positiv gegenüber, der im überdies auch vom Wirtschaftsverband Economiesuisse unterstützt wird.
Gegen höhere Eigenkapitalquoten
Ein anderes Postulat, für das sich vor allem die politische Linke stark macht, ist hingegen nicht nach dem Gusto der Bankenbranche: höhere Eigenmittel. Die Banken befürchten in einem solchen Fall eine Benachteiligung gegenüber den ausländischen Wettbewerbern.
Doch nicht nur das, auch die einheimische Bevölkerung und die Wirtschaft würde schmerzlich getroffen, wie Urs Baumann ausführte: Die ZKB habe die Szenarien durchgerechnet, erklärte er. «Bei einer Eigenkapitalquote von 15 Prozent müssten wir beispielsweise 60 Prozent der Hypotheken kündigen.» Ein Nackenschlag für Immobilienbesitzer und die Mieterschaft.
Die «Finanz und Wirtschaft» selbst hält als Fazit ihres 20. Jubiläumsforums zum Thema Banken- und Finanzplatz Schweiz fest. «Keine neuen Gesetze, dafür verantwortungsvolle Führung und ein Geschäftsmodell, das vernünftig mit Risiken umgeht.» Das der Konsens unter den Referierenden.
«Banking ist cool»
«Banking ist cool, das müssen wir den jungen Leuten vermitteln», verlangte Eftychia Fischer, VR-Präsidentin der Banque Cantonale Vaudoise (BCV), die über die Nachwuchsförderung und die Beschäftigungsaussichten in der Branche sprach. Banking sei eine spannende berufliche Option, und der Wettbewerb um Talente sei gross
Der Zusammenbruch der Credit Suisse wird noch länger die Gemüter beschäftigen, und die Nachwehen dauern an. Gleichwohl: Im Ausland ist die Sache mit der CS gegessen, wie verschiedene Referenten betonten, und bei allen Irritationen und Diskussionen, die es noch geben wird: Der Finanzplatz Schweiz befindet sich in einer starken und aussichtsreichen Position. Das belegt nicht zuletzt die hohe Zahl von 230 Banken, die weiterhin in unserem Land tätig sind.
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