Sind die Bedingungen für aktives Anlagemanagement im 2022 günstig? (Bild: Shutterstock.com/3D Generator)
Flexibilität ist das Gebot der Stunde: Die einst beliebte Anlagestrategie "Kaufen und Halten" ist möglicherweise nicht mehr zeitgemäss, meint Christian Bauer von Reyl. Die Anleger müssten sich schneller anpassen. Die steigende Inflation, hohe Aktienbewertungen und zunehmende Volatilität werden daher 2022 Chancen für dynamische Investmentmanager bieten.
21.01.2022, 10:06 Uhr
Redaktion: rem
"Die Bedingungen für aktives Anlagemanagement sind dieses Jahr günstig", betont Christian Bauer, Managing Director, Head of Zurich Branch bei Reyl. Die Gründe dafür sieht er unter anderem in den gestiegenen Inflationsraten, die seiner Meinung nach hoch bleiben werden, auch wenn sich die aktuellen Lieferengpässe weiter entspannen werden. Die steigende Inflation verringere tendenziell die Diversifizierungsvorteile eines Portfolios, sagt er. Komme hinzu, dass 2022 weltweit mit sehr hohen Aktienbewertungen beginnt: Das Tech-Unternehmen Apple zum Beispiel hat im Januar 2022 erstmals einen Börsenwert von 3000 Milliarden US-Dollar erreicht und damit einen Rekordwert für Unternehmen geschaffen. Das sei im Vergleich viermal mehr als der Wert des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP). Bei den weltweit Top-100-Unternehmen nach Börsenwert liege der ungewichtete Mittelwert und Bewertungsdurchschnitt für 2022 bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 31,5. Das sei deutlich über dem langfristigen Schnitt, das mit dem 18-fachen Gewinn rechnet.
Volatilität eröffnet Chancen
"Natürlich ist es wichtig, überzeugt zu sein. Eine Auswahl von Aktien nach der 'High-Nonfiction'-Strategie kann zielführend sein", meint Bauer. Er beschreibt "High Nonfiction" als ein fokussierter Managementstil mit einer klaren Anlagephilosophie, die sich in konzentrierteren Portfolios mit längerer Haltedauer ausdrückt. "Aber Überzeugung ist oft schwer fassbar. Deshalb ist es ebenso wichtig, sich neu positionieren zu können. Angesichts des derzeitigen Umfelds ist jetzt nicht unbedingt der richtige Zeitpunkt, um passiv zu investieren. Aktives Investieren ist sogar noch attraktiver geworden, da die Volatilität im Allgemeinen grössere Chancen bietet", fügt er an.
Bauer ist der Ansicht, dass es in der Zeit der Konjunkturbelebung und der lockeren Geldpolitik aus Sicht der Vermögensallokation und der Aktien in Ordnung war, passiv zu investieren. Passive Anlagen seien eine gute Strategie gewesen und Investoren konnten von den steigenden Märkten des letzten Jahrzehnts profitieren. Anlageklassen wie Aktien und Immobilien verzeichneten einen stetigen Aufwärtstrend. Wenn es Volatilitätsschübe gegeben habe, kamen meist die Zentralbanken zu Hilfe – und die Investoren konnten bei einem Kurseinbruch dazukaufen. "Wer weiterhin passiv investiert, konnte seine Ziele am Ende jedoch verfehlen: In den nächsten fünf Jahren fallen die Markterträge vermutlich deutlich niedriger aus als bisher", erwartet Bauer.
Er stellt folgende Fragen in den Raum: "Wie sieht es aus, wenn die Zinsen eher steigen als fallen? Was geschieht, wenn wir in Zukunft ein volatileres Umfeld haben, weil die Zentralbanken aufgrund der höheren Inflation nicht mehr so entgegenkommend sein können?" Die steigende Inflation und die stetige Verringerung der Stimulierungsmassnahmen (Tapering) führten zu einem potenziellen Wendepunkt, sagt Bauer. Die alten Muster hätten sich verändert. Wenn Anleihen und Aktien positiv korrelierten, würden die Anleihen nicht mehr so gute defensive Eigenschaften haben wie in der Vergangenheit.
Aktiv werden
"Hohe Renditen sind auf dem Kapitalmarkt nur noch schwer zu finden. Und die Aussichten sind ernüchternd: Alle wichtigen Anlageklassen von Aktien über Anleihen bis hin zu Sachwerten werden wahrscheinlich niedrigere Renditen als in den letzten 30 Jahren abwerfen", gibt Bauer zu bedenken. Die Aktienrenditen dürften in den nächsten Jahren vor allem durch das Wachstum der Unternehmensgewinne und Dividenden und weniger durch technische Faktoren bestimmt werden. In einem solchen Umfeld werde ein aktiver Ansatz bei der Vermögensallokation immer wichtiger. Er erfordere sowohl klare Überzeugungen als auch die Bereitschaft, das eigene Denken zu überdenken, wenn sich die Marktdynamik weiterentwickelt.
"Wir bevorzugen weiterhin Fonds, die nicht mit den traditionellen Anlageklassen korreliert sind. Vor dem Hintergrund erhöhter Volatilität, unsicherer Märkte und erhöhter inhärenter Risiken weisen die von uns bevorzugten Teilstrategien mindestens eines der folgenden Merkmale auf: Diversifizierung, Handelsansatz, Fokus auf Liquidität, Relative-Value-Stil, Suche nach idiosynkratischen Chancen, Streuung und Konvexität. Viele dieser Alternativen haben in der Vergangenheit eine geringe Korrelation zu Aktienkursbewegungen gezeigt und sollten daher die Volatilität dämpfen", sagt Bauer abschliessend.
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