"ESG dürfte zum Anlagestandard werden"

Christophe Girondel, Global Head of Institutional and Wholesale Distribution bei Nordea Asset Management (Bild: zvg)
Christophe Girondel, Global Head of Institutional and Wholesale Distribution bei Nordea Asset Management (Bild: zvg)

Zehn Jahre nach Auflegung des ersten ESG Stars-Fonds diskutiert Christophe Girondel, Global Head of Institutional and Wholesale Distribution bei Nordea Asset Management, die Rolle von ESG-Lösungen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des immer schnelleren regulatorischen Wandels.

17.02.2022, 14:10 Uhr
Nachhaltigkeit

Redaktion: alm

Die erste ESG Stars-Strategie von Nordea Asset Management, die Emerging Stars Equity Strategie, feierte kürzlich ihren zehnten Geburtstag. Was war die Idee hinter der Auflegung?

Christophe Girondel: Vereinfacht gesagt waren wir damals überzeugt, dass wir uns mit der Integration von ökologischen, sozialen und Governance-Aspekten einen Wettbewerbsvorteil bei der Identifizierung der Gewinner von morgen erarbeiten würden. Ein Jahrzehnt später bleibt unser Konzept trotz der unvermeidlichen Bewegung in den Märkten und beim Personal unverändert. Heute verfügen wir über 17 ESG Stars-Strategien sowohl im Aktien- als auch im Anleihensegment und sind von den Vorzügen der ESG-Integration überzeugter denn je.

Welchen Ansatz verfolgt Nordea Asset Management bei den ESG Stars-Strategien?

Neben unseren eigenen Modellen und ESG-Klassifizierungssystemen besteht ein wesentliches Merkmal in der echten ESG-Integration. ESG ist nicht nur eine zusätzliche Ebene, sondern eine Portfoliomanagement-Entscheidung. Das spiegelt sich auch in der Zusammensetzung unseres Teams wider. Wir haben sorgfältig darauf geachtet, dass unsere ESG-Analysten mit den Portfoliomanagern Hand in Hand als Teil eines Teams zusammenarbeiten. Das ist aus unserer Sicht immer noch ziemlich einzigartig. Engagement ist ein weiterer zentraler Aspekt des ESG Stars-Konzepts. Wir fördern mit unseren Investments den Wandel, indem wir uns bei den Unternehmen oder Emittenten, in die wir investieren, im Hinblick auf spezifische ESG-Themen engagieren.

Wie wurde die breitere ESG-Palette von Nordea Asset Management im Markt angenommen?

Der Blick auf die Branche als Ganzes zeigt, dass in den letzten Jahren erhebliche Mittel in thematische ESG-Strategien geflossen sind. Als einer der erfahrensten Akteure im ESG-Segment ist es uns gelungen, mit unserem Boutique-Konzept im Bereich nachhaltiger thematischer Investments von diesem Trend zu profitieren. Aufbauend auf unseren Fähigkeiten rund um Klima und Umwelt, haben wir ein attraktives Konzept entwickelt, um auch das Kernproblem der sozialen Ungleichheit anzugehen: unsere Social Empowerment-Lösung.

Nun stehen wir vor einer weiteren Veränderung: Die anstehenden MiFID-II-Erfordernisse integrieren Nachhaltigkeit in die Prüfung, ob ein Investment für einen Endkunden geeignet ist. Damit dürfte ESG von einem Anlagethema endgültig zum Anlagestandard werden. Wir sind davon überzeugt, dass unsere ESG Stars-Palette auch hier eine zentrale Rolle spielen wird.

In welcher Hinsicht?

Wir haben über viele Jahre hinweg starke Partnerschaften mit unseren Kunden in ganz Europa aufbauen können. Heute verwalten wir mehr als 17,5 Milliarden Euro im Rahmen unserer ESG Stars-Produkte, sowohl im Aktien- als auch im Anleihensegment. Unsere Kunden wissen, woher wir kommen, was wir leisten können und wie lange wir schon auf ESG setzen. Nun werden wir immer mehr zu einem verlässlichen Partner, wenn es darum geht, zusätzliche Mittel in verantwortungsvolle und nachhaltige Fonds zu investieren. Zudem versuchen wir, ihnen sämtliche Bausteine zu liefern, die sie benötigen.

Trotz verschiedentlicher Skepsis gegenüber dem Stellenwert von ESG im US-Markt konnten wir mit der North American Stars Equity-Strategie beweisen, dass selbst in den effizientesten Märkten durch die Identifizierung nachhaltiger Gewinner Alpha erwirtschaftet werden kann. Und auch im Anleihenuniversum stossen wir mit unseren erst später aufgelegten ESG Stars-Strategien auf immer mehr Kundeninteresse.

Inwiefern unterscheiden sich die Anleihen- von den Aktienstrategien?

Wie im Aktiensegment arbeiten auch die Portfoliomanager unserer ESG Stars-Fonds im Anleihensegment eng mit den ESG-Experten unseres erfahrenen Responsible-Investments-Teams zusammen. Der einzige Unterschied besteht in dem gewünschten Ergebnis unserer Analysen. Wenn wir Aktien betrachten, suchen wir nach Wettbewerbsvorteilen infolge höherer ESG-Standards. Diese Unternehmen haben bessere Chancen, zu den Gewinnern von morgen zu zählen. Im Anleihenbereich hilft uns unsere ESG-Bewertung von Unternehmens- und Staatsanleihenemittenten dabei, das Kreditrisiko des Investments besser zu beurteilen. Alle Emittenten erhalten von uns eine eigene ESG-Note, die aussagt, wie gut das Unternehmen oder der Staat nach unserem Dafürhalten im Hinblick auf ESG-Risiken und -Chancen dasteht.

Doch können Privatkunden mit ESG-Investments tatsächlich etwas Gutes tun?

Betrachten wir zum Beispiel den jüngsten Weltklimagipfel COP26 in Glasgow. Der wichtigste Tagesordnungspunkt war die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft, das Netto-Null-Ziel. Viele Menschen denken, dass sie zur Lösung dieser weltumspannenden Probleme eigentlich nichts beitragen können. Doch durch ESG-konforme Anlagen kann der CO2-Fussabdruck deutlich reduziert werden. Natürlich sind der Klimawandel und der Übergang zu einer CO2-armen Gesellschaft sehr komplexe Themen, doch jeder Einzelne von uns kann durch seine Geldanlage versuchen, einen Beitrag zu leisten.

Die anstehenden Veränderungen bei MiFID II dürften die bereits heute komplexen Anforderungen an Berater noch weiter verkomplizieren. Wie wollen Sie dabei Abhilfe schaffen?

Wir wissen, wie entscheidend es für Berater sein wird, sich in dem sich schnell entwickelnden ESG- und Nachhaltigkeitssegment zurechtzufinden. Daher möchten wir ihnen jederzeit unterstützend zur Seite stehen. Beispielsweise haben wir kürzlich ein kostenloses Lernportal zum Thema verantwortungsvolles Investieren entwickelt, das einen schnellen und einfachen Überblick über die Welt des nachhaltigen Investierens gibt. Am Ende erhalten die Teilnehmer ein persönliches Zertifikat, das in verschiedenen Märkten als Weiterbildungsnachweis anerkannt wird. Darüber hinaus ist es uns extrem wichtig, alle Fakten offen und transparent darzulegen. Daher haben wir beispielsweise kürzlich ESG-Kennziffern in die monatlichen Factsheets aller unserer ESG-orientierten Fonds aufgenommen. Zudem haben wir unseren monatlichen ESG-Bericht überarbeitet. Dieser enthält noch viele weitere Informationen wie etwa Angaben, wo unsere Fonds in puncto CO2-Emissionen, fossile Brennstoffe, Menschenrechtsverletzungen und Governance-Kontroversen stehen. Und schliesslich dokumentieren wir auch die einzelnen Engagements des Responsible Investments Teams bei unseren Portfoliounternehmen.

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