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China auf einem anderen Erholungspfad

Trotz der schlechten Marktstimmung bleibt China für Investoren attraktiv. (Bild: Shutterstock.com/crystal51)
Trotz der schlechten Marktstimmung bleibt China für Investoren attraktiv. (Bild: Shutterstock.com/crystal51)

Das Umfeld bleibt schwierig, aber Chinas Zentralbank verfügt über jede Menge geldpolitische Manövriermasse. Wenchang Ma von Ninety One glaubt, dass sich China in wirtschaftspolitischer Hinsicht von anderen bedeutenden Märkten abkoppeln wird. Das eröffne Chancen für Anlegerinnen und Anleger.

01.10.2022, 06:13 Uhr

Redaktion: maw

Dass die Berichtssaison über das zweite Quartal in China in diesem Jahr sehr schwach ausgefallen ist, war keine Überraschung. Mehrere Lockdowns hatten die chinesische Wirtschaft im April und Mai ausgebremst. Der Investmentausblick für China wird jetzt seit 2021 durch mehrere Belastungsfaktoren überschattet, die von weitreichenden Regulierungsreformen über den schwachen Immobilienmarkt bis hin zu wiederholten Covid-19-Ausbrüchen reichen.

"Dank seines umfangreichen Arsenals an geld- und fiskalpolitischen Instrumenten zum Anheizen der Konjunktur wird sich China in wirtschaftspolitischer Hinsicht jedoch voraussichtlich weiter von anderen bedeutenden Märkten abkoppeln", sagt Wenchang Ma, Portfoliomanagerin von Ninety One.

Mit einer derartigen Divergenz sei das Land in jüngster Zeit gut gefahren. China hat seit Beginn der Pandemie eine andere Politik verfolgt als andere grosse Volkswirtschaften. Das sei ein Grund, warum sich die chinesische Wirtschaft schneller erholt habe als der Rest der Welt. China ist eine der wenigen grossen Volkswirtschaften mit positiven Realzinsen, bei einer vergleichsweise moderaten Inflation – im August lag diese bei 2,5%. Daran habe die chinesische Regierung mit ihrem Verzicht auf weitreichende geldpolitische Stimulusmassnahmen einen nennenswerten Anteil. Gleichzeitig habe die Null-Covid-Politik die Inlandsnachfrage gedämpft. Auch das habe zur Eindämmung der Inflation beigetragen.

Divergierende Politik

Die People‘s Bank of China unterstützt die Erholung, indem sie die Leitzinsen senkt, neue Kredite über die staatlichen Banken vergibt und die Sätze für Barmittelreserven, die Banken zur Sicherheit vorhalten müssen, reduziert. Im Gegensatz dazu sehen sich die meisten anderen grossen Zentralbanken angesichts der hohen Inflation dazu gezwungen, die Zinsen rasch anzuheben. "Dadurch sollte sich der mittelfristige Ausblick für China im Vergleich zu anderen grossen Volkswirtschaften verbessern", meint die China-Expertin.

Ein stärkeres Wiederaufflammen von Covid-19 und Ansteckungsrisiken durch einen weltweiten Abschwung könnten dem entgegenstehen. Was Covid-19 angeht, werde Chinas strikter Kurs zur Bekämpfung des Virus zunehmend in Frage gestellt. Etwaige weitere Ausbrüche dürften jedoch weniger folgenschwer sein. Zum einen liegt die Impfquote im landesweiten Durchschnitt inzwischen bei 90%, zum anderen verfolgt die chinesische Regierung jetzt eine gezieltere Strategie zur Eindämmung der Omikron-Variante, zum Beispiel mit rollierenden 48-stündigen Lockdowns und Massentests anstelle längerer Lockdowns für alle.

Immobiliennachfrage weiter intakt

Ein weiterer potenzieller Belastungsfaktor sei der Immobiliensektor. In den vergangenen 18 Monaten haben mehrere Zahlungsausfälle überschuldeter chinesischer Immobilienentwickler für Negativschlagzeilen gesorgt. Einem Bericht von S&P Global Ratings zufolge droht rund 20% der bewerteten chinesischen Bauträger ohne zusätzliche Finanzierung die Zahlungsunfähigkeit. Allerdings seien diese Probleme auf angebotsseitige Reformen und nicht auf eine fehlende Nachfrage zurückzuführen.

Die Regierung ist hart gegen die schuldenfinanzierten Wachstumsstrategien der Immobilienentwickler vorgegangen. Das ändere jedoch nichts daran, dass die Nachfrage weiterhin robust sei. "Auch dank eines seit mehreren Jahrzehnten ungebrochenen Urbanisierungstrends sind die längerfristigen Aussichten für chinesische Immobilienentwickler mit soliden Bilanzen daher intakt", betont Ma.

China hat mehr als 40 Jahre gebraucht, um zu dem globalen Produktionszentrum zu werden, das es heute ist. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts werde das Land jetzt voraussichtlich die USA als grösste Volkswirtschaft der Welt ablösen. Im verarbeitenden Gewerbe, das rund 27% zum chinesischen BIP beiträgt, liegt der Fokus zunehmend auf Premiumisierung und Effizienzsteigerung. In den vergangenen zehn Jahren hat sich Chinas wirtschaftlicher Schwerpunkt von der Industrie zu innovationsorientierten Dienstleistungen verlagert.

Dadurch seien Chinas Wachstumshebel zunehmend technologiegetrieben. Sehr deutlich werde das an Chinas weltweit führender Positionierung in der Produktion von Batterien für E-Fahrzeuge. Letztlich dürfte dies helfen, die Folgen einer negativen demografischen Entwicklung abzufedern – in den kommenden Jahrzehnten werde die niedrige Geburtenrate in China dazu führen, dass die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter schrumpft.

Attraktive Bewertungen

"Ungeachtet der allgemein schlechten Marktstimmung in diesem Jahr halten wir die Parameter weiter für attraktiv", beurteilt Ma. Im Mai und Juni – zwei guten Monaten – hielten Anlegerinnen und Anleger Ausschau nach Einstiegsmöglichkeiten. Im Juli und August konnte sich der Markt dann aber nicht der globalen Makroschwäche entziehen. Für langfristig orientierte Investoren eröffnen sich jedoch zunehmend interessante Anlagemöglichkeiten.

Chinesische Aktien seien sowohl im historischen Vergleich als auch im Vergleich zu anderen globalen Märkten relativ günstig bewertet. Die On- und Offshore-Indizes CSI300 und MSCI China notieren mit einem KGV von 10,8 bzw. 9,6 auf Basis der Konsensgewinnschätzungen für die nächsten zwölf Monate, verglichen mit 16 in den USA, 14,1 für die Industrieländer insgesamt und 13,6 für die globale Benchmark – den MSCI All Country World Index .

"Das ist ein ordentlicher Aufschlag für langfristige Investoren, zumal das makroökonomische Umfeld in China stabiler ist als in den Industrieländern, die weiter gegen die Inflation ankämpfen", so Ma. Falls die Unternehmensgewinne dieses Sentiment in der nächsten Ergebnissaison bestätigen sollten – insbesondere in den Sektoren, die von den steigenden Verbraucherausgaben infolge der Lockdown-Lockerungen profitieren werden –, könnte dies eine nachhaltigere Kurserholung unterstützen.

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