07.11.2024, 15:21 Uhr
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Fabio Oliveira, ESG-Manager bei Zurich Invest, verrät, welche Bedeutung Nachhaltigkeit im Investmentprozess hat, wie sich ESG-Kriterien verankern und messen lassen und welche Rolle der Finanzsektor beim Erreichen der Klimaziele aus dem Pariser Abkommen spielen kann.
Fabio Oliveira ist ESG-Manager bei Zurich Invest. Das Unternehmen ist eine 100-prozentige Tochter der Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG. Sie verwaltet ein Vermögen von mehr als 38 Mrd. Schweizer Franken und ist überdies Geschäftsführerin der Zürich Anlagestiftung.
Herr Oliveira, die Themen Nachhaltigkeit und ESG boomen – warum?
Durch das Pariser Klimaabkommen wird jedes Unternehmen und jeder Vermögenswert vom Klimawandel und den kollektiven Massnahmen zu seiner Bekämpfung betroffen sein. Dies ist ebenfalls für Anlageentscheide von Investoren von zentraler Bedeutung. Ein ebenso wichtiger Treiber sind die Anleger selber. Einerseits nehmen sie ESG-Risiken deutlich stärker wahr und legen grossen Wert darauf, diese im Sinne einer nachhaltigen Rendite aktiv zu reduzieren. Andererseits hat das Bedürfnis der Anleger stark zugenommen, über Impact Investing soziale oder ökologische Wirkungen zu erzielen. Die Konzernverantwortungsinitiative hat aufgezeigt, dass in der Bevölkerung der Anspruch an die Unternehmen gewachsen ist, die gesamte Wertschöpfungskette so gut wie möglich zu kontrollieren und ESG-Standards sicherzustellen.
ESG bezeichnet drei wichtige Dimensionen von Nachhaltigkeit und steht für Environmental, Social, Governance – es geht um die Berücksichtigung von Aspekten der Ökologie, des Sozialen und der guten Unternehmensführung als Messlatten für die operative Tätigkeit eines Unternehmens.
Welche Vorteile haben Anleger von ESG-Investments?
Mit ESG-Investments können Risiken im Portfolio reduziert werden – zudem profitieren die Anleger von einem aktiven Dialog mit den Unternehmen, in die investiert wird, sowie von der Stimmrechtsausübung bei Generalversammlungen zu spezifischen ESG-Themen. Dieses aktive Engagement ist wichtig und erzeugt Druck auf die Unternehmen, Fortschritte zu erzielen. Innerhalb desselben Ansatzes werden Unternehmen, die mit akuten sozialen, menschenrechtlichen, ethischen oder ökologischen Herausforderungen konfrontiert sind, aus den Portfolios ausgeschlossen. Mit wirkungsorientierten Anlagen – dem sogenannten Impact Investing – wie zum Beispiel Green Bonds können positive, messbare und nachhaltige Auswirkungen auf die Gesellschaft geschaffen und gleichzeitig eine attraktive Rendite erzielt werden.
Wo führt das Thema ESG hin? Was sind Trends am Markt und welche Rolle spielen die regulatorischen Rahmenbedingungen?
Das Bewusstsein für Geldanlagen nach ESG-Kriterien sowie Impact Investing wird weiter steigen. Der Faktor "E" wie Environment, also Umwelt, wird weiterhin an Wichtigkeit gewinnen und in Zukunft werden sich noch mehr Organisationen zum Pariser Klimaschutzabkommen bekennen. Ausserdem dürfte der Fokus bei den Anlegern verstärkt auf den Faktor "S" wie Soziales liegen. Denn die Pandemie hat Fragen und Anliegen rund um Gleichstellung, Gesundheit und Wohlbefinden stärker in den Vordergrund gerückt. Die Klimaziele werden ohne Innovation nicht erreichbar sein. Aus Innovationssicht wird meiner Überzeugung nach das Thema Carbon Capture and Storage dominieren: Wie lässt sich CO2 binden und speichern, um so die Emissionen in der Erdatmosphäre zu verringern? Hinsichtlich der regulatorischen Rahmenbedingungen werden auf globaler Ebene Regierungen, Notenbanken und Aufsichtsbehörden weitere Massnahmen ergreifen, um ESG-Faktoren in Weisungen und Gesetze einzubinden. Mit diesen politischen Vorstössen wird ein höherer Bedarf an transparent erhobenen ESG-Daten entstehen. Als Trends sehe ich alternative Nahrungsmittel und eine bewusstere, möglicherweise auch vegane Ernährung. Denn der CO2-Ausstoss in der Fleischindustrie ist enorm, hier gibt es viel Potenzial für den Klimaschutz.
Was zeichnet ein Unternehmen aus, das eine überzeugende Nachhaltigkeitsstrategie hat?
Aus meiner Sicht gibt es fünf Elemente einer wirksamen Nachhaltigkeitsstrategie: Erstens kann eine Nachhaltigkeitsstrategie nur dann Wirkung erzielen, wenn Management und Schlüsselkunden eingebunden sind und die Strategie mittragen. Dafür gilt es, die unterschiedlichen Erwartungen abzuholen, mögliche Zielkonflikte zu lösen und ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln. Zweitens sollte eine Nachhaltigkeitsstrategie immer in der Unternehmensstrategie sowie in der Vision und den Werten verankert sein. Drittens müssen messbare Ziele, Massnahmen und KPIs definiert werden. Der vierte und wohl wichtigste Erfolgsfaktor ist, die Führungskräfte und Mitarbeitenden einzubinden und für das Thema zu gewinnen. Je stärker die Nachhaltigkeitsstrategie innerhalb der Unternehmenskultur gelebt wird, desto erfolgreicher und schneller werden die gesetzten Ziele erreicht. Fünftens ist es wichtig, regelmässig transparent zu berichten, in welchem Umfang die strategischen Ziele bereits erreicht wurden.
Was sind aus Ihrer Sicht die Hauptziele Ihres Unternehmens im Bereich ESG?
Wir wollen ESG-Aspekte in alle Geschäftsaktivitäten integrieren – in unsere Prozesse, Produkte und Dienstleistungen. Damit wollen wir einen messbar positiven Einfluss erzielen. Dafür sind in verschiedenen Workshops mit unseren Schlüsselkunden und Interessengruppen drei Anlageprinzipien entwickelt worden – ESG-Integration, Impact Investing und Gemeinsamer Fortschritt. Ausserdem wollen wir uns aktiv für den Klimaschutz engagieren und die Energiewende vorantreiben.
Wie legen Sie persönlich an?
Ich lege nachhaltig an – mittels eines Socially Responsible Investing-Aktienfonds, welcher lediglich in Unternehmen investiert, die herausragende ESG-Bewertungen mit Fokus auf der Bekämpfung des Klimawandels haben. Zudem investiere ich in einen Target Investment Fund bei Zurich Invest, bei welchem verschiedene Nachhaltigkeitsansätze wie ESG-Integration und Impact Investing berücksichtigt werden.