"Wir brauchen einen Green Bond Standard"

Scott Freedman, Co-Manager des BNY Mellon Sustainable Global Dynamic Bond Fund bei Newton IM, eine Investmentgesellschaft von BNY Mellon Investment Management
Scott Freedman, Co-Manager des BNY Mellon Sustainable Global Dynamic Bond Fund bei Newton IM, eine Investmentgesellschaft von BNY Mellon Investment Management

Scott Freedman, Co-Manager des BNY Mellon Sustainable Global Dynamic Bond Fund bei Newton IM, eine Investmentgesellschaft von BNY Mellon Investment Management, spricht über die Entwicklung des Green-Bond-Marktes und dessen unaufhaltsames Wachstum.

04.02.2020, 10:27 Uhr
Nachhaltigkeit

Autor: René Maier

Die Fridays for Future Bewegung, die UN-Klimakonferenz, das EU-Klimapaket und nicht zuletzt das Weltwirtschaftsforum WEF bestimmen den Diskurs über Klimawandel und Nachhaltigkeit. Welchen Einfluss haben diese Institutionen auf den Markt für grüne Anleihen?
Scott Freedman: Diese Institutionen haben einen sehr grossen Einfluss. Bis 2015 war der Green-Bonds-Markt noch ziemlich klein. Heute sind bereits 370 Mrd. Dollar in grüne Anleihen angelegt, das ist 1% des globalen Bondmarkts. Klar, es ist noch eine Nische, sie wächst aber schnell. Am Ursprung der Green Bonds – eigentlich Green Finance – standen Entwicklungsagenturen. Dann nahmen sich zunehmend Unternehmen diesem Geschäft an, in erster Linie Banken und andere Finanzdienstleister. Nach und nach beschäftigten sich auch Firmen aus anderen Industrien wie etwa aus dem Versorgungssektor mit Green Bonds und begannen solche auszugeben. Dann kamen auch Länder dazu.

Was wird der Treiber für das Wachstum sein?

Je mehr die Aufmerksamkeit für diesen Bereich steigt, desto mehr kann das weitere Staaten und Unternehmen dazu motivieren, ebenfalls Green Bonds zu emittieren. Treiber werden auch aufkommende Regulierungen und Standardisierungen sein, wo es darum geht, wie ein Green Bond beschaffen sein muss. Und mit zunehmender Regulierung mit Fokus auf den Klimawandel wird es auch klare Vorgaben für entsprechende Projekte geben.

Sind Green Bonds teurer als andere Bonds?

Ich denke nicht, dass Investoren grüne Anleihen kaufen würden, wenn sie teurer wären als andere Bonds. Heute sind Green Bonds bei den Kreditrisikoprämien gleichauf mit den konventionellen Bonds.

Welche Eigenschaften muss eine Anleihe haben, damit sie eine grüne Anleihe ist?

Wenn ein Unternehmen oder ein Staat einen Green Bond herausgibt, ist das freiwillig. Ein Investor erwartet entsprechend, dass das Kapital ausdrücklich zweckgebunden ist und für ‘grüne’ Projekte verwendet wird. Zudem gibt es oft eine Zweitmeinung einer unabhängigen Agentur, die beurteilt, ob eine grüne Anleihe den Normen entspricht. Weiter werden auch Anforderungen an die jährlichen Reporte zu den Projekten gestellt.

Bräuchte es nicht einen Standard?

Ja, wir brauchen einen Green Bond Standard. Ich denke, der Markt wird auf einen Green Bond Index, auf eine Benchmark, hinarbeiten. Und die EU arbeitet an einer Taxonomie, die versucht, die Vergleichbarkeit, die Standardisierung und das Reporting zu verbessern. Dies wird den Ruf und die Glaubwürdigkeit von Green Bonds und das Vertrauen der Investoren fördern, was wiederum das Marktwachstum vorantreibt.

Und wann werden wir einen globalen Standard haben?

In den USA ist man im Moment vorsichtig, weil es viele Rechtsstreitigkeiten gibt. Wenn ein Unternehmen als rechenschaftspflichtig eingestuft wird, könnte es von den Investoren verklagt werden. Europa ist schon bedeutend weiter. Und wenn die EZB eine grünere Agenda hat, kann das helfen, die Transparenz zu fördern. Ich denke, bis wir einen globalen Standard haben, kann es noch bis in die nächste Dekade dauern.

Das Portfolio des BNY Mellon Sustainable Global Dynamic Bond Fund investiert ausschliesslich in Positionen, die den Nachhaltigkeitskriterien von Newton IM entsprechen. Was sind Ihre Nachhaltigkeitskriterien?

Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz. Einerseits wenden wir gewisse Ausschlusskriterien an. In Unternehmen, welche die UN Global Compact Ziele nicht erfüllen, können wir nicht investieren. Anderseits versuchen wir Unternehmen und auch Länder zu identifizieren, die im ESG-Bereich wirklich gute Fortschritte machen, auch solche, die noch auf einem tiefen Level sind. Dort, wo wir Chancen sehen, versuchen wir, die Risiken zu minimieren.

Und in Bezug auf den Klimawandel?

In Bezug auf den Klimawandel gehen wir von einem ziemlich hohen Kostenansatz von 140 Dollar für eine Tonne CO₂ aus. Das beeinflusst entsprechend die Einnahmen und das Kreditrisiko eines Unternehmens. Wir suchen, wie erwähnt, aber auch Unternehmen, die ihre Emissionen reduzieren wollen. Darüber hinaus haben wir unser eigenes Bewertungssystem für Emittenten. Den finalen Entscheid bei der Auswahl eines Unternehmens trifft dann das Responsible Investment Team.

Wie integrieren Sie ESG-Faktoren in die Anlageprozesse?

Der Bond-Halter ist der wichtigste Stakeholder. Zentral ist aus unserer Sicht, wie ESG-Faktoren die Kreditrisiken beeinflussen. Ausschlüsse sind relativ schwer messbar. Nachhaltigkeit im Engagement ist hingegen spezifischer und messbarer. Und Engagement ist im Fixed Income Bereich wirklich wichtig, denn wir können nicht wie ein Shareholder mit Stimmrechten Rechenschaft einfordern oder direkt Einfluss ausüben. Wir können jedoch auf das Management eines Unternehmens Einfluss nehmen. Je schlechter das Kreditrating ist, desto mehr ist ein Unternehmen auf das Geld einer Emission angewiesen und ist kooperativ. Wir ermutigen also das Management, das Richtige zu tun.

Wie beurteilen Sie die Transparenz der ESG-Integration im Allgemeinen und für Ihren Fonds?

Auf der Umweltseite, also beim "E", ist die Transparenz immer noch im Mauerblümchen-Dasein. Dennoch gibt es hier schon mehr Daten als im sozialen Bereich, denn Emissionen kann man messen. Um der Transparenz möglichst gerecht zu werden, vergleichen wir Unternehmen innerhalb der gleichen Regionen im Hinblick auf Best Practice Management, die Führungsstruktur, Mitarbeiterzufriedenheit sowie Gender Diversity. Wir fragen aber auch bei den Unternehmen nach und fordern sie auf, mehr offenzulegen. Alles in allem sind wir aber noch in einem frühen Stadium, was die Transparenz anbetrifft.

In welche Anleihen investiert der Fonds?

Der Fonds investiert diversifiziert und uneingeschränkt im globalen Fixed-Income-Bereich in Staatsanleihen der Industrieländer sowie der Schwellenländer, globale Hochzinsanleihen und globale investment Grade Bonds. Wir beziehen uns dabei nicht auf eine Benchmark, sondern wählen opportunistisch aus. Der Fokus liegt auf Absolute Return mit Kapitalschutz.

Ist das Universum des Fonds flexibel?

Ja. Die Top-down Asset Allocation bewegt sich im Universum je nach Marktumfeld in Bezug auf die Laufzeit von Staatsanleihen, die Zinssätze und das Kreditrisiko. Der Fonds ist wirklich dynamisch. Häufig wenden wir innerhalb der Top-down Asset Allocation die Bottom-up Kredit-Fundamentalanalyse an. Wir versuchen also, die Risiken zu reduzieren, nehmen aber auch Risiko, wo es angebracht ist. Je mehr Informationen zur Verfügung stehen und je nachhaltiger das Geschäft aus einer finanziellen und nicht-finanziellen Perspektive ist, desto geringer sind die Kreditrisiken und die Ausfallwahrscheinlichkeiten. Grundsätzlich bringt es Mehrwert, die Nachhaltigkeitsanalyse mit ESG zu vereinigen, um bessere Entscheidungen treffen zu können.

Wie wählen Sie die Unternehmen und Länder für das Portfolio des Fonds aus?

Dahinter steckt ein ganzer Investmentprozess. Wir analysieren regelmässig die Portfoliopositionen und definieren, welche Kreditrisikoprämien und Zinssätze wir über die nächsten sechs Monate erwarten. Daraus leiten wir dann die zu erwartenden Erträge ab. Den Newsfluss der vergangenen Wochen berücksichtigen wir ebenfalls. Aus allen Erkenntnissen folgern wir, ob und welche Veränderungen im Portfolio vorgenommen werden müssen. Wir geben unsere Informationen den Portfoliomanagern weiter. Das Ziel ist, schnelle Entscheidungen treffen zu können.

Wie beurteilen Sie die Möglichkeiten von Investmentgesellschaften, auf eine nachhaltige Unternehmensführung Einfluss zu nehmen?

Engagement ist sehr wichtig. Oft wird gesagt, im Fixed Income Bereich könne man im Gegensatz zu Aktionären keinen Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen. Bei grossen, gelisteten Unternehmen ist es in der Tat schwierig für uns, auf Änderungen hinzudrängen, weil sie in der Regel keine Probleme haben, Kapitalerhöhungen vorzunehmen. Doch wir arbeiten mit unseren Aktienkollegen zusammen, und manche Unternehmen sind sowohl Emittenten von Bonds als auch Aktiengesellschaften. Unsere Abteilungen interagieren, sodass wir von der Fixed-Income-Seite in der Lage sind, indirekt Einfluss zu nehmen.

Ermutigen Sie auch Unternehmen, langfristiges nachhaltiges Verhalten anzunehmen?

Absolut. Zum Beispiel einen besseren Umgang mit den Mitarbeitern. Ist dieser nachhaltig, wird das Unternehmen auch widerstandsfähiger. Und in Bezug auf die Unternehmenszahlen sind es das Erreichen tieferer Kapitalkosten und tieferer Kreditspreads im Laufe der Zeit. Dadurch werden Assets sichtbar, die künftig zu "Stranded Assets" werden könnten.

Man hat den Eindruck, dass unter den Investmentgesellschaften ein regelrechter Hype in Bezug auf das Angebot nachhaltiger Investitionen ausgebrochen ist: Besteht die Gefahr, dass Anleger auf "green washing" hereinfallen? Und wie können sie sich davor schützen?

Absolut, dieses Risiko besteht. Investoren sollten die Manager zur Rechenschaft ziehen, damit diese offenlegen und berichten. Tut ein Unternehmen wirklich das, was es sagt? Investoren sollten sehr vorsichtig sein und gut prüfen, ob ihnen bei einem Green Bond etwas vorgemacht wird. Wir haben auch schon Green Bonds gesehen, die wieder auf Standard zurückgestuft wurden. Mein Eindruck ist, dass es immer mehr "green washing" gibt, sowohl bei emittierenden Unternehmen als auch bei Asset Managern. Ich denke, das Reporting hilft, das zu prüfen.

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