Stehen wir vor einer Phase der Stagnation oder des langfristigen Wachstums? Sébastien Galy, Senior-Makrostratege bei Nordea Asset Management beleuchtet beide Seiten.
16.08.2021, 08:57 Uhr
Redaktion: cwe
Der Markt ist gespalten: Die eine Gruppe der Marktteilnehmer glaubt an eine langfristige Stagnation in den USA und Europa und setzt deshalb auf festverzinsliche Wertpapiere. Die andere erwartet langfristiges Wachstum in gleichmässigem Tempo, wobei Wachstumsunternehmen rasch in reife und nicht börsennotierte Sektoren vordringen. Entsprechend investiert diese Gruppe in Aktien. Auch wenn es einige Quartale dauern könnte, bis klar ist, welche Sicht die richtige ist, dürfte die Debatte in Zukunft zunehmend die Performance risikoreicher Anlagen bestimmen.
Das spricht für eine langanhaltende Stagnation
Die pessimistische Sicht auf die langfristigen Wachstumsaussichten beruht auf folgenden Prämissen:
Eine Wirtschaft mit einer alternden Bevölkerung und einem immer grösseren und zunehmend ineffizienten Dienstleistungssektor wächst langsamer. Dies hemmt Investitionen in Kapitalgüter und Technologie, gerade in reifen Sektoren. Ein solches Zusammenspiel aus niedriger Inflation und geringem Wachstum kann sich selbst verstärken, wie es in Japan und in geringerem Masse in der Eurozone geschehen ist.
Die Geldpolitik hat es sehr schwer, diese Lage zu verändern, vor allem ohne die Hilfe der Finanzpolitik. Strukturreformen werden politisch immer schwieriger, wenn das Wachstum begrenzt ist, um überschüssige Arbeitskapazitäten in anderen Sektoren aufzunehmen. Hohe Steuern und eine hohe Schuldenlast schränken das verfügbare Kapital im Privatsektor ein und könnten einige Länder zu Sparmassnahmen zwingen.
Die Konkurrenz durch die Möglichkeit des Outsourcings in billige Schwellenländer dämpft das verarbeitende Gewerbe und einige Dienstleistungen erheblich, und dies wird noch zunehmen, wenn der Westen mehr Verantwortung für die von ihm verursachte Umweltverschmutzung übernimmt, was zu weiteren Kosten führen kann.
Zentralbanker neigen dazu, Gefangene ihrer Paradigmen zu sein. Möglicherweise können sie deshalb die nächste Bankenkrise nicht vorhersehen, da sie auf unerwartete Weise auftritt.
Das spricht für anhaltendes Wachstum
Die sehr aggressive Geld- und Fiskalpolitik in vielen fortgeschrittenen Ländern hat zur Folge, dass sich die Erwartungen an das langfristige Wachstum geändert haben. Die Arbeitnehmer kommen auf dem Arbeitsmarkt immer besser zum Zuge, und selbst in reifen Branchen sind die Aussichten durch Innovation und Digitalisierung positiv.
Einfache Finanzierungsbedingungen unterstützen ein schnelles Innovationstempo, Digitalisierung, Automatisierung, Datenanalyse und Verbesserung der Infrastruktur. Tatsächlich beginnen Einhörner, also Start-ups, die mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet sind, sich über China und die Vereinigten Staaten hinaus auch in Europa und Indien auszubreiten.
Was bedeutet das für Investoren?
Es stellt sich die Frage, ob die geldpolitischen, digitalen, ökologischen und steuerlichen Massnahmen ausreichen, um eine langfristige Stagnation zu vermeiden. Die Antwort lautet vorläufig: Die Europäer tun möglicherweise nicht genug, um ein Stagnieren des Wachstums zu vermeiden, weil sie zu konservativ sind. Und die USA tun zwar genug, konzentrieren sich aber möglicherweise zu sehr auf die Infrastruktur der alten Wirtschaft. Ob wir langfristige Stagnation oder anhaltendes Wachstum sehen werden, wird von den Entscheidungen abhängen, die Europa und die USA in den kommenden Jahren treffen werden. Die Aussichten sind jedoch ermutigend.
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