US-Notenbank hält für längere Zeit an Nullzinsen fest

Die US-Notenbank hat ihre Wirtschaftsprognosen nach oben korrigiert. (Bild: Shutterstock.com)
Die US-Notenbank hat ihre Wirtschaftsprognosen nach oben korrigiert. (Bild: Shutterstock.com)

Die US-Notenbank belässt das Zielband für den Leitzins bei 0 bis 0,25%. Die Fed will diesen Zielbereich beibehalten, bis die maximale Beschäftigung und eine Inflationsrate von 2% erreicht ist. Dies dürfte erst 2023 der Fall sein und laut Marktkommentatoren kein leichtes Unterfangen werden.

17.09.2020, 11:20 Uhr
Notenbanken

Redaktion: rem

Der Verlauf der Wirtschaft werde wesentlich vom Verlauf der Covid-19-Pandemie abhängen, sagte US-Notenbankchef Jerome Powell in seinem Statement zu der am Mittwoch veröffentlichten Erklärung des geldpolitisches Ausschusses des Federal Reserve Systems (Fed). Die anhaltende Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit werde die Wirtschaftstätigkeit, die Beschäftigung und die Inflation auf kurze Sicht weiter belasten und berge mittelfristig erhebliche Risiken für die wirtschaftlichen Aussichten.

Geldpolitischer Kurs wird beibehalten

Der Fed-Ausschuss ist bestrebt, auf längere Sicht ein Maximum an Beschäftigung und eine durchschnittliche Inflationsrate von 2% zu erreichen. Da die Inflation schon seit längerer Zeit unter diesem Ziel liegt, strebt die Fed über einen bestimmten Zeitraum eine Inflation an, die moderat über 2% liegt. Bis dieses Ziel erreicht ist, wird der Ausschuss den Zielbereich für den US-Leitzins (Federal Funds Rate) bei 0 bis 0,25% belassen und auch einen akkommodierenden geldpolitischen Kurs beibehalten. Darüber hinaus wird die US-Notenbank in den kommenden Monaten ihre Bestände an Staatspapieren und hypothekarisch gesicherten Wertpapieren zumindest im derzeitigen Tempo erhöhen, um ein reibungsloses Funktionieren des Marktes aufrechtzuerhalten und so den Kreditfluss an Haushalte und Unternehmen zu unterstützen.

Revidierte Prognosen

Da die Erholung der US-Wirtschaft schneller als erwartet vorangekommen ist, hat der Fed-Ausschuss die Prognosen für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr gegenüber jenen vom Juni nach oben korrigiert. Dennoch bleibe die Gesamtaktivität deutlich unter dem Niveau von vor der Pandemie und der weitere Weg bleibe höchst ungewiss.

Auf dem Arbeitsmarkt konnte etwa die Hälfte der 22 Mio. Arbeitsplätze, die im März und April verloren gegangen waren, wieder zurückgewonnen werden. Die Arbeitslosenquote ist in den letzten vier Monaten zurückgegangen, bleibt aber mit 8,4% im August weiterhin hoch. "Obwohl wir diesen Fortschritt begrüssen, werden wir die Millionen von Amerikanern, die nach wie vor ohne Arbeit sind, nicht aus den Augen verlieren", versicherte Powell. Mit Blick auf die Zukunft geht die Fed davon aus, dass die Arbeitslosenquote weiter zurückgehen wird; die mittlere Prognose liegt für Ende dieses Jahres bei 7,6%, im nächsten Jahr bei 5,5% und bis 2023 bei 4%.

Dies dürfte sich aber als relativ schwieriges Unterfangen herausstellen, wie Sébastien Galy, Senior Macro Strategist bei Nordea AM, betont. Es gebe Gruppen von Arbeitnehmenden, die aus den verschiedensten Gründen nicht oder nur beschränkt am Arbeitsmarkt teilnehmen können – sei es angesichts ihrer Gesundheit, wegen fehlenden oder horrend teuren Kinderbetreuungsangeboten oder weil sie umgeschult werden müssen. "Um all diese Menschen zurück auf den Arbeitsmarkt zu bringen, müssen die Löhne deutlich steigen – und das dürfte schwierig werden. Wahrscheinlicher ist deshalb eine zunehmende Automatisierung. Und das ist gut für Aktien, aber enttäuschend für die Arbeitnehmenden."

Die Pandemie hat auch erhebliche Spuren bei der Inflation hinterlassen. Bei einigen Gütern, darunter Lebensmittel, haben Versorgungsengpässe zu deutlich höheren Preisen geführt, was die Belastung für diejenigen, die mit Einkommensverlusten zu kämpfen haben, noch erhöht hat. Insgesamt hat jedoch die schwächere Nachfrage, insbesondere in den am stärksten von der Pandemie betroffenen Sektoren, die Verbraucherpreise gedrückt, sodass die Inflation deutlich unter dem längerfristigen Ziel von 2% liegt. Die mediane Inflationsprognose der der FOMC-Mitglieder steigt von 1,2% in diesem Jahr auf 1,7% im nächsten Jahr und erreicht 2% im Jahr 2023.

"Die Botschaft ist wichtig. Der von Jerome Powell in der Pressekonferenz am häufigsten wiederholte Begriff, um eine unkonkrete Massnahme zu beschreiben, war "kraftvoll" (powerful). Im Wesentlichen war dies ein Versprechen gegenüber der Bevölkerung, dass die Fed ihren beträchtlichen Ermessensspielraum nutzen wird, um eine Rückkehr zur maximalen Beschäftigung zu fördern. Wie der Zauberer von Oz würde er es allerdings vorziehen, dass niemand versucht, hinter den Vorhang zu schauen, sondern alle darauf vertrauen, dass die Fed ihre Arbeit tun wird», kommentiert Vincent Reinhart, Chefökonom bei Mellon, einer Gesellschaft von BNY Mellon Investment Management.

Notfallinstrumente bis zum Ende der Corona-Krise

Powell nahm auch Bezug auf die von der Fed breit angelegten und energischen Massnahmen, um in der Wirtschaft den Kreditfluss von Haushalten, Unternehmen sowie staatlicher und lokaler Regierungen zu unterstützen. Die Aufrechterhaltung des Kreditflusses sei von wesentlicher Bedeutung, um den Schaden für die Wirtschaft zu mildern und eine robuste Erholung zu fördern. "Viele unserer Programme stützen sich auf Befugnisse zur Vergabe von Notfallkrediten, die die Unterstützung des Finanzministeriums erfordern und nur unter sehr ungewöhnlichen Umständen, wie wir sie heute vorfinden, zur Verfügung stehen", sagte Powell. Es scheine, dass diese Programme den Kreditfluss von privaten Kreditgebern über normale Kanäle wiederhergestellt haben. "Wenn die Corona-Krise vorüber ist, werden wir diese Notfallinstrumente wieder in den Werkzeugkasten zurücklegen", sagte der Notenbankchef.

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