13.06.2024, 13:55 Uhr
Diese Art der Hilfe für die Ukraine hat eine neue Qualität. Bis Ende des Jahres soll das von Russland angegriffene Land auf einen Kredit in Höhe von etwa 50 Milliarden US-Dollar zurückgreifen können - auch für...
Eine ruhige Phase scheint nicht in Sicht und in den kommenden Wochen wird es wohl noch schlechtere Nachrichten von der Inflation und in Bezug auf den Krieg in der Ukraine geben. Allerdings sind die Renditen bei Unternehmensanleihen auf einem Mehrjahreshoch und insbesondere asiatische Unternehmensanleihen könnten interessant sein, meint Chris Iggo von AXA Investment Managers.
"Die Renditekurven sind flach und die Terminmärkte legen nahe, dass wir einen sehr gemässigten Höhepunkt bei den Anleiherenditen in diesem Zyklus sehen werden. Zwar ist hier im Voraus eine gewisse Straffung eingepreist, aber die Renditekurve deutet darauf hin, dass die Inflation zurückgehen oder sich das Wachstum verlangsamen wird, oder dass die Zentralbanken ihre Bilanzen nicht aggressiv abbauen und nicht viele Anleihen dem Markt verkaufen werden", sagt Chris Iggo, CIO Core Investments bei AXA Investment Managers. Das bedeute auch, dass die langfristigen Anleiherenditen angesichts der flachen Kurve nicht viel Werthaltigkeit aufweisen und die Zentralbanken immer noch die Möglichkeit hätten, mit mehr Zinserhöhungen zu überraschen, als derzeit eingepreist seien.
Diese Botschaft sei jedoch harmlos. Die zehnjährige US-Anleihe beispielsweise weist derzeit eine Zwei-Jahres-Forward-Rendite von 1,80% auf. Rechnet man laut Iggo eine "Aktienrisikoprämie" von 3,5% hinzu (das war die durchschnittliche Differenz zwischen der Rendite zehnjähriger Treasuries und der Gewinnrendite des S&P 500), ergibt sich ein implizites Kurs-Gewinn-Verhältnis des 18,9fachen. Multipliziert man dies mit dem für 2024 erwarteten Gewinn je Aktie, so ergibt sich ein Indexstand für den S&P 500 von über 5'000 Punkten. "Die Marktbotschaft lautet: Die Inflation geht zurück, das Wachstum wird nicht zu sehr beeinträchtigt und der Bullenmarkt kann in den kommenden zwei Jahren wieder aufgenommen werden", so der CIO.
Es sei nicht sicher, ob diese Schlussfolgerung zwangsweise stichhaltig genug ist, um jetzt eine umfangreiche Kapitalallokation in Richtung Risikoassets durchzuführen. Es stimme zwar, dass die Bewertungen viel attraktiver seien, aber der kurzfristige Nachrichtenfluss werde problematisch sein. Abgesehen von der Ungewissheit über den Krieg bleibe die grösste Sorge die Inflation.
Es bestehe die Möglichkeit, so Iggo, dass die Inflation im März nach dem durch die Invasion ausgelösten Anstieg der weltweiten Ölpreise sprunghaft ansteigen wird. Es werde vermutet, dass der US-Verbraucherpreisindex gegenüber dem Vorjahr um 10% steigen soll. Das wäre erstaunlich, denn dazu müsste die monatliche Veränderung des Index bei etwa 2,6% liegen, was der grösste monatliche Anstieg des Verbraucherpreisindex seit 1947 wäre (so weit reicht die uns vorliegende Datenreihe von Refinitiv Datastream zurück). Eine Jahresrate von 9% würde den viertstärksten monatlichen Anstieg seitdem bedeuten. Die US-Benzinpreise sind im März um 21% gestiegen, und bei einer Gewichtung im Index von knapp über 3,7% könnte allein dies bis zu 0,78% zur monatlichen Veränderung beitragen. "Aber viele andere Dinge müssen ebenfalls deutlich im Preis steigen. Es ist jedoch möglich und ein so genanntes Vier-Sigma-Ereignis bei den Verbraucherpreisen wäre für die Märkte negativ", sagt Iggo.
Es gehe auch nicht nur um die Inflationsdaten eines Monats. Um bezüglich der Zinsentwicklung weniger nervös zu sein, müssten die Märkte wirklich sehen, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht. Es stimme zwar, dass der Anleihemarkt eine niedrigere Inflation in der Zukunft eingepreist hat: Die Breakeven-Inflationsrate der zehnjährigen US-Treasury Inflation Protected Securities (TIPS) liegt bei 2,94% verglichen mit einer Zwei-JahresInflationsrate von 4,72%. "Doch die Spot-Zahlen selbst müssen erst einmal anfangen zu sinken. Das sollte geschehen. Selbst wenn wir im März 10% erreichen und die darauf folgenden monatlichen Anstiege des Verbraucherpreisindex doppelt so hoch sind wie im Durchschnitt der vergangenen zwei Jahrzehnte, wird die Rate gegenüber dem Vorjahr sinken. Das Risiko besteht jedoch darin, dass die Inflation 2023 immer noch bei 5% liegen könnte, was für die Fed zu hoch wäre. In diesem Szenario scheinen die Preise für Anleihen weit von dem Punkt entfernt zu sein, wo sie sein sollten. Was wir wirklich brauchen, ist ein massiver Rückgang der Energiepreise und begrenzte Zweitrundeneffekte bei Löhnen und anderen Kosten", betont Iggo.
Wie der CIO weiter ausführt, ist die Gesamtrendite für europäische Investment-Grade-Unternehmensanleihen (auf Indexebene) jetzt auf dem höchsten Stand seit 2015 (ohne den Covid-bedingten Anstieg im März 2020). Bei europäischen Hochzinsanleihen sei es in etwa das Gleiche und bei asiatischen Hochzinsanleihen seien die Renditen so hoch wie seit der Krise 2008 nicht mehr. Dieser Sektor werde nach wie vor stark von chinesischen Immobilienemittenten beeinflusst (die Immobilienkomponente des JP Morgan Asian Credit Index weist eine Rendite von 17,4% auf).
"Jedoch könnten die jüngsten politischen Massnahmen zur Unterstützung der chinesischen Wirtschaft dazu beitragen, dass die Renditen von ihrem derzeit atemberaubenden Niveau zurückgehen", meint Iggo. Trotz der globalen Natur des Energieschocks und der Abhängigkeit Asiens vom russischen Öl sei die Inflation in der Region niedrig. Dies könnte auf die Erträge an den asiatischen Märkten ebenfalls unterstützend wirken.
"Kurzfristig können Anleihen etwas Luft holen, da wir nun den ersten Schritt des geldpolitischen Straffungszyklus erreicht haben und sie diesen nicht mehr nur antizipieren müssen", so der CIO. Die Fed habe ihren Standpunkt dargelegt und Zinserhöhungen auf den kommenden zwei oder drei Sitzungen scheinen fest eingeplant. Ende Juli jedoch, wenn die Fed die Inflationsdaten für Juni gesehen habe und eine gute Vorstellung davon haben werde, wie sich die Wirtschaft im zweiten Quartal entwickelt habe, könnten die Dinge anders aussehen. "Es ist sicherlich kein langweiliges Jahr, und es ist sicher kein Jahr, in dem man leicht positive Investmentrenditen erzielen kann", schliesst Iggo seine Einschätzung.