Fondsspesen in Europa steigen, wer profitiert?

In den vergangenen Jahren sind die Kosten von aktiv verwalteten Fonds für Privatanleger kontinuierlich gestiegen. Morningstar hat die EFAMA-Studie zu den Fondsgebühren in Europa zusammengefasst.

18.10.2011, 11:59 Uhr
ETF

Redaktion: kab

Parallel zum ständig wachsenden Angebot und den steigenden Kosten ist die Qualität der Performance von Investmentfonds per saldo aber nicht besser geworden. Wissenschaftliche Untersuchungen haben wiederholt gezeigt, dass Fonds im Schnitt nach Kosten schlechter abschneiden als der Markt, in den sie investieren. Doch damit nicht genug: Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen Kosten und Performance. Wie eine Morningstar-Auswertung für den amerikanischen Markt gezeigt hat, schnitten aktiv verwaltete Fonds mit relativ günstigen Kosten zwischen 2005 und 2010 in jeder Marktphase besser ab als teure Fonds (zur Morningstar-Untersuchung).

Die Frage nach den Gebühren ist für die Investmentbranche ein heisses Eisen: Denn wer mit seinem teuren aktiv verwalteten Fonds weniger Rendite erwirtschaftet als ein deutlich günstigerer ETF mit demselben Anlageuniversum, gerät zwangsläufig in Erklärungsnot. Insofern ist es naheliegend, dass die Fondsindustrie hart daran arbeitet, ihre Weste weiss zu waschen. In einem Punkt ist das relativ einfach: sie legt offen, wie gross der Anteil der Fondskosten ist, der tatsächlich bei den Fondsanbietern verbleibt – und wie viel an den Vertrieb geht. (Damit ist freilich noch nichts über die Qualität des Fondsmanagements gesagt!)

Teuerer Fondsvertrieb
Der europäische Fondsverband Efama hat nachgerechnet und ist auf interessante Fakten gestossen. Eine aktuelle Untersuchung der Investmentfonds von 17 Verbandsmitgliedern mit einem Vermögen von über einer Billion Euro ergab, dass der Vertrieb im Durchschnitt fast die Hälfte der gesamten jährlichen Fondskosten (ausgedrückt in der Kennzahl TER, Total Expense Ratio) verursacht und somit fast genauso viel einbehält wie der eigentliche Produzent des Fonds, die Kapitalanlagegesellschaft. Wie die Efama-Studie zeigt, behalten die Vertriebsstellen 41 Prozent der TER ein. Die Fondshäuser vereinnahmen dagegen im Schnitt 42 Prozent der Kosten. 17 Prozent gehen für die Fondsadministration drauf.

Die Studie wird noch aufschlussreicher, wenn man die Ergebnisse auf die einzelnen Vertriebskanäle herunterbricht: Besonders hoch fällt der Anteil der Kickbacks bei Versicherungen aus. Der Versicherungsvertrieb behält satte 55 Prozent vom Gebührenkuchen, während sich der Fondsmanager mit 45 Prozent bescheiden muss. Für dieses Exempel wurden die Administrationskosten aus der TER herausgerechnet, um die Kostenverteilung zwischen Produzenten und Vertriebsstellen besser zu illustrieren.

Kaum weniger vereinnahmen die Berater am Bankenschalter: 53 Prozent der jährlichen Kosten kassieren die Kreditinstitute, während der Fondsmanager hier nur 47 Prozent der Gebühren verdient.

Etwas entlastet werden dagegen freie Berater, denen in der landläufigen Diskussion häufig ein besonders grosser Gebührenhunger unterstellt wird; sie behalten „nur“ 44 Prozent der Fondsgebühren als Kickbacks oder Retrozessionen ein.

In der Efama-Studie wurde bei der Zerlegung der Fondskosten auch nach Anlageklasse unterschieden. Besonders hohe Retrozessionen vereinnahmt der Vertrieb bei Mischfonds und anderen Asset-Allocation-Produkten, nämlich 55 Prozent der Kosten. Die Gebührenüberhand behalten die Fondsmanager dagegen bei Aktienfonds mit 51 Prozent der Gebühren und 52 Prozent der Gebühren nehmen Rentenfonds, Absolute-Return-Fonds und so genannten alternativen Investmentfonds. Geldmarktfonds wurden nicht in die Untersuchung einbezogen.

„Der Bericht zielt darauf ab, Investoren zu informieren und somit dazu beizutragen, das eigenverantwortliche Handeln der Investoren zu fördern", sagt Efama-Präsident Claude Kremer. Zugleich tue man den in den regulatorischen Regelwerken formulierten Anforderungen nach Kostentransparenz Genüge, so Kremer. Der Efama-Chef umreisst damit die einzig wirklich konkrete Hoffnung der Fondsbranche im Ringen mit dem Vertrieb: sie baut darauf, dass die Politik den Einfluss des Vertriebs durch regulatorische Massnahmen zurechtstutzt. Auf ein Armdrücken mit den mächtigen Banken und Versicherungen lässt man sich in Europas Fondshäusern lieber nicht ein. Denn, auch das ergab die Efama-Studie: 75 Prozent des Fondsvertriebs in Europa kontrollieren die Banken und Versicherungen. Dass diese in den für Finanzdienstleister besonders turbulenten Zeiten freiwillig auf "ihre" Kickbacks verzichten, dürfte unrealistisch sein.

Die Studie kann bei EFAMA heruntergeladen werden.

Quelle: Morningstar

Fondmanager Anthony Bailly von Rothschild & Co Asset Management. (Bild pd)

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