Ein neues Nordlicht erstrahlt

Finnland ist führend in Bezug auf das Nachhaltigkeitsprofil des Landes. (Bild: ZVG)
Finnland ist führend in Bezug auf das Nachhaltigkeitsprofil des Landes. (Bild: ZVG)

Nach Jahrzehnten im Schatten seiner skandinavischen Nachbarn erstrahlt Finnland als neues Nordlicht in punkto Nachhaltigkeit. Das nordeuropäische Land fällt durch ausgeprägte Vorschriften zum Umweltschutz auf. Diese haben die Verschmutzung wirksam reduziert und den Naturschutz sowie die Bewahrung der Biodiversität vorangebracht.

11.02.2022, 11:44 Uhr
Nachhaltigkeit

Redaktion: rem

In der Herbstausgabe des Robeco Country Sustainability-Rankings ist Finnland als führend in Bezug auf das Nachhaltigkeitsprofil des Landes hervorgetreten. Damit hat Finnland erstmals die besten Noten erhalten, nachdem lange Zeit Schweden und Norwegen in Sachen ESG an der Spitze standen. Finnland hat Schweden auf den zweiten Platz verwiesen, gefolgt von den skandinavischen Ländern Dänemark, Norwegen und Island. Ebenfalls sehr gut abgeschnitten haben weitere europäische Staaten sowie Neuseeland, Australien und Kanada. Auf den unteren Rängen finden sich Südafrika, Ägypten, Indien, Nigeria und Pakistan, wenn man nur die 50 investierbaren Länder betrachtet (siehe Abbildung).

Die fünf besten und schlechtesten Länder in punkto Nachhaltigkeit

Quelle: Robeco
Quelle: Robeco

Governance und Institutionen sind entscheidend

"Umwelt- und Governanceaspekte haben im jüngsten Ranking den Ausschlag gegeben. Schweden ist im Hinblick auf Governance zurückgefallen und konnte dies trotz sehr guten Abschneidens im Hinblick auf die Bereiche Soziales und Umwelt nicht kompensieren. Finnland übertraf den EU-Durchschnitt in Bezug auf alle 15 ESG-Kriterien. Entscheidend zur Führungsposition im abschliessenden Länder-Nachhaltigkeitsranking für 2021 waren jedoch die im Vergleich zu anderen skandinavischen und europäischen Staaten hohen Umwelt-Scores", erklärt Max Schieler, Senior Country Risk Specialist bei Robeco.

Finnlands ausgeprägte Vorschriften zum Umweltschutz hätten die Verschmutzung wirksam reduziert und den Naturschutz sowie die Bewahrung der Biodiversität vorangebracht. Mit einem Anteil von fast 40% erneuerbarer Energien am Energiemix sei das Land auch weltweit führend beim Übergang seines Energiesektors in eine Zukunft mit niedrigen CO2-Emissionen. Ausserdem hätten Finnlands leistungsfähige Institutionen dazu beigetragen, die Coronavirus-Infektionsfälle zu begrenzen und wirtschaftliche Schäden im Zuge der Pandemie weitgehend zu vermeiden.

"Andere Länder haben nicht so gut abgeschnitten. Da die Pandemie weiter anhält, lässt sich derzeit das volle Ausmass der Beeinträchtigung des Nachhaltigkeitsprofils nicht bestimmen. Allerdings ist bereits klar, dass die Pandemie die Fortschritte in allen ESG-Dimensionen ins Gegenteil verkehrt hat", gibt Schieler zu bedenken und fügt an: "Die Unterschiede im Hinblick auf Ausbildung, Gesundheit und Armut sowie soziale Ungleichheiten nehmen zu. Dabei sind weniger entwickelte Staaten am stärksten betroffen. Die demokratische Governance wurde ebenfalls beeinträchtigt, da autoritäre Regime in der ganzen Welt wirtschaftliche Unsicherheiten und soziale Unruhen zu ihrem eigenen Vorteil ausgenutzt haben. Im fünften Jahr in Folge machen die Governance-Daten deutlich, dass sich die Welt auf antidemokratische Strukturen zubewegt."

Länder mit der stärksten Abwärtsentwicklung

Wie Schieler weiter ausführt, steht Hongkong n der Spitze der Länder, die den zweifelhaften Rang geniessen, sich in den letzten drei Jahren am stärksten abwärts entwickelt zu haben. Das Nachhaltigkeitsprofil des Landes verschlechtere sich weiter, während China seine Angriffe auf die bürgerlichen Freiheiten und demokratischen Rechte aufrechterhält. Demgegenüber hätten sich die Regierungen der Türkei, Argentiniens und Nigerias die Verschlechterung ihrer ESG-Scores und Länderpositionen selbst zuzuschreiben. Aktuell kennzeichneten mangelndes Vertrauen und mangelnde Funktionsfähigkeit sowohl ihre Politik als auch ihre Institutionen. Hoffnungen auf Reformen bestünden derzeit nicht.

Zu den Ländern mit einer deutlichen Abwärtsbewegung im Lauf des Jahres 2021 gehören auch Frankreich, Indien und Brasilien. Auch wenn Frankreich umweltpolitische Führung beanspruche, werden anfängliche Verbesserungen laut einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) durch übermässige Abhängigkeit von Kernkraft und unzureichende Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien bedroht. Ausserdem werden die Reformvorhaben von Premierminister Macron durch die Coronavirus-Krise sowie soziale Ungleichheit beeinträchtigt, die nach wie vor in vielen Bereichen der französischen Gesellschaft spürbar ist, so Schieler.

Weiter im Osten wurde laut dem Experten das einst strahlende Image von Indien wiederholt durch Missmanagement, Fehlentscheidungen und regelrechten Machtmissbrauch beeinträchtigt. Im Hinblick auf die Aussenpolitik seien Premierminister Modi und seine nationalistische Hindu-Partei in ihren Beziehungen zum Nachbarland Pakistan und den Erzfeind China auf einen harten Kurs eingeschwenkt. Innenpolitisch verfolge die Regierung einen ebenso aggressiven Ansatz gegenüber Moslems, was die separatistische Gewalt befeuere. Des Weiteren hätten sich Armut und Ungleichheiten, die der indischen Gesellschaft bereits bisher zugesetzt haben, im Zuge weiterer Coronavirus-Ausbrüche intensiviert. "Vor diesem düsteren Hintergrund ist positiv zu vermerken, dass Deutschland angekündigt hat, die Energiewende in Indien und den Kampf des Landes gegen den Klimawandel zu unterstützen", sagt Schieler.

Das Ranking

Die Verlässlichkeit des Robeco Country Sustainability Ranking bestätige sich, wenn man die Ergebnisse mit hochangesehenen Indizes externer Institutionen vergleicht, so Robeco. Relevanter für Anleger sei die hohe Korrelation zwischen dem Länderranking von Robeco und den Staatsanleihen-Ratings von Fitch, Moody's und S&P. Länder mit besseren ESG-Scores weisen auch höhere Staatsanleihen-Ratings auf; umgekehrt korrelieren geringere ESG-Scores mit niedrigeren Ratings. Die starke Korrelation gilt auch für Credit Default Swaps (CDS) auf Staatsanleihen. Bei Ländern mit sehr gutem ESG-Profil sind die CDS-Spreads geringer, während diese im Fall von Staaten mit schlechterem ESG-Profil tendenziell höher sind.

Länder mit verbessertem Ranking

Auch wenn Hongkong abgerutscht ist, konnte sich Taiwan negativen Auswirkungen der Einschüchterungen durch das machthungrige China entziehen und hat von allen Ländern die grösste Verbesserung seines Scores über einen Zeitraum von drei Jahren erzielt, erläutert Schieler weiter. Dazu beigetragen hätten insbesondere leistungsfähige Governance und Innovationen. Ihre Position verbessert haben auch Südkorea, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate – vor allem in den Bereichen Governance (Südkorea) und soziale Reformen (Saudi Arabien und VAE).

Im Nahen Osten wiesen Israel und Qatar erhebliche kurzfristige Verbesserungen auf. Qatar profitierte von Reformen für Wanderarbeiter im Vorfeld der Austragung des FIFA World Cup 2022. Im Fall von Israel machten sich Verbesserungen im Hinblick auf Menschenrechte, Verringerung von Armut und politischen Risiken positiv bemerkbar. Unter den europäischen Ländern haben die Tschechische Republik und Dänemark ihr Ranking verbessert. Beide wiesen verbesserte Scores in Bezug auf Korruption, politische Risiken und allgemeine wirtschaftliche Gleichheit auf.

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