09.12.2024, 11:25 Uhr
Die 100 Pensionskassen im UBS-Sample erzielten im November eine durchschnittliche Performance von 1,46 Prozent. Geholfen haben speziell die globalen Aktien, während der Schweizer Markt etwas schwächer war. Die...
Das Schweizer Vorsorgesystem muss überholt werden, um den modernen Arbeits- und Lebensmodellen langfristig zu genügen. Eine neue Studie der Universität St. Gallen zeigt, welche Reformvorschläge am ehesten akzeptiert werden und wie unser Vorsorgesystem den sich verändernden Erwerbsmodellen in der Arbeitswelt Rechnung tragen sollte.
Eine neue Studie des Instituts für Versicherungswirtschaft der Universität St.Gallen (I.VW-HSG) zeigt eine erstaunlich hohe Akzeptanz der Schweizer Bevölkerung gegenüber Vorsorgereformen auf. Basis der Studie, die das Vorsorgeunternehmen PensExpert aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums in Auftrag gegeben hat, ist eine repräsentative Umfrage sowohl unter der breiteren Bevölkerung wie auch unter Experten in der Schweiz. Vorgelegt wurden insgesamt sieben Reformvorschläge. Diese wurden aufgrund einer Analyse abgeleitet, welche den Einfluss wichtiger Megatrends wie etwa der Digitalisierung der Arbeitswelt auf die Vorsorgesysteme untersucht.
"Generell zeigt sich die Bevölkerung sehr offen für alle Reformvorschläge, während das Feedback der Experten deutlich zurückhaltender ausfällt", fassen die beiden Autoren Martin Eling und Christoph Jaenicke vom I.VW-HSG die Studie zusammen. Unbestritten ist, dass unser Vorsorgesystem der sich durch die Digitalisierung verändernden Arbeitswelt Rechnung tragen muss. Eling betont: "Wir müssen unbedingt verhindern, dass der Kompromiss der Sozialpartnerschaft als Folge der Digitalisierung schleichend ausgehöhlt wird."
Sowohl die Bevölkerung (76,5%) wie auch die Experten (73,3%) befürworten es, die gesamte Schweiz in die Vorsorge einzubinden, insbesondere die heute vorsorgetechnisch benachteiligen Selbstständigen und Geringverdiener. Anvisiert wird auch die Integration atypischer Beschäftigungsformen wie Crowdworking, Jobsharing, bis hin zur Arbeit auf Abruf. Zurzeit werden zwar alle Personen in die AHV einbezogen. Die berufliche Vorsorge beschränkt sich jedoch auf Arbeitnehmer. Selbständige müssen sich freiwillig versichern. Weiter sind Einkommen unterhalb einer bestimmten Grenze nicht oder nur ungenügend berücksichtigt.
Höchste Akzeptanz bei beiden Gruppen erzielt der Vorschlag, ein digitales Vorsorgeportal einzuführen, das alle vorsorgerelevanten Daten zusammenführt und jedem Einzelnen einen transparenten Überblick über die Gesamtleistungen aus allen Vorsorge-Säulen ermöglicht. Entsprechende digitale Portale existieren bereits in Schweden und Österreich, in der Schweiz sind jedoch noch keine derartigen Initiativen zu beobachten. Die Ergänzung des Portals mit einem persönlichen Vorsorgekonto, das es erlaubt, aktiv in Vorsorgeentscheidungen einzugreifen, findet ebenfalls eine hohe Zustimmung. Eine solche Funktion schafft die Möglichkeit, Versicherungsleistungen, die Wahl der Kapitalanlagepolitik in den diversen Säulen, Einkäufe in die Pensionskasse und weitere Eingriffe zu optimieren und auf die individuellen Bedürfnisse abzustimmen. Die befragten Vertreter der Bevölkerung begrüssen diesen Vorschlag mit 69,0% zu und die Experten sogar mit 75,0%.
Knapp drei Viertel der Bevölkerung und der Experten stimmen auch der Einführung von sogenannten Wertkonten zu, wie sie sich bereits in Deutschland bewähren. Diese werden in Ergänzung zum Vorsorgesystem geführt und erlauben es, gewisse Lohnbestandteile wie Überstunden in Wertguthaben zu wandeln und anzusparen. Diese können dann im Bedarfsfall flexibel für Sabbaticals, Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen eingesetzt werden. Damit kann auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit sowie des Rentenalters unterstützt werden.
Anklang in der Bevölkerung (58%), weniger jedoch bei den Experten (25%), findet die Idee, Vorsorgebeiträge nicht nur auf den Löhnen, sondern auch auf weiteren Einnahmequellen abzuführen. Dies würde zum Beispiel Einkommen aus Kapitalerträgen wie Zinsen auf Vermögen betreffen. Ferner stimmt eine knappe Mehrheit der befragten Personen aus der Bevölkerung der freien Wahl der Pensionskasse zu, welche nicht mehr an den Arbeitgeber gebunden sein soll. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Arbeitnehmer immer öfter den Arbeitgeber wechseln, was aufwändige Pensionskassentransfers nötig macht. Während die AHV bereits arbeitgeberunabhängige Versichertenkonti führt, ist dies in der zweiten Säule noch nicht der Fall. Die befragten Experten zeigen sich diesbezüglich skeptisch (29% Zustimmung).
Die Idee, das Vorsorgesystem auf individuelle Sparkonti umzustellen, die jedem einzelnen Versicherten zur Ansammlung von Vorsorgekapital dient und aus dem bestimmte Versicherungsbeiträge gespeist werden, findet ebenfalls bei der Mehrheit der Bevölkerung Zustimmung, nicht aber bei den Experten. Ein solches Modell mit dem Singapur 1984 sein Gesundheits- und Vorsorgesystem reformiert hatte, würde unser System am radikalsten umstellen und ist dementsprechend umstritten. Demnach lässt sich zusammenfassend sagen, dass bei den Experten eine Ergänzung des bestehenden Systems auf eine positivere Resonanz stösst als radikalere Anpassungen wie die freie Pensionskassenwahl oder die Umstellung auf individuelle Sparkonten.
Die ausführliche Studie finden Sie hier.