Werbung

Höhenangst weitgehend unbegründet

20.06.2007, 09:12 Uhr

Pictet beurteilt die Entwicklung der Wirtschaft und der Aktienmärkte bereits seit mehreren Jahren positiv. Mittlerweile ist auch das Vertrauen der Investoren zurückgekehrt, und es gibt Anzeichen für spekulative Entwicklungen. Viele Anlagekategorien haben sich hervorragend entwickelt und die alten Höchststände gar überschritten. Ist die Aufwärtsbewegung von Wirtschaft und Märkten zu Ende? Wohl kaum. Wir würden eher sagen: „Höhenangst weitgehend unbegründet“.


Zu diesem Schluss kommen die Analysten von Pictet & Cie. anlässlich der Veranstaltung "Perspektiven - Ausblick auf die Finanzmärkte", die am vergangenen Montag stattfand.

Erwartungsgemäss haben die Obligationen im ersten Halbjahr, abgesehen von Schwellenländer-Titeln in Lokalwährung und High-Yield-Anleihen, enttäuscht. Dies ist typisch für Expansionsphasen wie die jetzige. Die Weltwirtschaft ist in Hochform. Wahrscheinlich befinden wir uns sogar in einer der grossen Boomphasen der Wirtschaftsgeschichte. Die Anzahl Länder mit negativem Wirtschaftswachstum ist verschwindend klein geworden. Allgemein gilt, dass die fortschreitende Integration der Weltwirtschaft ein Umfeld von Prosperität schafft. Es ist wohl übertrieben, von den Schwellenländern als Schwungrad der Weltwirtschaft zu sprechen, sicher ist jedoch, dass die Lage der Schwellenländer insgesamt noch kaum jemals so gut war wie heute.

Generell gehen wir von einer Weltwirtschaft mit Überschusskapazitäten zu einer Weltwirtschaft mit knappen Kapazitäten über, was weitreichende Konsequenzen für den Anleger hat. In diesem Rahmen löst sich die Weltwirtschaft aus der Abhängigkeit von der amerikanischen Wirtschaftsentwicklung. Die USA sind in etwas ruhigere Fahrwasser gelangt, dürften aber nicht in eine Rezession abgleiten. Der Anteil notleidender Kredite ausserhalb des Haussektors hat sich seit einem Zwischenhoch im Jahre 2003 in allen Kategorien zurückgebildet, und gleichzeitig zeigt der Anteil kurzfristiger Konsumkredite sogar einen Baissetrend. Die reale Wirtschaftstätigkeit bleibt rege; besonders erfreulich ist der Trend bei den Exporten, wo die amerikanischen Exporteure sehr konkurrenzfähig sind.

Mit dem Einsetzen des Aufschwungs führen die kumulativen Prozesse auch in Europa zu einer sprunghaften Wachstumsbeschleunigung. In diesem Rahmen verbessern sich Investitionen, Beschäftigungslage und Einkommensentwicklung parallel. Wir glauben, dass diese Phase in Europa noch mindestens ein Jahr anhalten wird. Es ist darauf hinzuweisen, dass sich einige innereuropäische Ungleichgewichte aufgebaut haben, die zu Spannungen führen könnten. So entwickeln sich die Lohnkosten stark auseinander. Deutschland hat sich mit zäher Kleinarbeit einen echten Wettbewerbsvorteil geschaffen. Hinzu kommt eine bessere Verteilung der Handelspartner, welche die Anfälligkeit für Schocks bei einem grossen Handelspartner verringert und die Dauer der gegenwärtigen Expansion verlängert. Die europäische Zinspolitik wird unter diesen Bedingungen restriktiv bleiben müssen.

Lange war es ruhig um Japan, die immerhin drittgrösste Volkswirtschaft der Welt. Doch nachdem die wirtschaftlichen Probleme weitgehend überwunden sind, könnte das Land schon bald ein Comeback erleben.

Seit den Höchstständen der Renditen von 1980 sind die langen Zinsen weltweit zurückgegangen, auf ein seit den 60er Jahren nicht mehr gesehenes Niveau. Unserer Meinung nach haben wir die Talsohle der Zinsen hinter uns. Die Themen Inflation und Inflationserwartungen rücken wieder in den Mittelpunkt des Interesses. Weil die Investitionsausgaben im Verhältnis zum vorhandenen Cashflow steigen, werden vermehrt Unternehmensanleihen ausgegeben. Wir würden jedoch weder in solche Anleihen noch in Hochverzinsliche investieren und ziehen direkte Aktienpositionen vor. Generell empfehlen wir verschiedene Alternativen zu direkten Obligationenanlagen (speziell „konstruierte“ Dachfonds von Hedgefonds, Schwellenländer-Anleihen in Lokalwährungen, REITs).

Die Inflation scheint weltweit unter Kontrolle. Es besteht freilich Grund zur Vermutung, dass die Statistiken ein zu optimistisches Bild zeichnen. Folglich ist eine gewisse Skepsis angebracht. Die Welt hat während Jahren Güter und Dienstleistungen zu Ausverkaufspreisen in die USA exportiert; vor dem Hintergrund eines schwachen Dollars und einer stärkeren Weltnachfrage dürfte hier die Reinflationierung beginnen. Gold und andere Edelmetalle gehören in diesem Umfeld in jedes richtig strukturierte Privatkunden-Portefeuille. Wenn wir am Anfang einer inflationären Entwicklung stehen, ist die Funktion von Gold als Sicherheit gegen Geldentwertung aktueller denn je. Wir finden es hoch interessant, dass inzwischen auch einzelne grosse Pensionskassen einige Prozente ihrer Mittel in Edelmetallen anlegen. Die Nachfrage nach Gold trifft auf ein Angebot, das kaum wächst.

Währungen entwickeln sich weiterhin in sehr ruhigen Bahnen. Die langfristigen Fundamentalmodelle deuten auf signifikante Ungleichgewichte hin. Zu beachten gilt besonders die massive Unterbewertung des Yen und des Schweizer Frankens. Der Dollar ist überverkauft, und auf jeden Fall fundamental bereits jetzt unterbewertet. Auf der anderen Seite stehen viele Schwellenländer mit hohen Wachstumsraten, insbesondere in Asien, am Anfang einer Aufwertungsphase.

Aktien halten wir für relativ vernünftig bewertet. Die Gewinnentwicklung ist zufrieden stellend, und das Verhältnis zu den Obligationenrenditen akzeptabel. Larg-Caps und defensive Titel stellen die Hauptkomponenten unserer Portefeuilles dar. „Value“-Titel sind immer noch besser disponiert als „Growth“-Titel; dies ist ein Zeichen, dass die Endphase des Bullmarktes noch nicht erreicht ist. Die Unternehmen verfügen weiterhin über hohe Liquidität und solide Bilanzen. Die Übernahmewelle wird weitergehen, ebenso die Rückkäufe. Neue Käufergruppen (Zentralbanken von Überschussländern, Pensionskassen in Schwellenländern) tauchen an den Märkten auf.

Nach Regionen behalten wir die Übergewichtung von Europa bei. Die Gewinnrevisionen der Analysten sind ein neues Phänomen für europäische Titel. Das Verhalten europäischer Firmen hat sich grundlegend verändert. Jahrzehntelang waren es vor allem amerikanische Firmen, die stärker auf die Interessen der Aktionäre bedacht waren. Die Renditen auf dem eingesetzten Kapital waren in Amerika höher als in Europa. Das hat sich in den letzten Jahren vollständig umgedreht, ist aber immer noch nicht allgemein akzeptiert.

Bei den Sektoren halten wir an Biotechnologie fest. Daneben erachten wir die asiatischen Schwellenländer als attraktiv. Sie haben enorme strukturelle Fortschritte gemacht, die sich an den soliden Überschüssen ablesen lassen. In einzelnen Ländern gibt es allerdings Anzeichen von hemmungsloser Spekulation. Da sich die Verschuldungssituation spürbar verbessert hat, dürfte sich eine Wachstumsschwäche der Weltwirtschaft in Zukunft sehr viel weniger negativ auf die Schwellenländer auswirken als in vergangenen Zyklen.

Alle Artikel anzeigen

Diese Website verwendet Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzung unserer Website zu ermöglichen.> Datenschutzerklärung