23.12.2024, 14:23 Uhr
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Der technologische Fortschritt sowie das Thema Digitalisierung und die damit verbundenen Chancen und Risiken umtreiben die Banken. Eine Studie des IFZ der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit der Firma ti&m beleuchtet sowohl die Kunden- als auch die Bankenseite und stellt fest, dass die Technologie-Kompetenz in den Banken derzeit generell zu tief ist.
Der technologische Fortschritt sowie das dadurch veränderte Kundenverhalten und der Eintritt neuer Wettbewerber führen dazu, dass sich Banken seit einiger Zeit intensiv mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen. Doch auf welche Technologie sollen sie setzen und was möchten eigentlich die Kunden? Das IFZ der Hochschule Luzern hat in Zusammenarbeit mit der Firma ti&m Banken befragt, wie sie den Nutzen verschiedener digitaler Angebote und Technologien heute und in Zukunft einschätzen. 53 Banken nahmen an dieser Umfrage teil. Um die Präferenzen und Bedürfnisse auf der Kundenseite abzudecken, wurde eine Umfrage unter 1’000 Schweizer Bankkunden durchgeführt.
Alle untersuchten Technologien und digitalen Angebote werden in den nächsten fünf Jahren an Relevanz gewinnen. Zu diesem Schluss kommen gemäss der Umfrage die Geschäftsleitungsmitglieder der Schweizer Retailbanken. "Die Einschätzung «Alles wird (gleich) wichtiger» weist darauf hin, dass die Masse an neuen Technologien und auch deren vielfältige Anwendungsmöglichkeiten die Banken vor grosse Herausforderungen stellen", schreibt Institutsleiter Andreas Dietrich im IFZ Retail Banking Blog. "Die grossen Entwicklungslinien scheinen noch unklar. Sie erkennen aber, dass diese Themen an Relevanz gewinnen werden. Als wichtigste Technologien in fünf Jahren werden Cyber Security, Prozessdigitalisierung und Data Analytics identifiziert."
In Bezug auf die digitalen Angebote ist gemäss Studie aktuell nur das Themenfeld «Mobile Payment» für die Retailbanken von hoher Relevanz. 72% der Befragten geben an, dass Mobile Payment-Lösungen für ihre Bank heute von hoher oder sehr hoher Bedeutung sind. "Dieses Ergebnis ist wenig überraschend, wenn beispielsweise berücksichtigt wird, dass bereits 73 Banken heute im Twint-System angeschlossen sind und weil vor allem im Bereich des Zahlungsverkehrs die Kundenschnittstelle angegriffen wird", kommentiert Dietrich. Wird die Einschätzung der Relevanz in fünf Jahren betrachtet, wird am stärksten das digitale Onboarding bei Firmenkunden an Relevanz gewinnen. Auch die Bedeutung von digitalen Vorsorgelösungen wird weiter steigen. 74% der Befragten gehen davon aus, dass digitale Vorsorgelösungen in fünf Jahren eine hohe oder sehr hohe Bedeutung für ihre Bank haben werden.
Das Online- und zunehmend auch das Mobile-Banking sind seit längerem neben dem Filialgeschäft eine tragende Säule des Privatkundengeschäfts. So geben 89% aller befragten Bankkunden an, E-Banking zu nutzen. Auf der anderen Seite sind noch immer 11% E-Banking «Verweigerer». Wie weiter aus der Umfrage hervorgeht, führt ein typischer Bankkunde vor allem regelmässig «Kontostandsabfragen» durch und löst Zahlungen aus. 66% der Befragten schauen mindestens wöchentlich ihren Kontostand an.
Insgesamt nutzen in der Zwischenzeit bereits 54% der befragten Personen (auch) das Smartphone oder das Tablet als Zugangsmöglichkeit zur Bank. Die Nutzungsart im Mobile Banking ist dabei ähnlich wie diejenige des E-Bankings. Rund 36% der Schweizer Bevölkerung sind «E-Banking Only»-Nutzer– sprich: Diese Kunden nutzen Online Banking, aber nicht Mobile Banking. Auf der anderen Seite nutzen nur 1% der Befragten Mobile Banking, aber nicht E-Banking.
In einem zweiten Teil der Umfrage wurden Schweizer Kunden zu unterschiedlichen Aspekten verschiedener Technologien im Banken-Kontext abgefragt (z.B. eID, biometrische Authentifizierungsverfahren; Sprach- und Stimmerkennung; Location Based Services; Plattformökonomie). Den Studienautoren fallen dabei vor allem zwei Aspekte auf: Nur eine Minderheit der befragten Kunden steht diesen technologischen Innovationen derzeit positiv gegenüber. Tendenziell jüngere und überdurchschnittlich gut gebildete Männer sind positiver. Zweitens haben sich die meisten Angebote noch nicht in der breiten Masse durchgesetzt und stossen gemäss Umfrage auf wenig Begeisterung. So nutzen beispielsweise derzeit nur 16% der Befragten einen digitalen Assistenten im Alltag. Des Weiteren zeigen die Umfrageergebnisse, dass 59% der Befragten keine proaktiven Produktvorschläge wollen, welche aus der Datenanalyse der Bank resultieren.
Die Umfrage bestätigt den auch von anderen Industrien bekannten sogenannten ROPO-Effekt («Research Online, Purchase Offline»). 39% der Personen recherchieren relevante Produkteinformationen online, um eine Kaufentscheidung vorzubereiten. Den tatsächlichen Abschluss tätigen sie dann aber immer noch «Offline» – sprich in der Filiale oder am Telefon. In Bezug auf das digital unterstützte Anlegen suchen 26% der befragten Personen im Internet nach Möglichkeiten der Geldanlage. Vor allem Männer (Durchschnittsalter 38 Jahre) nutzen diese Möglichkeiten bislang. Weiter zeigt die Umfrage, dass 46% aller Umfrageteilnehmer – vor allem Männer, überdurchschnittlich gut gebildete und jüngere Personen – sich heute vorstellen können, ein Vorsorgekonto online zu eröffnen. Das Thema «Digitales Vorsorgen» bekommt für Banken also zunehmende Priorität.
Gemäss der Einschätzung der Studienautoren ist die Technologie-Kompetenz in den Banken derzeit generell (zu) tief. Entsprechend fehle bei mehreren Finanzinstituten auf strategischer Ebene auch eine klare Priorisierung von für die Bank relevanten (resp. irrelevanten) Technologien. Es könne aber festgestellt werden, dass einzelne Anstrengungen, die Organisationen digital «fitter» zu machen, unternommen werden, wobei der Stand unter den Retailbanken sehr unterschiedlich sei. Grundsätzlich würden die Banken mit ihren heutigen Einschätzungen aber (noch) richtig liegen. Es gebe derzeit nur wenige Aspekte, welche Kunden breit akzeptieren, Banken aber (noch) als wenig relevant betrachten (z.B. biometrische Authentifizierung, «Digitale Vorsorgelösungen» oder das Digital Onboarding).
Die Umfragen zeigten aber auch auf, so die Studienautoren, dass die Kunden in der Schweiz in Bezug auf die Digitalisierung von Bankdienstleistungen nicht besonders technologieaffin seien. In allen Anwendungsfällen gebe es zwar eine mehr oder weniger grosse Kundengruppe, welche sich für entsprechende Lösungen interessieren würde (in der Regel: männlich, 38 Jahre alt, gut gebildet). Die Skalierung sei im kleinen Schweizer Markt für viele kleine und mittelgrosse Banken aber oftmals schwierig und die Kostenfrage für den Aufbau neuer Angebote erschwere häufig die wirtschaftliche Begründung für solche Angebote.