22.11.2024, 09:55 Uhr
Papst Franziskus schickt einen ungewöhnlichen Brief an seine Kardinäle. Das Rentensystem werde mittelfristig nicht mehr funktionieren. Auch sonst zeigen sich die Geldsorgen im Vatikan.
Das Schweizer Vorsorgesystem geniesst weltweit einen guten Ruf, es bedarf aber Reformen. Dies bestätigt der neuste UBS International Pension Gap Index. Die Schweiz ist besonders bei der Nachhaltigkeit der Renten in den letzten Jahren zurückgefallen, zum Teil weil andere Länder sich bereits zu tiefgreifenden Reformen durchringen konnten.
Vorsorgesysteme sind so unterschiedlich wie die Kulturen der Länder, deren Erwerbsbevölkerung sie versichern. Dennoch verfolgen sie alle das Ziel, im Ruhestand ein bestimmtes Einkommensniveau zu garantieren. Wie der UBS International Pension Gap Index zeigt, bietet keines der 24 untersuchten Vorsorgesysteme eine Garantie, dass alles gut kommt – zumindest wenn man nur den obligatorischen Teil der Vorsorge nutzt.
Der erstmals 2017 erstellte UBS International Pension Gap Index analysiert die Nachhaltigkeit und Angemessenheit der Rentenversprechen von 24 Ländern weltweit. Dies erfolgt anhand der erforderlichen privaten Sparquote, die eine heute 50-jährige Durchschnittsperson erbringen muss, um den Lebensstandard im Ruhestand beizubehalten.
Einige Länder sind in einer besseren Ausgangslage und können ihrer Bevölkerung ein vergleichsweise grosszügigeres Leistungsversprechen abgeben. Dazu gehören die Vereinigten Arabischen Emirate dank ihres Rohstoffreichtums oder Australien aufgrund seiner langjährigen guten Wirtschaftslage. In den meisten Ländern stehen die Versicherten jedoch auch in der Pflicht. So bieten die Niederlande zwar den Destinatären ein Renteneinkommen fast gleichauf mit dem letzten Lohn und verlangen wenig zusätzliche Ersparnisse. Dafür wurde aber in den letzten Jahren das Rentenalter stetig angehoben und dieses wird, wie auch die Beiträge, mit der Lebenserwartung weiter steigen.
Die Schweiz liegt mit einer durchschnittlichen erforderlichen Sparquote von 14% am Ende des oberen Drittels. Dieses Mass an Eigenverantwortung sollte für einen Grossteil der Bevölkerung erreichbar sein, vor allem wenn die Säule 3a konsequent genutzt werde. "Die zur Beibehaltung des gewohnten Lebensstandards im Ruhestand erforderliche Sparquote ist heute leicht höher als vor vier Jahren, vor allem weil die Schweiz sich bisher noch nicht zu Reformen durchringen konnte und die Unsicherheitsfaktoren rund um die zukünftigen Vorsorgeleistungen gestiegen sind", erklärt UBS-Ökonomin Jackie Bauer.
In einigen Ländern seien weitaus höhere private Sparquoten als in der Schweiz notwendig um den Lebensstandard im Ruhestand halten zu können. Bei Vergleichen gelte es jedoch zu beachten, ob sich ein Land mit dem jeweiligen Vorsorgesystem zum Ziel setzt, einen Holzschemel oder einen Liegestuhl bereitzustellen. Vor allem in angelsächsischen Ländern wie den USA, Kanada und Grossbritannien werde die Eigenverantwortung viel stärker gewichtet und das Vorsorgesystem soll lediglich die Altersarmut verhindern.
In diesem Zusammenhang ist nicht nur das Sparen wichtig, sondern auch das Investieren des Ersparten. In einem Umfeld, in dem der demografische Wandel zunehmend Druck auf die Vorsorgesysteme weltweit ausübt, gewinnt die Rendite an den Finanzmärkten und insbesondere der Zinseszinseffekt an Bedeutung. "Die Säule 3a in der Schweiz bietet beste Voraussetzungen für das private Sparen und Investieren, denn die Steueranreize sind hierzulande interessanter als in vielen anderen der untersuchten Länder", sagt UBS- Ökonom James Mazeau.
Die Studienautoren weisen darauf hin, dass die Eigenverantwortung immer wichtiger werde und viele Ländern die Anreize für private Haushalte, langfristig über ihre Finanzsituation nachzudenken, erhöhen sollten. Wegen der schnell voranschreitenden Alterung der Gesellschaft reichten jedoch solche Massnahmen alleine nicht. Vielerorts brauche es Reformen, die die Nachhaltigkeit des Systems verbessern und gleichzeitig Rentenzahlungen auf angemessenem Niveau erlauben. Beispielsweise würde in Frankreich, wo der typische Erwerbstätige heute in Frührente geht, eine Erhöhung des Rentenalters helfen.
Gewisse Länder haben bewiesen, dass tiefgreifende Reformen möglich sind und zu nicht weniger angemessenen Renten führen. So wurden in Dänemark und Schweden in den vergangenen Jahren Reformen umgesetzt und das System nachhaltiger gestaltet. Dabei haben sie einen Teil der verlangten Anpassungen aus dem Einflussbereich der gegensätzlichen politischen Interessen herausgelöst. In Dänemark steigt das Rentenalter in Abhängigkeit der steigenden Lebenserwartung, in Schweden wird die staatliche Rente an das Verhältnis zwischen der Anzahl Erwerbstätigen und Rentner angepasst. Laut den UBS-Ökonomen könnte die Schweiz solchen Beispielen folgen, um auch zukünftigen Generationen eine auf drei Säulen basierende und weiterhin international vorbildliche Altersvorsorge zu bieten.