Thomas Heller von der Schwyzer Kantonalbank rechnet damit, dass die Zinsen auf längere Sicht tief bleiben dürften.
Weltweit werden die Zinsen nahe null oder sogar darunter gesenkt, um die Konjunktur zu stimulieren. Trotz Zweifel an der Wirksamkeit von Negativzinsen rechnet Thomas Heller von der Schwyzer Kantonalbank, dass uns diese noch lange begleiten dürften.
10.10.2020, 05:00 Uhr
Redaktion: alm
Lässt man die Zeit von 1972 bis 1979 aussen vor, als die Schweiz ausländische Bankguthaben mit 2% pro Quartal belastete, sind Negativzinsen ein jüngeres Phänomen. Es war die dänische Nationalbank, die 2012 erstmals Negativzinsen erhob. Ihr folgten 2014 die EZB, 2015 die SNB und die Schwedische Reichsbank sowie 2016 die Bank of Japan. Die Bank of England denkt darüber zumindest nach und in den USA hat die Fed Nullzinsen bis mindestens Ende 2023 in Aussicht gestellt.
Im Sog der negativen Leitzinsen und als Folge der Anleihenkaufprogramme der Notenbanken sind auch die langfristigen Zinsen ins Rutschen geraten. Aktuell weisen Obligationen im Wert von über USD 15'000 Milliarden eine negative Rendite auf. Das entspricht etwa einem Siebtel des globalen Anleihenvolumens, wie Thomas Heller, Leiter Research und CIO bei der Schwyzer Kantonalbank, vorrechnet.
Negativzinsen geben kaum noch Wachstumsimpulse
Notenbanken haben primär für Preisstabilität zu sorgen. Dieser Auftrag wird meist um weitere Aspekte ergänzt. Die Fed strebt Vollbeschäftigung an und die SNB will "der konjunkturellen Entwicklung Rechnung tragen". Erfüllen die Negativzinsen diesen Auftrag? "Bezüglich der Konjunktur taten sie dies zu Beginn wohl schon. Heute gehen von ihnen aber kaum noch Wachstumsimpulse aus. Günstiges Kapital ist genügend da, es wird jedoch nicht abgerufen", meint Heller.
Das zeige sich am TLTRO-Programm (Targeted Longer-Term Refinancing Operation) der EZB, über welches sich die Banken günstig refinanzieren können (aktuell zu -0.5%), wenn sie die Ausleihungen als Kredite weitergeben. Die Nachfrage sei jedoch meist bescheiden. Die Vergaberunde im Juni bildete eine Corona-bedingte Ausnahme, was laut Heller wohl auch bei weniger attraktiven Konditionen der Fall gewesen wäre.
Bescheidener Zinsauftrieb
"Funktionieren können Negativzinsen hingegen, um die eigene Währung zu schwächen. In kleineren Volkswirtschaften wie Dänemark, Schweden oder der Schweiz liessen sich Zinsanpassungen mit dem Ziel der Preisstabilität begründen", erklärt Heller. Der Wechselkurs habe in diesen Ländern aufgrund ihrer hohen Aussenhandelsverflechtungen mit Importquoten von 30-40% des BIP einen wesentlichen Einfluss auf die inländische Inflation. In der Eurozone oder in Japan sei das hingegen mehr als fraglich, da dort die Importquote unter 20% liegt.
"Auch wenn die negativen Zinsen den Auftrag der Notenbanken kaum (mehr) unterstützen, können wir uns angesichts der hohen Verschuldung deutlich höhere Zinsen nicht leisten. Die Notenbanken werden die Leitzinsen – sowie mittels Wertpapierkäufen auch die langen Zinsen – noch länger tief halten", prognostiziert er. Der Zinsauftrieb bleibe somit vorerst bescheiden. Was als vorübergehendes Phänomen angesehen wurde, dürfte uns also noch lange begleiten. "Die Negativzinsen sind gekommen, um zu bleiben", so Heller.
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