Die Glaubensfrage der ETF

Bei der Auswahl von ETF sollten Anleger die verschiedenen Methoden der Index-Nachbildung bei den kotierten Fonds beachten. Die drei Hauptkategorien hätten allesamt ihre Vorteile, die Risiken seien allerdings unterschiedlich gross, wie Michael Ferber von nzz.ch schreibt.

17.08.2012, 09:09 Uhr
ETF


«Drin ist, was draufsteht» – das ist nicht bei jedem Exchange Traded Fund (ETF) der Fall. Bei den kotierten Indexfonds, die bei den Anlegern wegen vergleichsweise geringer Kosten immer populärer werden, gibt es grosse Unterschiede. Dies gilt vor allem auch für die Methode, mit der die ETF die jeweiligen Indizes abbilden. Im Gegensatz zu traditionellen Anlagefonds reproduzieren die kotierten Produkte die Entwicklung von Börsenindizes. Dies tun sie mittels dreier Hauptarten: der sogenannten «vollständigen Replikation» («full replication»), der «synthetischen Replikation» («synthetic replication») oder der Methode der optimierten Stichprobe («optimized sampling»). Diese haben gewisse Vor- und Nachteile und Risiken, die Anleger bei der Auswahl von ETF berücksichtigen sollten.

Einfachheit als Trumpf
Bei der Methode der «vollen Replikation» kauft der ETF alle Wertpapiere, die in seinem jeweiligen Index enthalten sind. Gerade bei Indizes mit liquiden und nicht allzu vielen Werten bietet sie sich an. Ihr Vorteil ist, dass hier keine Derivate bei der Index-Abbildung eingesetzt werden und dass die Wertpapiere tatsächlich gekauft werden. So lobt beispielsweise Philipp Ochsner vom Vermögensverwalter Indexinvestor die Einfachheit der Produkte. In der Branche hiess es zwar lange, dass ETF mit vollständiger Replikation den Index weniger akkurat abbildeten als Swap-ETF.

Eine im Juni dieses Jahres veröffentlichte Studie von Wissenschaftern der Berliner Humboldt-Universität entkräftet dies allerdings. Laut Christian Meinhardt, Sigrid Müller und Stefan Schöne gibt es im deutschen ETF-Markt keinen statistisch messbaren Unterschied bei der Güte der Index-Nachbildung von vollständig replizierenden und synthetischen ETF. Nur bei Obligationen-ETF lasse sich eine bessere Abbildung feststellen. Allerdings hat die Methode der vollständigen Abbildung neben den vergleichsweise hohen Transaktionskosten den Nachteil, dass sie in illiquiden Märkten an Grenzen stösst. Auch aus steuerlicher Sicht kann sie unvorteilhaft sein.

Risiken durch Swap-Geschäfte
Hinzu kommt, dass viele ETF-Anbieter, die Produkte mit «vollständiger Replikation» auflegen, die Wertschriften an andere Finanzhäuser verleihen. Dadurch erzielen sie Gebühreneinnahmen, die nicht immer vollständig dem Anleger zugutekommen. So entsteht auch das Risiko, dass ein Finanzhaus, das Wertpapiere geliehen hat, in Konkurs geht und dass diese dann «verschollen» sind. Dieses Risiko ist nicht allzu gross. Nach dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers 2008 war dies allerdings beispielsweise bei der von dem ehemaligen UBS-Chef Luqman Arnold geführten Gesellschaft Olivant der Fall. Marc Weber vom VZ Vermögenszentrum hält es für «sehr unglücklich», dass in den physisch replizierenden ETF-Bereich durch die Wertpapierleihe Risiken «hineingepackt» würden.

Ausfallrisiken entstehen auch bei der zweiten Abbildungs-Art, der synthetischen Methode. Hier kauft der ETF die im jeweiligen Index enthaltenen Wertpapiere nicht direkt, sondern schliesst ein Swap-Geschäft mit einem anderen Finanzhaus ab. Dabei entstehen sogenannte Gegenparteirisiken, die eintreten, wenn das andere Finanzinstitut kollabiert. Synthetische ETF sind meist günstiger als voll replizierende ETF, auch lassen sich mit ihnen oftmals Steuereinsparungen erzielen. Laut Weber bleibt Anlegern, die in Schwellenländer-ETF investieren wollen, oft auch nichts anderes als eine Anlage in Swap-Produkte übrig. Privatanleger sollten sich allerdings die Frage stellen, ob sie wirklich Bedarf an der Investition in solche Indizes haben und ob dieser die Gefahren aufwiegt.

Bei Swap-ETF ist weniger transparent, in welchen Wertpapieren das Geld tatsächlich angelegt ist. Es kann durchaus sein, dass ein synthetisch replizierender ETF, der die Entwicklung des Swiss-Market-Indexes (SMI) abbildet, das Geld in anderen Aktien als Schweizer Standardwerten liegen hat. Wenn ein Anleger also Wert darauf lege, in eidgenössische Unternehmen zu investieren, sei ein synthetisch replizierender ETF folglich nicht geeignet, sagt Weber. Das «Swiss»-Label auf dem ETF ist hier also in gewisser Weise irreführend. Ausserdem stehen die Gegenparteirisiken im Sektor der ursprünglichen ETF-Idee von Transparenz und Einfachheit entgegen.

Beim «optimized sampling» kauft der ETF nicht alle Wertpapiere, die im Index enthalten sind, sondern nur einen Teil. Diese Auswahl erfolgt gemäss einem mathematischen Verfahren und soll möglichst repräsentativ sein. Viele Produkte, die den Welt-Aktienindex MSCI World abdecken, setzen beispielsweise auf diese Methode – deckt doch das Börsenbarometer die Entwicklung Tausender Aktien ab. Würden diese allesamt gekauft, würden die Transaktionsgebühren unverantwortlich hoch ausfallen. Laut Ochsner kommt die Methode auch bei Anleihen- und Schwellenländer-Indizes häufig zum Einsatz. Die Methode ermöglicht eine günstigere Abbildung sehr breit gefasster oder illiquider Barometer, gleichzeitig besteht aber die Gefahr von Verzerrungen und Verfälschungen der Index-Performance. Gordon Rose vom Fonds-Research-Anbieter Morningstar stuft diese als umso grösser ein, je weniger Wertpapiere der ETF gekauft hat. Gerade in Krisenzeiten kann dies zu einer massiv schlechteren Entwicklung des ETF gegenüber dem Index führen.

Gefahr von Steuernachteilen
VZ-Vertreter Weber hält ETF mit der Methode der «vollen Replikation» für Privatanleger für am besten geeignet. Swap-basierte ETF hätten dort eine Berechtigung, wo ein Markt sonst zu vernünftigen Kosten nicht abgebildet werden könne. Als Beispiel nennt er den chinesischen Aktienmarkt. Werde hier bei einem Exchange Traded Fund die Methode «volle Replikation» angewendet, so entstünden enorme steuerliche Nachteile und auch ein hoher «tracking error». Damit wird die Abweichung der Renditeentwicklung eines Fonds von seinem Vergleichsindex bezeichnet. Morningstar-Vertreter Rose stellt folgende Faustregel auf: je liquider ein Markt, desto mehr Sinn ergebe eine Investition in einen voll replizierenden Exchange Traded Fund. Je illiquider hingegen ein Markt sei, desto sinnvoller sei der Kauf eines synthetisch abbildenden ETF. Jedoch sollte dies von Fall zu Fall individuell betrachtet werden.

Quelle: NZZ online

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